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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Arschloch ist in dieser Gegend fest etabliert. War er jedenfalls.“
    „Die Geschäfte der Witwe lagen ja eine ganze Zeit brach. Die Kneipe soll sich getragen haben, aber auch nur knapp“, sagte Winston. „Mit dem Drogengeschäft hat sie ein paar Jahre nichts am Hut gehabt. Bis vor etwa einem halben Jahr. Da tauchten plötzlich altbekannte Namen wieder auf mit Gangstermanieren, die wir seit Morenos Tod nicht mehr gesehen hatten. Und dahinter steckt der Bulle VanDeKamp. Nicht die Witwe Moreno.“
    „Und was hast du vor?", wollte ich wissen. Gute Frage, fand ich, die etwas Abstand schaffte. Denn mich ging das ganze Theater vermutlich nichts an. Ich hatte meinen Zoff ausschließlich mit dem Gatten Moreno, der seit fünf Jahren die Radieschen von unten betrachtete. Mit ihr hatte ich nichts zu tun und mit VanDeKamp sowieso nicht. Dem wollte ich eher aus dem Weg gehen, denn wenn der mich sah, konnte er mir mächtigen Ärger machen. Offiziell wollten ja einige Ämter gern mit mir sprechen. Ich war vermisst – nicht tot, nicht flüchtig, sondern ganz einfach verloren gegangen. Bis ich wieder auftauchte. Das Auftauchen wollte ich gern vermeiden. Nur keine schlafenden Bullen wecken.
    „Weiß ich noch nicht. Ich muss nur sehen, dass ich den Ärger, den ich durch den VanDeKamp habe, wieder loswerde,“ antwortete Winston geradeheraus. „Dabei weiß der vielleicht gar nicht, dass er mir solch ein Kopfzerbrechen macht. Denn wir kennen uns nicht, haben uns noch nie unterhalten, arbeiten mit völlig verschiedenen Verteilerorganisationen und Abnehmern. Deshalb ist es so schwierig, eine Lösung zu finden.“
    Ich stand auf dem Schlauch, aber völlig. Keine Ahnung, was er da gesagt hatte, keine Ahnung, was sein Problem war, und, wie üblich neuerdings, wollte ich auch gar nichts Genaues wissen. Aus Blödsinn peilte ich über den ausgestreckten Zeigefinger und machte „paff“. Winston fand´s lustig und kicherte. Ignacio schaute gelangweilt ins Tal hinunter, hatte das Fernglas schon längst abgesetzt und guckte nur in die Landschaft.
     
    Um halb zwei fuhren wir über die Kuppe des Tepusquet in die Prärie um Cuyama, fuhren einen weit ausholenden südwestlichen Bogen über Highway 33 durchs Küstengebirge und waren zwei Stunden später in Ojai. Nach einem schicken Essen im New-Age-Paradies, zu dem uns Doktor Jeff traf, verabschiedeten wir uns von der Küste und landeten kurz vor Sonnenuntergang wieder auf dem Flughafen Mojave.
    „War schön, Winston. Danke. Sollten wir öfter machen,“ schlug ich beim Kaffee vor, aber er lachte nur.
    „Ich war heute früh in Venezuela verabredet,“ überraschte er uns, „aber was tut man nicht alles für Freunde in der Not.“
    Wir sollten uns aber in Kürze wieder treffen, gab Winston mir recht. Denn er glaube, dass bald etwas geschehen müsse, sowohl mit seiner Situation wie mit meiner. Und dass die beiden Probleme zusammenhingen, dass sie gar die gleiche Lösung haben könnten, davon sei er jetzt überzeugt.
    „Dein Wort in Gottes Ohr", sagte ich gedankenlos dahin. Ignacio brummte, dass der Chef auf solch einen Scheißdreck verzichten könne, was ihm ein böses Winstonknurren und ein etwas peinlich berührtes Wiehern von mir einbrachte.
    „Na ja, ist doch wahr!“ Ignacio hatte ja während der letzten Tage überwiegend geschwiegen, aber jetzt konnte seinen Zorn nicht länger zurückhalten. „Ihr unterhaltet euch über Menschen, die euch stören und deshalb aus dem Weg geräumt werden müssen, als handele es sich um Pappfiguren und als sei ich nicht dabei. Meinst du“, pfiff er mich an, „ich hätte deine dämliche Pistolenspielerei nicht gemerkt? Ich will dir mal eines sagen, mein Lieber“, hackte er weiter auf mir herum, „du hast ein Mordsglück, dass ich nach wie vor zu dir stehe. Aber allmählich läuft die Uhr ab. Die Scheiße, in der Misty, Rick und du jetzt steckt, war nicht unbedingt eure Schuld. Aber inzwischen musst du deine Situation selbst verantworten, und ich frage mich, wie viel so eine Freundschaft eigentlich noch aushalten soll.“
    Winston schwieg dazu. Ich hatte schon genug. Und Ignacio fing erst an.
    „Du“, kam unser jamaikanischer Freund dran, „hast jede Scham verloren. Du führst dich hier als Krimineller auf, ohne dir der Schande bewusst zu sein. Wie soll ich mir vorkommen neben deinen beiden rachitischen Killern, denen man auf weitester Entfernung den Beruf ansieht?“ Winston machte den Mund zur Antwort auf, aber Ignacio war in voller Fahrt.

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