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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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in der Gegend um Bradley ist die müde Mühle im Drive-Gang stecken geblieben, sodass nur die höchste Fahrstufe funktionierte. Was Anfahren nicht unbedingt zur Freude machte. Vor lauter Verdruss trat ich dem Karren eine Beule in die Fahrertür als ich endlich auf dem Missionsparkplatz stand.
     
    Ignacio tischte Deputat auf: tiefgefrorene Tamales, hausgemachte Salsa, frisch gepflückte Erdbeeren und frühe Trauben, Rotwein aus der Plastik-Wasserflasche. „Wäre mir früher nie passiert", meinte er grinsend. Kann ich mir denken. Seit wann bekommen Bullen Gänse zu Weihnachten? Oder Tamales für ein gelungenes Geständnis? Ich haute rein und klagte ihm beim Essen mein Gebrauchtwagenleid. Er hörte zu, wie es gute Cops und Priester tun, und machte an den richtigen Stellen die richtigen Mitleidsgeräusche.
    Beim Wein meinte er, wir sollten in aller Frühe erstmal das Auto loswerden. „Morgen ist Freitag, da sind die Parkplätze vor den Malls immer voll. Bis Montag. Wenn wir also dein Auto irgendwo abstellen, ist kaum anzunehmen, dass es vor Montagabend oder Dienstag auffällt. Ich habe morgen freigenommen.“
    „Mit dem Mistbock fahre ich keine Meile mehr als unbedingt nötig. Wie wär´s, wenn ich irgendwo im Küstengebirge die Mühle den Berg hinunterwerfe? Und anschließend nach Los Angeles, wenn dir das nicht zu weit weg ist. Und dort ein anderes Auto kaufen.“ Was er als in Ordnung bezeichnete, obwohl die beabsichtigte Endverwertung des vielen Blechs seiner Polizistenseele nicht so recht gefallen wollte.
     
    Wir putzten den Mercury notdürftig mit Feuerzeugbenzin – Lenkrad, Schalthebel, Schalter, Türgriffe – und ließen ihn an der höchsten Stelle des Highway 46 zwischen Paso Robles und Cornwall sanft den spärlich bewaldeten Hang hinabgleiten, in ein von Erdbeben keilförmig aufgerissenes Tal. Er fiel um und blieb auf der Talsohle mit himmelwärts gereckten Rädern liegen, ganz wie ein Mistkäfer, dessen Genus er sicher entstammte. Um elf waren wir in Los Angeles. Mitten im Zentrum, wo es neuwertige Autos zu kaufen gab, deren Hauptbestandteile noch vor wenigen Tagen auf den Straßen der Stadt vor Parkautomaten und in Garageneinfahrten standen. Sehr günstig zu haben, diese Autos. Mit den Papieren vom Grundauto, dessen Totalschaden auf wundersame Weise in Windeseile wieder behoben war. Die Versicherungsfirmen ermöglichten die Schnäppchen - die verkauften den Schrott mit kräftigem Aufschlag weiter und hofften sicher, dass die dazu passenden Fahrzeuge woanders diebstahlversichert waren.
     
    Ein Jeep sollte es sein, neueres Baujahr, geländegängig, mit Zubehör, das für ein Yuppie-Auto als unabdingbar galt. Kein Ramboauto, sondern so ein Geländekreuzer wie er in jedem Innenstadt-Parkhaus herumsteht.
     
    Schwarz war er, Staubverdeck, mit sechs Zylindern und einer Fünfgangautomatik. Rubicon hieß der Schlitten, wie bei Cäsar, wies das obligatorische Alpine-Stereo auf und hatte alle möglichen Scherzchen drangehängt und angeschraubt. Air conditioning, Ledersitze, Seilwinden vorn und hinten, selbst ein Kompressor war eingebaut, der dem Sechszylinder angeblich über dreihundert PS einpustete. Drei Jahre alt. Für sage und schreibe siebentausendneunhundert Dollar. Der Verkäufer verlangte Bares. Konnte ich mit dienen. Meinen aus Mexiko mitgebrachten Papieren nach war ich der 1970 in Las Vegas geborene Jonathan Valentine, was der freundliche Autoverkäufer notierte und mir das Auto samt neuer Zulassung und dem Eigentumsnachweis aushändigte.
     
    Ich fuhr also im neu erworbenen Jeep hinter Ignacio her, der meine Einladung zu einer Probefahrt sehr bestimmt abgelehnt hatte. Sein Uraltkäfer keuchte über die engen Straßen der Innenstadt, knatterte mit heulendem Kühlgebläse auf den Hollywood Freeway, führte mich am Echo Park und dem Silver Lake District vorbei und bog an der Ausfahrt Western Avenue ab. Mein katholischer Kumpel zeigte eine Ortskenntnis, die ich ihm nicht zugetraut hatte. So sicher wie das Amen in der Kirche lenkte er den Käfer durch die Ausläufer des Western-Avenue-Gettos auf die Western Canyon Road, die zu finden mir zeitlebens Schwierigkeiten machte, und zwei Minuten später waren wir in der Bergwildnis des Griffith Park. Drei oder vier Meilen weiter bogen wir auf den Parkplatz des Griffith Park Observatoriums ein.
     
    „Nicht übel, mein Lieber!", rief ich ihn zu, als er sich ächzend aus dem Auto löste. „Habe nicht gedacht, dass du dich hier so gut auskennst.“ Da konnte er

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