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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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entlanggefahren waren und Ignacio passierte prompt die Stelle, an der das Auto im Graben lag. „Lieber erst mal gucken, ob wir wirklich allein sind,“ war seine Meinung, und er hatte natürlich recht. Man weiß nie, ob sie nicht auf einen lauern.
     
    Eine Viertelstunde später kamen wir zurück. Er drehte oben an der Teerstraße um, fuhr neben die Straße und öffnete die Motorhaube, aber er behielt die Unfallstelle im Auge. Von hier oben sah man in die Erdspalte hinein, allerdings war außer Gebüsch nichts zu erkennen. Als er sicher war, dass wir allein waren und es auf absehbare Zeit auch bleiben würden bat er mich, hier Ausschau zu halten und ihn anzurufen, falls jemand komme. Ich setzte mich hinter einen der letzten Büsche auf der Wiese und hielt Ausschau, während er hinunterfuhr.
    Zehn Minuten später kam er wieder. Hielt mir die Tür auf und sagte mir, ich soll hinten einsteigen. „Nur, falls wir jemandem begegnen. Ich möchte nicht, dass dich einer erkennt und die ganze Heimlichtuerei umsonst war.“
    Verständlich. Also legte ich mich auf die Rückbank, während Ignacio zum nahen Highway hochfuhr. Dort angekommen hielt er und ließ mich vorn einsteigen. „Wir fahren zu dir", sagte er und beantwortete keine meiner Fragen.
     
    Ich kochte Kaffee, hatte noch eine Packung Kekse im Küchenschrank und brachte alles nach draußen. Wir setzten uns unter die Plane, tranken ein Schlückchen, aßen von den Keksen.
    Ignacio nahm einen Packen Plastik aus der Hosentasche und warf ihn auf den Tisch. Es waren Führerscheine, Kreditkarten und allerlei Mitgliedsausweise, alle im kalifornischen Kleinformat. Visa, MasterCard, Autoklub, Einkaufsgenossenschaft, Nationalpark-Jahreskarte. Dazu noch zwei intakte Mobiltelefone.
    „Schaue dir die Fotos gut an. Erkennst du einen?“
    Ich schaute die Führerscheine an, las die Namen, Wohnorte und Geburtsdaten, und erkannte niemanden. Einer kam mir bekannt vor, weil es möglicherweise der war, den ich hinter seinem Colt im Seitenfenster gesehen hatte. Aber das konnten auch tausend andere gewesen sein.
    Sie waren alle Latinos, die Herren, waren zwischen siebenundzwanzig und vierzig Jahre alt, wohnten in Los Angeles und hatten kalifornische Führerscheine. Offenbar war wenigstens ein Familienvater dabei – die Mitgliedskarte der öffentlichen Bibliothek in Oxnard war auf vier Namen ausgestellt. Unsere Führerscheine werden alle vier oder sechs Jahre automatisch erneuert, falls sich der Inhaber nicht strafbar gemacht hat, also stimmen oft Wohnorte mit den Lizenzdaten nicht überein. Dieser lebte in Oxnard, der Bibliothekskarte nach. Und Julie wohnte auch in Oxnard mit ihrem Stecher Perez. Well, well.
    Ignacio zog einen recht schweren, in Tücher eingewickelten Gegenstand aus der Tasche. Er wickelte eine hübsche, neu aussehende Pistole aus. „Vom Typ auf dem Beifahrersitz, dem mit dem gebrochenen Hals. Der ist übrigens schon recht reif. Ist doch verdammt heiß da draußen. Wenn den heute keiner findet, ist der morgen angeknabbert. Garantiert.“
    Mir wurde schon wieder schummrig bei der Vorstellung. Der Ignacio hatte aber auch einen Stil drauf, der alles verblassen ließ. Ich nehme an, dass sich Kripotypen so schützen. Nichts an sich rankommen lassen. Weil sie sonst vermutlich nicht schlafen können.
    Er hielt den Ballermann am Lauf und streckte ihn mir entgegen. „Riech mal.“
    Ich roch dran. Pulver roch ich.
    „Klar. Das ist der, der auf dich geschossen hat. Dieser hier,“ sagte er und zeigte mir den Führerschein von dem Typ, der mir bekannt vorkam. „Normalerweise ist ein Dreierteam so eingeteilt; einer fährt, der neben ihm schießt, und der Hintermann passt gleichzeitig auf und ist der Reserveschießer, falls dem vorderen etwas danebengeht. Die Drei waren Profis. Der Fahrer war übrigens nicht bewaffnet. Der Hintermann hatte eine offene Ledertasche unter sich liegen, aber keine Waffe.“
    „Hab ich. Im Jeep, unterm Sitz. Die habe ich vom Rücksitz geholt und mitgenommen.“
    Aha, machte er. Und was für eine?
    „Maschinenpistole. Keine Ahnung, was für eine. Viel Kunststoff, glaube ich, und leicht.“
    „Wurde sie gefeuert? Hast du dran gerochen?“
    Nee, wie auch? Na ja, sagte sein Blick, Amateure.
    Ich schaute auf die Uhr. Viertel vor sechs. „Ich würde am liebsten den Doc in Oxnard anrufen und ihn bitten, doch mal herauszubekommen, ob dem Perez ein paar Leute fehlen.“
    Ignacio schaute befriedigt. „Mein lieber Mann. Hast ja gelegentlich doch eine gute

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