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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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PROLOG
    A n meinem sechzehnten Geburtstag trübte kein einziges Wölkchen den Himmel. Ein tiefblaues Meer erstreckte sich von einem Horizont zum anderen. Der warme Wind, der nach Hyazinthen, Flieder und Narzissen duftete, wehte so sanft wie der Flügelschlag eines Sperlings.
    Es war wie ein Zauber.
    Am Tag zuvor hatte ich Mommy bei Einbruch der Dämmerung die Rampe hinuntergeschoben und sie Richtung See gefahren.
    »Da ist eine!«, rief Mommy, sobald sie die erste Spottdrossel erblickte, die aus einem Baum aufgeflogen war und jetzt über das Wasser glitt.
    Da hielten wir uns wie so oft an den Händen, schlossen die Augen und wünschten uns etwas. Das war unser ganz spezielles geheimes Ritual, etwas, das wir begonnen hatten, als ich vier Jahre alt war. Sie glaubte an die Macht des Sees und seiner Umgebung.
    »Ich fing damit an, sobald ich hierher kam, um bei deiner Urgroßmutter Hudson zu leben«, erzählte sie mir. »Bis dahin war die einzige größere Wassermenge, in
deren Nähe ich je gekommen war, die in meiner Badewanne. Ein Ort wie dieser passte vollkommen zu meinen Träumen und tut es immer noch. Ich weiß, er wird auch für deine Träume vollkommen sein, Summer.«
    Wir hatten uns beide einen wunderschönen nächsten Tag gewünscht. Ich stellte mir einen Tag vor, an dem das Lächeln vom Himmel herabschwebte und sich auf den Gesichtern all meinerVerwandten und Freunde festsetzte, so dass sie jeden traurigen oder quälenden Gedanken, jeden unglücklichen Augenblick vergaßen. So würden wir alle in Harmonie mein neues Lebensjahr einläuten. Mommy glaubte, wir brauchten hier und da ein bisschen Magie, um uns zu beschützen, uns besonders.
    Ich widersprach ihr nicht, denn mittlerweile war ich nicht mehr in einem Alter, in dem man all die Tragödien und Fehler, die die Geschichte unserer Familie kennzeichneten, von mir fern hielt. Mommy gestand, dass sie manchmal – vielleicht eher häufiger als nur manchmal – wirklich glaubte, ein Fluch laste auf jedem ihrer Schritte, jedem Atemzug, selbst auf jedem Gedanken.
    »Jeder andere wäre vermutlich an einen Punkt gekommen, wo er unfähig wäre, noch eine einzige Entscheidung zu treffen, Summer. Meine Hände zitterten auf dem Lenkrad meines speziell ausgerüsteten Transporters, selbst wenn ich mich einer ganz normalen Kreuzung näherte und mich bloß zu entscheiden hatte, ob ich rechts oder links fahren wollte. Bestimmt würde etwas Schreckliches passieren, wenn ich die falsche Entscheidung traf. Der einzige Grund, warum ich nicht vor
Furcht erstarrte, war, dass ich ständig die Stimme meiner Adoptivmutter hörte, die mich vorwärts drängte und mit mir schimpfte, weil ich Angst hatte«, sagte Mommy. »Diese Frau wäre selbst mit einem Armageddon fertig geworden.«
    Ich konnte Mommys Angst verstehen und fragte mich oft, ob solch ein Fluch an mich weitergereicht werden könnte. Das war auch Mommys schlimmste Sorge.
    »Wenn nun das Größte, Stärkste, das ich dir mitgegeben habe, mein eigenes Pech wäre?«, sagte Mommy plötzlich, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    »Das ist doch albern, Mommy«, widersprach ich ihr, obwohl ich mir nicht sicher war. »So etwas wie zu Pech verurteilt zu sein gibt es nicht. Das ist doch nur Zufall, und niemand hat Schuld daran. Du kannst doch nicht die Ursache von irgendjemandes Schwierigkeiten sein«, beharrte ich, und zwar mit solchem Nachdruck, dass sie lachen musste und mir versprach, nicht wieder über so finstere Gedanken mit mir zu sprechen.
    Aber sie tat es. Sie konnte nicht anders. Sie schleppte einen Sack voller Schuldgefühle mit sich herum.
    Besonders verfolgten sie die Erinnerungen an ihre Stiefschwester Beneatha, die in Washington – wo Mommy früher gelebt hatte – von Mitgliedern einer Straßengang ermordet worden war. Quälend war auch der Autounfall, bei dem ihr Halbbruder – mein Onkel Brody, den ich nie kennen gelernt hatte – getötet worden war. Als ich mir sein Foto anschaute, sah ich, wie gut er ausgesehen hatte und wie vielversprechend die Zukunft für
ihn gewesen sein musste. Er starb, als er nach einem Besuch bei Mommy, die eine Weile ganz allein hier gelebt hatte, nach Hause raste. Großmutter Megan, Mommys leibliche Mutter, erlitt einen schrecklichen Nervenzusammenbruch nach Onkel Brodys Tod und versuchte Selbstmord zu begehen.
    Tante Alison, Brodys Schwester, hegte immer noch einen Groll auf Mommy, obwohl sie das in der letzten Zeit gut kaschierte und zumindest höflich war, wenn sie uns besuchte, was

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