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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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funktionierender Rest gesunder Menschenverstand.
    „Ich habe das von einem, der es wissen muss. Der erzählte mir auch, dass sich deine Frau an ihren Sohn erinnert. Und nun sucht sie dich, weil euer Kindermädchen wohl gesagt hat, dass du spätnachts mit dem Kleinen die Fliege gemacht hast, ohne dass jemand im Dorf was ahnte. Was hast du den Leuten nur angetan, dass sie immer alles ausplaudern?“
    Das war mir neu. Und unangenehm. Sehr unangenehm. Ich lehnte mich zurück und goss mir den Rest der Bierflasche rein. Dann schaute ich den Cop an. Der hatte sich verdoppelt.
    Als ich aufwachte, hatte ich zwar keine Hose, aber dafür meine Socken an. Und einen Schädel, der mit Sicherheit genauso brummte wie der vom George W. Bush, als er eines Morgens nach einem wüsten Gelage im Angesicht Gottes aufwachte. Nicht tot, wie ein solches vom Betroffenen selbst wiedergegebenes Erlebnis trotzdem nahelegt, sondern "wiedergeboren."
     
    Ich fand zwar an diesem beschissenen Vormittag nicht wie George Dabbelja zum wahren Glauben, aber ich schwor trotzdem für immer und ewig dem Alkohol ab. Soviel Erfahrung, wie ich mit dem Suff hatte, und wusste es trotzdem nicht besser. Ich Idiot.
     
    Scheißsauferei. Es wurde Mittag, ehe ich einen klaren Gedanken fassen konnte. Dem Cop hatte ich noch mein Herz ausgeschüttet. Daran konnte ich mich dunkel erinnern. Dass ich eine Scheißangst hatte, die Kohle weg und ich ein Wrack war. Alles im gleichen weinerlichen Schwall, der einfach raus musste und natürlich beim Falschen rauskam. Irgendwelche suffverschonten Hirnzellen hatten sein hämisches Grinsen gespeichert und spielten es nun ab. FBI-Mann Macmillan würde mir noch Ärger machen. Mich fror.
     
     
     

 
     
     
    11 Morro Bay Yacht Club
     
     
    Ich zog mich an und ging langsam zum Fluss. Mein Kahn lag da, dümpelte still vor sich hin, ohne sich seiner Einschusslöcher und zerborstenen Scheiben zu schämen. Ich dagegen konnte kaum fassen, wie mitgenommen das Schiff aussah. Wie knapp wir davongekommen waren.
     
    Alle vier Seitenscheiben der Brücke waren herausgeschossen und eines der langen Kajütfenster darunter war zersplittert. Ein Wunder, dass keiner meiner Passagiere getroffen wurde. Ein Segen. Ich ging hoch zur Brücke und schaute mir die Bescherung von Nahem an. Katastrophe.
     
    Mir kam die ganze Sache höchst merkwürdig vor. Der Überfall war eindeutig geplant; die beiden Jeepmenschen hatten auf uns gewartet. Aber wer waren sie? Konkurrenten meiner Passagiere, Bullen, gar, die von Macmillan eingesetzt wurden, damit meine dicken Herren Flagge zeigen? Oder – ich scheute den Gedanken, aber nach den gestrigen Neuigkeiten war alles möglich – hatten sie es nicht auf meine Kundschaft, sondern auf mich abgesehen? Kopfgeldjäger? Hatte Macmillan doch recht? Ich stand auf dem Schlauch. Und wusste natürlich dass wiederholt wurde, was beim ersten Mal nicht klappt.
     
    Der Cop Macmillan wollte mir nicht aus dem Kopf. Irgendwas verheimlichte der, irgendetwas hatte der auf Lager, das er für sich behalten wollte. Was ja nicht weiter schlimm war, aber da ich ihn durch Ignacio kennenlernte, damals, als ich so dringend Hilfe brauchte, hatte ich nie daran gezweifelt, dass er in Ordnung sei. Wie er sich aber neuerdings benahm, war er alles andere als in Ordnung.
    Ich musste Ignacio fragen. Vielleicht konnte der mich beruhigen.
     
    Auf der Stelle musste ich mich entscheiden – hierbleiben und noch mal einen Überfall riskieren, oder weg. Weil ich die Möglichkeit nicht ausschloss, dass die Schüsse mir gegolten hatten, nicht meinen Passagieren. Als ich mich duckte, da oben auf der Brücke, als die Luft bleihaltig wurde und Marisol und mir die Holzstückchen um die Ohren flogen, da hätte ich schwören können, dass die beiden Typen am Ufer sehr wohl wussten, auf wen sie schießen. Und erst, als unter mit losgeballert wurde, notgedrungen das Feuer erwiderten. Vielleicht bildete ich mir was ein, aber ich wurde den Verdacht nicht los.
     
    Das Aufräumen und Staubsaugen gab mir Zeit, über alles Mögliche nachzudenken. Mein Geld war futsch, meine Frau weg und meine Freunde zogen irgendwo inkognito die Rübe ein. Ich hatte eine neue Freundin und einen alten Freund, die zu mir hielten. Glaubte ich. Einen Sohn, der auch nicht ganz sicher war bei meiner siebzigjährigen Mutter, die sich weigerte, einen Colt anzuschaffen oder auch nur die Haustür regelmäßig abzuschließen. Wenn ich ein halbes Jahr in die Zukunft dachte, wurde mir

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