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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht mehr weiß wie immer, sondern blau wie der Himmel gewesen, und es habe sich herausgestellt, daß diese Bläue aus der Kopfbedeckung stamme, die er hier abgenommen habe und worein die Farbe von irgend jemand heimlich geschüttet worden sei. Der Barbier habe zwar versucht, sie ihm vom Kopf zu waschen, wodurch die Sache aber nur noch schlimmer geworden sei, denn das Blau des Himmels habe sich durch das Wasser aufgelöst und nur noch tiefer und fester in den Schädel eingefressen; Allah erbarme sich!
    »Hier, seht mich an!« rief er zum Schluß, indem er Käppchen und Tuch vom Kopfe nahm. »Der Verbrecher trete vor, daß ich ihn bestrafen lasse!«
    Ein vollständig haarloser Schädel, von glänzend himmelblauer Farbe! Dazu der Gedanke, daß der Mann nicht etwa den neuen Fez, sondern grade die alte abfärbende Kappe wieder aufgesetzt hatte! Man brauchte den übrigen Anblick und das im Zorne unbehilfliche Gebaren gar nicht hinzuzufügen, um dem Lachreiz nicht widerstehen zu können. Meine Frau brach zuerst los. Es war ihr unmöglich, sich zu beherrschen. Der Neger folgte, dann Habakek, hierauf ich und schließlich auch Mustafa Bustani. Es gab ein schallendes, aufrichtiges Gelächter, welches aber die sonderbare Wirkung hatte, daß es den Mann aus Kahrim nicht zorniger, sondern kleinlaut zu machen schien, wahrscheinlich durch das Eigengefühl seiner Lächerlichkeit. Nur Einer lachte nicht, der Bub. In seinem Gesicht rührte sich kein Zug. Er trat auf ihn zu und sagte laut und ernst:
    »Ich bin es gewesen, ich!«
    »Du?« fragte der Mann erstaunt. »Wie kann ein Kind es wagen, das entblößte Haupt eines Moslem zu beschimpfen!«
    »So entblöße es nicht! Ich tat es aus Rache, denn ich heiße Thar; daß du es weißt.«
    »Thar?« fragte der andere verständnislos.
    »Ja, Thar! Hast du nicht selbst gesagt, daß der Gläubige sein Haupt nur dem Barbier entblößen darf? Du hast es aber auch hier, auch uns gezeigt! Darum habe ich dich bestraft, indem ich dir die blaue Vergeltung in die abgenommene Hülle deines Kopfes schüttete!«
    »Ist so etwas denn möglich?« fragte der Blauköpfige, im höchsten Grade erstaunt. »Dieser Knabe spricht davon, daß ich zu bestrafen sei, nicht er! Was sagt sein Vater dazu?«
    Diese Frage wurde an Mustafa Bustani gerichtet, doch ehe dieser antworten konnte, tat es der Bub:
    »Brauchst du hier einen Vater, so hole deinen; den meinen borge ich dir nicht! Ich bin Gideon, der Held aus Manasse. Leb’ wohl!«
    Er nickte ihm würdevoll zu, ging stolzen Schrittes zum Laden hinaus, stieg so wie er war, in seiner ganzen Waffenrüstung, auf den draußen stehenden fremden Esel und ritt im Trabe davon. Man weiß ja, daß orientalische Knaben von frühester Jugend an den Rücken eines Esels als besten Spielplatz betrachten. Man findet nur selten einen, der den Mut nicht besitzt zu reiten.
    Der Mann aus Kahrim wußte jetzt wirklich nicht, was er denken sollte. Sein Mund stand offen. Er schaute hinter dem Knaben drein, ohne ein Wort zu sagen.
    »Ist so etwas möglich?« fragte meine Frau, aber deutsch, noch immer lachend.
    Ich hatte keine Zeit, ihr zu antworten. Die Szene verwickelte sich. Der Besitzer des Esels war nämlich auf die Entfernung seines Esels aufmerksam geworden. Er hatte sich erkundigt, wer der sonderbar ausgerüstete Knabe sei, und kam nun aus dem Nachbarladen heraus und zu uns herüber, um der Sache entweder zivilrechtlich oder strafrechtlich näherzutreten, je nachdem!
    »Wer von euch ist Mustafa Bustani?« erkundigte er sich.
    »Ich,« antwortete mein Freund, indem er von der Kiste herabrutschte und sich tief verneigte.
    »Kennst du mich?«
    »Ja. Wer sollte dich nicht kennen! Du bist Osman Achyr, der Ferik-Pascha des Großherrn. Allah segne ihn!«
    »Dein Sohn hat meinen Esel gestohlen!«
    »Er hat ihn nicht gestohlen, sondern nur geliehen. Er bringt ihn sicher wieder!«
    »Bin ich etwa ein Eselverleiher? Und wäre ich einer, so hätte man mich erst zu fragen!«
    »So verzeih!«
    Der Mann aus Kahrim war beim Nahen des Generals, dem man seine Vornehmheit ansah, obwohl er Zivilkleidung, nicht Uniform trug, bescheiden zur Seite getreten. Jetzt, da es sich um einen zweiten Beschädigten handelte, bekam er Mut, seine Stimme von neuem zu erheben.
    »Nein, verzeih es nicht!« sagte er. »Der Knabe hat dich bestohlen und mich geschändet. Ich fordere, daß er bestraft werde!«
    Da drehte sich der Pascha zu ihm um und fragte:
    »Wer bist du? Was hat er dir – – –«
    Er sah den Mann, den

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