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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Highways an und musste das Gestänge mit der Wagenheberstange bearbeiten, bis es endlich einrastete. Schon stand die Sonne fast zu hoch zum Offenfahren, aber ich hatte es mir in den Kopf gesetzt und würde nach diesem Theater mit der Mechanik nicht das Scheißding wieder hochklappen. Also fuhr ich noch mal zurück, holte eine Baseballkappe, die ich in der Garage gefunden hatte, ging noch mal schnell aufs Klo und fuhr dann endlich los.
     
    Gut, dass ich noch mal zurückgefahren war, denn ich merkte am Stoppschild vor dem Highway, dass die Spritanzeige schon ziemlich schlaff nach unten zeigte. Ich regte mich kurz über den Kerl an der Tankstelle auf; langsamer ging´s wohl nicht mehr? Das hat man davon, an der einzigen Tankstelle auf hundert Kilometer zu stehen. Und die Sonne stieg immer höher.
    Endlich war ich auf dem Highway, endlich genoss ich den Fahrtwind, der die Temperatur angenehm machte und das alte Cabriogefühl wieder in Erinnerung rief. Wie hatte ich meinen alten Cadillac geliebt, dieses lange Schiff, das viel zu behäbig war, um schnell sein zu können. Staubverdeck runter, Radio an, in die Ledersitze gepupt und einfach losgefahren. War herrlich. Die Drecksau von Drogencop hat mir den mitsamt meinem alten Kumpel Dickie in die Luft gejagt. Das Schwein.
    Ich bog links ab ins Carrizo-Tal, tuckerte die ersten zwei Meilen halbwegs geteerte Straße entlang und winkte dem Typ hinter mir, mich zu überholen. Denn ich wollte die Fahrt genießen, wollte, dass der sich beeilte, weil er eh eilig hinter mir herkam. Sollte rechtzeitig vorbei, dass ich seinen Staub nicht schlucken muss.
    Als ich noch mal winkte und dabei in den Rückspiegel schaute, weil er noch immer nicht überholte, da sah ich Mündungen. Auf mich gerichtet. Hörte den ersten Knall und staunte über das Loch, das sich plötzlich neben mir in der Frontscheibe gebildet hatte. Ein langer Riss zog sich durch die Verbundglasscheibe. Ich wusste im Moment nicht, was tun. Und dann trat ich fast das Gaspedal ab.
     
    Der Jeep hüpfte nach vorn, schaltete in die niedrigere Fahrstufe und sauste davon. Ich suchte nach einem Fluchtweg, hatte aber Pech. Die letzten paar hundert Meter Teerweg fielen hier ins Tal ab, kurvten durch niedrige Hügel und führten dann in eine lang gestreckte Wanne, die sich erst allmählich verbreiterte. Die Straße verlief schnurgerade. Links und rechts zog sich Prärie hin, von Erdrissen zerteilt. Wir waren fast genau auf dem San Andreas Graben. Hier war Earthquake Country, Ground Zero.
     
    Die Straße wurde weniger holperig, je schneller ich fuhr. Mir klapperten schon die Zähne, aber ich hatte noch immer meinen Fuß fest aufs Gaspedal gedrückt. Dem Menschen hinter mir hatte ich einigen Vorsprung abgenommen, sah ihn durch den aufgewirbelten roten Staub kaum noch, doch noch immer wurde geschossen. Und solange auf mich geschossen wird, fliehe ich. So schnell wie nur möglich.
     
    Rechts gähnte ein langer, breiter Erdriss. Er führte zu den Temblor Mountains hinüber, in gerader Linie, soweit ich sehen konnte. Wenn ich auf der Straße blieb, würden sie mich eher früher als später erwischen. Zwischen hier und der ersten menschlichen Behausung lagen dreißig Kilometer Staub, Soda, Klapperschlangen und Coyoten.
    Eher würde Jesus über der Erdspalte schweben als dass ich einem Streifenwagen begegnen würde, also riss ich das Lenkrad herum, schaltete den Vierradantrieb ein, nahm kurz den Fuß vom Gas und tauchte über den steilen Abhang in die Erdspalte.
     
    Gebüsch wuchs hier, heruntergewehter Sand hatte sich zu kleinen Dünen getürmt und kindskopfgroße Gesteinsbrocken lagen herum. Ich war gute vier Meter unterhalb der umliegenden Wüste; über den Rand des Minicanyons konnte ich nicht schauen.
    Den Jeep lenkte ich vorsichtig weiter, versuchte, den Steinen auszuweichen und die Verwehungen mit gleichbleibender Geschwindigkeit zu durchfahren. Verblüffend, wie viel Getier sich hier herumtrieb – ein paar Coyoten stieben davon, ich sah Schlangen, die sich sonnten, und eine recht große alte Wüstenschildkröte zog eilig Kopf, Schwanz und Füße ein, als ich vorüberfuhr.
    Der Schatten zur Rechten war tiefschwarz; aus ihm reckten Manzanitasträucher schokoladenbraune Äste zur Sonne. Vögel und Kleingetier hatten es hier in der Tiefe vermutlich sonst ruhig und gemütlich. Und jetzt donnert so ein Arschloch durch und verstinkt die Gegend.
     
    Aus dem Augenwinkel sah ich ein Aufblitzen. Ich schaute hoch. Da war das dunkelblaue

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