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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Gesicht war wachsweiß vor Angst. Man hatte ihr die Haare geschoren, und sie blickte ihn ängstlich an.
    »Hester Deale, ist das der Mann, der dich verführt hat?«
    »Er und seine Frau haben Hand an mich gelegt.« Sie sprach wie in Trance. »Sie haben unzüchtige Handlungen an meinem Körper vorgenommen. Sie kamen als Raben an mein Fenster, flogen nachts in mein Zimmer. Sie hielt mir den Hals zu, so dass ich nicht sprechen oder um Hilfe rufen konnte.«
    »Kind«, sagte Giles sanft, »was haben sie mit dir gemacht?«
    Voller Angst blickte sie ihn an. »Sie bezeichneten Satan als ihren Gott und opferten einen Hahn, dem sie den Hals durchschnitten. Sie zwangen mich, sein Blut zu trinken. Ich konnte sie nicht aufhalten.«
    »Hester Deale, schwörst du Satan ab?«

    »Ich schwöre ihm ab.«
    »Hester Deale, schwörst du Giles Dent und der Frau Ann Hawkins ab?«
    »Ich schwöre ihnen ab.«
    Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ich schwöre ihnen ab, und ich bete zu Gott, dass er mich erlösen möge. Ich bete zu Gott, dass er mir verzeiht.«
    »Das tut er«, flüsterte Giles. »Du hast keine Schuld.«
    »Wo ist die Frau Ann Hawkins?«, wollte Lazarus wissen, und Giles blickte ihn mit seinen klaren grauen Augen an.
    »Du wirst sie nicht finden.«
    »Tritt beiseite. Ich werde dieses Haus des Teufels betreten.«
    »Du wirst sie nicht finden«, wiederholte Giles. Einen Moment lang richtete er seinen Blick auf die Männer und die wenigen Frauen, die hinter Lazarus standen.
    Er sah Tod in ihren Augen und mehr noch, den Hunger danach. Das war das Werk des Dämons.
    Nur in Hesters Augen sah er Angst oder Schmerz. Er nahm alles, was er geben konnte, und richtete seine Gedanken auf sie. Lauf weg!
    Er sah, wie sie zusammenzuckte, zurücktaumelte, und wandte sich wieder zu Lazarus.
    »Wir kennen einander, du und ich. Schick die anderen weg, lass das Mädchen frei, dann tragen wir es unter uns aus.«
    Einen Augenblick leuchteten Lazarus’ Augen rot auf.
    »Du bist erledigt. Verbrennt den Hexer!«, schrie er.
    »Verbrennt des Teufels Haus und alles, was darin ist!«

    Sie kamen mit Fackeln und Knüppeln. Giles fühlte, wie die Schläge auf ihn einprasselten, und er spürte die Wut des Hasses, die die schärfste Waffe des Dämons war.
    Sie zwangen ihn in die Knie und steckten die Holzhütte in Brand. Wahnsinnige Schreie gellten in seinem Kopf.
    Mit letzter Kraft griff er nach dem Dämon in dem Mann, dessen dunkle Augen rot leuchteten, als er sich von Hass, Furcht und Gewalt nährte. Er spürte, wie er triumphierte, so sicher seines Sieges und des Festmahls.
    Er riss an ihm, durch die raucherfüllte Luft. Er hörte den Dämon vor Wut und Schmerz schreien, als die Flammen in sein Fleisch bissen. Und er hüllte ihn damit ein, als das Feuer sie verzehrte.
    Mit dieser Vereinigung brach der Brand erst richtig los, erfasste und vernichtete alle Lebewesen im Tal.
    Einen Tag und eine Nacht lang brannte es, wie der Bauch der Hölle.

1
    Hawkins Hollow
Maryland
6. Juli 1987
    In der hübschen Küche des hübschen Hauses in der Pleasant Avenue bemühte sich Caleb Hawkins, ruhig zu bleiben, während seine Mutter ihm Proviant für eine Campingtour einpackte.
    In der Welt seiner Mutter brauchten zehnjährige Jungen frisches Obst, selbst gebackene Hafermehlplätzchen (die allerdings so übel nicht waren), ein halbes Dutzend hart gekochte Eier, eine Tüte Ritz-Cracker, mit Erdnussbutter bestrichen und zusammengeklappt, ein paar Sellerie- und Karottenstifte (iiih!) und herzhafte Sandwiches mit Schinken und Käse.
    Außerdem noch eine Thermosflasche mit Limonade, einen Stapel Papierservietten und zwei Schachteln Pop-Tarts fürs Frühstück.
    »Mom, wir verhungern da nicht«, beklagte er sich, als sie vor dem offenen Küchenschrank stand und überlegte, was sie noch vergessen haben könnte. »Wir sind doch nur bei Fox im Garten.«
    Das war eine Lüge, und er verknotete sich fast die Zunge dabei. Aber wenn er ihr die Wahrheit sagte, würde
sie ihn nie gehen lassen. Und, Mann, er war doch schon zehn. Beziehungsweise, er wurde es morgen.
    Frannie Hawkins stemmte die Hände in die Hüften. Sie war eine zierliche, attraktive Blondine mit sommerblauen Augen und einer flotten Dauerwelle. Sie hatte drei Kinder, Cal war ihr Jüngster und ihr einziger Junge. »Lass mich noch mal in deinen Rucksack sehen.«
    »Mom!«
    »Liebling, ich will nur sichergehen, dass du nichts vergessen hast.« Ungerührt zog Frannie den Reißverschluss an Cals Rucksack auf. »Frische

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