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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
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Holthusen«, lobte Danzik. »Das hilft uns entschieden weiter. Wenn nur jeder ein so exzellentes Gedächtnis hätte.«
    »Dann bitte mal Namen und komplette Adresse der Freundin«, sagte Tügel.
    »Isabel Ackermann, Isestraße 56. Warum brauchen Sie das jetzt?«
    »Na, damit die Dame Ihr Alibi bezeugt. Sie wissen doch, dass es hier um Ihr Alibi geht.«
    »Ah, ja, natürlich.« Anja Holthusens Stimme zitterte leicht. »Reine Routine«, beruhigte Danzik und erhob sich. »Falls wir noch Fragen haben – Sie bleiben ja im Lande, nicht wahr?«
    »Ja.« Anja Holthusen stand etwas mühsam auf und führte die Herren bis an die Haustür. Dann ging sie langsam zurück ins Wohnzimmer und goss sich an der Bar einen Whisky ein.
    Die Kommissare stiegen in ihren Dienstwagen. »Das hat sie aber toll runtergerattert, ihr Alibi«, meinte Tügel.
    »Gut beobachtet.«
    * * *
    Ein neuer Tag im Kommissariat, durch das Bürofenster schien die Sonne. »Hörst du, wie die Vögel zwitschern?« Danzik pfiff vergnügt vor sich hin, fast schien es, als wolle er den Vögeln Konkurrenz machen. »Hmm«, sagte Tügel. »Vergiss es«, sagte Danzik und winkte ab, ohne seine heitere Miene aufzugeben. Laura hatte angerufen! Wie sie es versprochen hatte. Er hatte gewartet und mit sich gekämpft, hatte überlegt, ob er zuerst anrufen sollte, schließlich war ihre Beziehung ja so, dass man nicht Apfel gegen Apfel aufrechnen musste, aber dann hatte er sich bezähmt und war dafür belohnt worden.
    Laura war am Telefon ganz normal gewesen und hatte sich zum Wochenende mit ihm verabredet. »Aber bitte in meiner Wohnung!«, hatte sie hinzugefügt.
    »Du warst doch inzwischen bei dem Hausarzt der Holthusen«, sagte Tügel.
    »Ja. Der hat sich natürlich auf seine Schweigepflicht berufen. Aber damit kam er bei mir nicht durch. Bei Ermordeten endet schließlich die Schweigepflicht. Tatsächlich hat die Holthusen keinerlei Medikamente genommen. Sie war nur bei ihm, wenn sie einen Infekt hatte und einmal im Jahr zum Durchchecken. Wie mir Doktor Fiedler erklärte, hatte sie zwar eine leichte Herzstörung, es hat was mit der Erregungsleitung zu tun, aber das sei nicht behandlungsbedürftig gewesen. Woher sollte sie also Zugriff auf Digitoxin gehabt haben?«
    »Genau. Übrigens hat der Sohn hier angerufen und das Gleiche gesagt. Er war sehr erregt und sagte, nie hätte sich seine Mutter das Leben genommen, es sei eindeutig Mord und er erwarte, dass wir schnellstens den Täter fänden.«
    »Das tun wir. Damit ist er selbst aber nicht aus dem Schneider. Also, auf geht’s!« Danzik rieb sich die Hände. »Heute werden wir die Herren Tee-Importeure noch mal in die Mangel nehmen. Mal sehen, ob die Alibis standhalten.«
    »In der Speicherstadt?«
    »Ja, der Junior ist im Kontor, Neuer Wandrahm Nummer drei, der Senior in seinem Tee-Museum.«
    Vom Polizeipräsidium am Bruno-Georges-Platz in Alsterdorf fuhren sie durch den Stadtpark entlang der Außenalster in Richtung Innenstadt. Als sie hinter dem Hauptbahnhof aus dem Wall-Tunnel tauchten, lag die Speicherstadt in ihrer vollen backsteinroten Schönheit vor ihnen: neugotische Staffelgiebel, Türme und Türmchen, die Dächer glänzten grün in Kupfer. Eine Festung aus mehreren kilometerlangen Lagerhaus-Reihen, durchzogen von Fleeten. »Einmalig, das Schönste an Hamburg«, begeisterte sich Danzik.
    »Das sagst du immer«, grinste Tügel. »Stimmt. Und mit Recht. Wenn man wie ich ein Quiddje ist, dann hat man einen ganz anderen Blick für die Stadt. Ich mache mir nur Sorgen, ob das wirklich alles erhalten bleibt, jetzt, wo die neue Hafencity entsteht.«
    »Immerhin steht die Speicherstadt unter Denkmalschutz.«
    »Ja, aber immer mehr Firmen gehen weg. Durch die Container-Konkurrenz und all das. Auch einige Teppichfirmen sind schon verschwunden. Und doch ist Hamburg noch immer der größte Umschlagplatz für Orientteppiche.«
    »Hmm«, machte Tügel.
    »Damit kannst du nichts anfangen, was? Dabei bist du doch ein echter Hamburger.« Danzik schüttelte leicht den Kopf. »Ich fände es jedenfalls schön, wenn die Traditionsfirmen blieben: Tawakol, die älteste persische Teppichfirma, oder Rothfos mit Kaffee oder Westphal Tee, noch älter als Holthusen. Es gibt hier Unternehmen, da gehen die Inhaber noch mit über neunzig jeden Tag in ihr Kontor. Das hat was Rührendes, das ist eine fast vergangene liebenswerte Welt, mag es dir vielleicht auch fossilienhaft vorkommen.«
    »Na ja, alles ändert sich eben. Als Bismarck hier den

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