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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
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dazugehörigen Tassen ein. »Spode, Porzellan aus England«, kommentierte er, als er Danziks interessierten Blick bemerkte. »Schnuppern Sie mal! Ist das nicht ein herrliches Aroma? Sehr rund, sehr fein und blumig – ein Darjeeling aus bestem Anbau.«
    »Hmm«, machten die Kommissare. Dann tranken sie den Tee in kleinen Schlucken. »Sie mögen Ihren Beruf«, stellte Danzik fest.
    »Ja, natürlich. Ich führe unsere Firma jetzt in vierter Generation. Wir versuchen, das Althergebrachte zu bewahren, wollen aber auch mit innovativen Ideen und zeitgemäßen Events unser Unternehmen voranbringen.«
    »Was Ihnen ja auch gelungen ist: die Edition der Designer-Tassen, die japanische Tee-Zeremonie, die Sie regelmäßig veranstalten, die Einrichtung eines Tee-Museums –«
    »Sie sind gut informiert, obwohl ich Sie sicher nicht zu den Teetrinkern zählen darf.«
    »Da haben Sie Recht, wir sind Kaffeetrinker. Tee trinke ich meistens nur, wenn ich krank bin.«
    Thomas Holthusen schüttelte bedauernd den Kopf. »Sie ahnen gar nicht, was für eine genussreiche Welt ihnen da entgeht.«
    »Nun, es ist und bleibt ein giftiger Genuss«, meinte Danzik vielsagend. »Ob nun Kaffee oder Tee.«
    Tügel trommelte leicht auf seine Stuhllehne. »Das Tee-Museum.«
    »Ja, da sind wir beim Stichwort. Wir müssen noch Ihren Vater aufsuchen.«
    »Tun Sie das«, sagte Thomas Holthusen lächelnd und geleitete die Kommissare hinaus.
     
    Das Tee-Museum war eine Werbe-Idee des Juniors gewesen. Senior Henri Holthusen war erst skeptisch gewesen, hatte sich dann aber mit zunehmendem Interesse der Sache angenommen und betreute nun, zusammen mit zwei Mitarbeitern, »das Tee-Juwel am Sandtorkai«, das inzwischen zu einem der Anziehungspunkte in der Speicherstadt geworden war.
    Die Kommissare hielten direkt vor dem alten Kontorhaus und stiegen zum ersten Stock hoch. Links führte eine Eisentür in einen kleinen, von senkrechten Balken gestützten Lagerraum – das Mini-Museum der Holthusens. Auf waagerechten Verstrebungen, die mit den Balken verbunden waren, reihten sich dekorative Teegeräte und Samoware aus Messing, in Vitrinen fingen Silber-Garnituren und Porzellan den Blick: Kannen aus England, Service aus Dänemark und Russland. Auf Holzborden stapelten sich bunte Dosen aus Indien, Ceylon, China und anderen Tee-Regionen.
    Am Tresen neben der Tür stand eine etwa 55-jährige, recht attraktive Dame in einem eleganten braunen Kostüm, die sie mit einem gewinnenden »Willkommen« begrüßte. Doch bevor sie den Eintritt kassieren konnte, hielten ihr die Kommissare ihre Dienstausweise entgegen. »Wir möchten Herrn Holthusen sprechen.«
    »Augenblick«. Die Dame schritt über den federnden Holzboden und verschwand hinter einem Paravent, der ein kleines Büro verbarg.
    Kurz darauf stand Henri Holthusen vor ihnen. Im dunkelgrauen Zweireiher, wie alle seine Anzüge maßgefertigt bei Ladage & Oelke an den Alsterarkaden. Krawatte und Einstecktuch leuchteten in Kirschrot. »Sie wollten mich sprechen«, sagte er kurz. Offensichtlich hatte ihn sein Sohn bereits telefonisch über das Kommen der Kommissare informiert. »Was gibt es denn noch?«
    »Sie sagten, Sie seien am – Tattag – hier im Museum gewesen.« Danzik sah den alten Herrn aufmerksam an, doch die Erinnerung an das Geschehene schien diesen kalt zu lassen. »Ja, da war ich hier.«
    »Kann das jemand bezeugen?«
    »Meine Mitarbeiterin – Frau von Sassnitz.« Er machte eine Geste, die zugleich ein Vorstellen war.
    »Das kann ich bestätigen«, sagte die Dame eine Spur zu hastig. »Am Donnerstag, den 18. März, war Herr Holthusen den ganzen Tag hier, von neun Uhr morgens bis 19 Uhr am Abend.«
    »Haben Sie das Museum kurz verlassen, um essen zu gehen?«, fragte Tügel. Er fühlte, wie sein Magen leise rumorte. »Ja, Herr Holthusen und ich waren von 13 bis 14.30 Uhr fort und haben im ›Deichgrafen‹ zu Mittag gegessen. Während dieser Zeit hat Herr Lührs das Museum betreut.« Sie wies auf einen jungen Mann, der ein paar Meter entfernt Postkarten sortierte. »Können Sie das alles bestätigen?«, fragte Danzik. »Kann ich«, sagte der Mitarbeiter. »Sie wissen, dass wir Sie unter Eid nehmen können«, wandte sich der Kommissar an beide.
    Holthusens Mitarbeiter nickten. Der Senior hatte sich bereits umgedreht, als die Kommissare durch die Eisentür hinunter gingen.

8
    Die Tasse lag zerborsten auf dem Parkett, der Kaffee breitete sich bis zu dem Perserteppich aus. Während Regine Mewes zu Füßen ihrer

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