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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Anwälte
     
     
    Wenn das so weiterging, sah ich mich schon als Trappisten. Ich lächelte die Jungs zum Frühstück an, nickte mit dem Kopf oder schüttelte ihn, je nach Lage, und hatte bis Mittag kein Wort gesprochen. Mir war wieder unwohl an diesem strahlenden Julimorgen. Ich hatte übernacht Muße zu grübeln, warum Macmillan und sein Freund sich gestern soviel Mühe gegeben hatten. Garantiert wegen mir – alles andere anzunehmen war Augenwischerei. Solch verblüffende Zufälle gibts nur im Film, wenn dem Drehbuchautor nichts mehr einfällt. Ich wusste, dass sie wegen mir da waren aber ich wusste nicht warum und konnte deshalb nicht abschätzen, wann sie wiederkommen würden. Und was dann passierte.
     
    Bobby und Zorbian standen nach dem Mittagessen im Haus herum und erzählten den Wanzen, dass sie nun einen langen Spaziergang machen würden. Vielleicht sogar die Küste hinunter bis San Simeon oder gar Cornwall, dort Abendessen und mit dem Taxi wieder her? „Mal sehen, wie weit ichs schaffe, Süßer", scherzte der auf die hundert Zugehende, und sein Partner schlug vor, man könne sich ja, "gegenseitig beim Ausruhen helfen, wenn wir unterwegs müde werden.“ Sie kicherten, schmatzten, jauchzten und gaben sich grellbunt übertuntig. Ich hätte fast losgeprustet, wollte aber den FBI-Burschen keinen Moralinfarkt verursachen. Zwei Schwule sind denen ja schon zwei zu viel. Wenn die meinen, da machen drei Mann mit, ist alles zu spät. Da lauert der Beelzebub, so was sprengt die Vorstellungskraft des „wiedergeborenen“ Fundamentalisten. Das Federal Bureau of Investigation hat nie überwunden, dass sich nach dem Tod ihres sauertöpfischen, stets moralisierenden Gründervaters und Behördenleiters J. Edgar Hoover herausstellte, dass „The Chief“ am liebsten im kleinen Schwarzen seine ausschließlich männlichen Freunde unterhielt, dass er unterm dunklen Zweireiher, unterm steifen weißen Hemd und der superseriösen Krawatte gern flauschige schwarze Spitze trug. Daran musste ich grinsend denken, als die zwei guten Freunde mit Macmillan und Kollegen ihr Entsetzen trieben.
     
    Danach marschierten die beiden los, Richtung Süden. Am Leuchtturm vorbei und am Seeelefantenstrand, immer stramm am Wasser entlang. Und ich wartete in der Höhle. Bobby hatte irgendwas aus seiner Flugzeugwerkbank geholt und es hinter die Haustür gesteckt. Ich trug ein winziges schwarzes Plastikding, das aufleuchten würde, wenn jemand die Tür öffnete. Er wollte, dass ich aufschrieb, wann jemand käme, wie lange er oder sie auf dem Grundstück blieben, wo sie überall schnüffelten. Ich sollte eine möglichst brauchbare Beschreibung des oder der Menschen liefern. „Und keine Angst – ich habe noch ein paar Kameras aufgestellt. Eine vorn am Haus – die werden sie gleich finden und abklemmen. Ein paar winzige Funkkameras, die normalerweise in meinen Flugzeugen stecken, habe ich auf die Zimmer verteilt. Die finden die nicht so schnell. Und unsere fest eingebauten Kameras im Hof hat bisher noch niemand bemerkt. Also werden wir genügend Material haben, um zu wissen, woran wir sind.“
    Ich war verblüfft über seine Bemerkung, dass Kameras im Hof stationiert sind. „Dann hätten wir ja mit ansehen können, was die beiden hier wollten.“
    „Hätten wir können“, bejahte Bobby, „wenn wir die Dinger eingeschaltet hätten. Haben wir aber nicht.“ Passiert eh nichts, meinte er, weshalb die Kameras schon ewig nicht mehr in Betrieb waren. Was sich inzwischen natürlich geändert habe.
    „Aber warum soll ich dann Notizen machen? Wenn eh alles aufgenommen wird?“
    Bobby war ob soviel Naivität verblüfft. „Und was ist, wenn die Kameras versagen? Die Batterien leer sind oder was weiß ich?“ Er schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck sagte „Junge Leute!“
     
    Sie waren kaum weg, als ich es schon wieder knirschen hörte. Ich wetzte den Strand entlang zum Steilweg, der auf die Wiese führte. Wenn die so nah dran waren, dass sie wussten, wann die beiden Altväter loszogen, dann wussten sie auch, dass ich hier war. Also kurvte ich die Klippe hoch, wobei sich meine erst vor ein paar Jahren aufgegebene Raucherei wieder bemerkbar machte, robbte durch die Wiese Richtung Haus, immer um die Kuhfladen herum, die ich aus meiner Bauchlage erst im allerletzten Augenblick bemerkte. Und dann hängte ich die Rübe über den Rand des Abhanges. Schaute auf den Hof hinunter, sah nur das dunkle Auto vom Vortag, aber keinen der beiden Bullen. Ich nahm

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