Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abbey Road Murder Song

Abbey Road Murder Song

Titel: Abbey Road Murder Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shaw
Vom Netzwerk:
ausgemacht wird. Würden sich alle Teenager in England zusammentun, könnten sie alle über Dreißig töten. Alle Alten sollen sterben. Sogar ihr eigener Dad. Ihr wär’s egal. Waren die schwarzen Beeren an der Hecke giftig, an der sie den Jungen gerade vorbeigezerrt hat?
    »Ich muss.« Meldet sich der Junge erneut. Wie das nervt. In diesem Teil Londons kann man nicht einfach irgendwo hinpinkeln. Die junge Nanny sieht sich um, fragt sich, ob sie an die Tür eines der weiß gestrichenen Häuser mit den schicken Wagen davor klopfen und bitten sollte, die Toilette benutzen zu dürfen. Aber sie ist schüchtern und unsicher.
    »Ich mach in die Hose«, verkündet der Junge. »Wirklich.«
    Mummy, Baby und Alasdair nehmen gemeinsam den Elf-Uhr-Tee, bevor sich Mummy verabschiedet und mit ihren Freundinnen Mah Jong spielt und Sherry trinkt. Sie kann ihn nicht nass nach Hause bringen.
    Sie packt den Jungen fester an der Hand. »Hier entlang«, sagt sie und zerrt Little Alasdair entschlossen über die Hall Road.
    »Au! Du tust mir weh.«
    »Nein, tu ich nicht. Beeil dich.«
    Sie ist müde und wütend. Sie hat sich eine ungünstige Stelle ausgesucht, um die Straße zu überqueren. Die Hauptstraße macht hier eine leichte Kurve. Den aus nördlicher Richtung entgegenkommenden Verkehr kann sie nicht sehen. »Schnell«, sagt die Nanny, ist schon halb drüber und erkennt erst jetzt die Gefahr. Aber der kleine Junge in der grauen kurzen Hose und der Jacke ist entschlossen und stark, er stemmt sich dagegen, als sie versucht, ihre beiden Schützlinge über die asphaltierte Fahrbahn zu bugsieren.
    Die Nanny gewinnt das absurde Tauziehen, doch als sie sich dem Bordstein auf der anderen Seite nähert, muss sie die Räder des schweren Kinderwagens leicht anheben und ist dadurch kurz abgelenkt, Alasdair reißt sich los.
    »Alasdair. Komm sofort her«, schreit sie.
    Alasdair ignoriert sie und bleibt mit verschränkten Armen mitten auf der Straße stehen.
    »Du dummer Junge!« Die Nanny schiebt den Kinderwagen auf den sicheren Gehweg, eilt zurück auf die Fahrbahn und will Alasdair packen. Aber der Junge springt grinsend weiter. Ätsch.
    Ein Taxi kommt mit mindestens sechzig Stundenkilometern und grell orange leuchtender Anzeige um die Kurve gerast. Trotz des Tempos kann die Nanny den Schrecken im Gesicht des Fahrers sehen, als er mit weit aufgerissenen Augen das Lenkrad herumreißt.
    Alasdair steht auf dem Asphalt, zu erschrocken, um sich zu rühren, das Gesicht urplötzlich kreideweiß, die Augen riesig.
    Zirka dreißig Meter weiter, knapp neben einer roten Telefonzelle, kommt das Taxi schlitternd zum Stehen. Zum Glück hatten sie einen guten Fahrer erwischt. Er behielt die Kontrolle über das Fahrzeug, sogar als die Reifen gegen den Bordstein prallten und zurück auf die Straße sprangen. Eine Sekunde lang herrscht absolute Stille, als hätte die Welt aufgehört, sich zu drehen, dann kurbelt der Fahrer das Fenster herunter und streckt den Kopf mit der Tweedkappe heraus, reckt den Hals nach der jungen Nanny, die den widerspenstigen Erben in ihre Arme geschlossen hat.
    »Blödes, bescheuertes Weibsstück.« Und um seine Aussage zu bekräftigen, brüllt er mit vor Schreck zitternder Stimme noch einmal: »Du saublödes, bescheuertes Weibsstück.«
    »Siehst du, was du angerichtet hast?«, schreit die Nanny. »Siehst du, was du angerichtet hast?«
    Die Lippen des Jungen beben. Sie biegt links in eine Seitenstraße ein, sucht ein ruhiges Plätzchen. Jetzt widersetzt er sich nicht mehr.
    »Dummer Junge.« Wäre er ihr kleiner Bruder, hätte er sich längst eine gefangen.
    Ein kleines Stück weiter die Seitenstraße entlang fällt ihr eine schmale Einfahrt auf, die zu einem Wohnblock führt. Ein modernes, auf einem ehemaligen Trümmergrundstück errichtetes Gebäude, sehr viel neuer als die großen viktorianischen Häuser an der Straße, doch vergleichsweise hässlich, ärmlich und schon jetzt heruntergekommen. Auf einem Pappschild an der Eingangstür steht »Concierge-Klingel außer Betrieb«. Sogar hier war man noch etepetete. Kein Hausmeister, mitnichten. Wir befinden uns im vornehmen Nordwesten, NW8. Links der Einfahrt befindet sich eine Reihe mit Schuppen, allesamt mit Vorhängeschlössern gesichert. Ein kurzer matschiger Fußweg führt zu einem asphaltierten Platz, über den kreuz und quer Wäscheleinen gespannt sind, dahinter ein Müllhaufen – ein verrostetes Fahrrad, ein durchweichter Pappkarton, eine fleckige alte Matratze, die Federn

Weitere Kostenlose Bücher