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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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Verhandlungen waren etwas kompliziert, und es ist spät geworden. Der Anwalt der Gegenseite wollte um jeden Preis…«
    »Um Gottes willen, Endru, erspar mir überflüssige Details. Kurzversion bitte. Sag mir bloß, dass du ihn in den Arsch getreten hast.«
    »Ich habe ihn in den Arsch getreten.«
    »Dieser großartige Endru.« Er schnipst mit den Fingern, ohne dass etwas zu hören wäre. »Großartig. Mein wertvoller Mitarbeiter. Großartig .«
    Giuseppe ist ein mächtiger Mann. Es gibt Leute, die ihn ihren Meister nennen, ihren Guru, ihren Herrn, aber wenn sie dann auf das große Vorbild zeigen, sehe ich nur schwielige Hände, einen ungebührlich alten Anzug und eine Menge Nasenhaare. Man sagt von ihm: »Er bringt die Mandanten auf Trab«, und mir gefällt die Vorstellung, wie er in seinen schwarzen Mercedes SLK steigt, sich zur Rückbank umdreht und in all seiner Liebenswürdigkeit fragt: »Wohin bringe ich euch heute, Mandanten?« – »Ans Meer. Wir wollen uns im Sand wälzen, Giuseppe.« – »Na, dann mal los, schnallt euch an.« Tatsächlich handelt es sich nur um eine Phrase, die unterstreichen soll, wie sehr der Umsatz der Kanzlei davon abhängt, dass sich die Unternehmen – große Unternehmen – an diesen Mann wenden und sich auf diese Weise in Einnahmen – große Einnahmen – verwandeln. Er ist es, der mit den wichtigen Leuten spricht, er ist es, der den Soundso kennt, er ist es, der Beziehungen zu dem und dem pflegt. Er ist es, der mit dem Cousin von Della Valle zu Abend isst und mit dem Berater von Tronchetti eine Bootstour macht. Er ist es, der seine Füße auf meinen Schreibtisch legt und sagt: »So muss man das machen. Man muss sich am rechten Ort befinden, man muss Visionen haben, den richtigen Zugriff. Witterung, Endru, Witterung.« Und der die Nase hochzieht.
    In der ersten Zeit stand ich völlig unter seinem Einfluss. Selbstsicher, entschieden, ehrgeizig, successful , besitzt Giuseppe die Faszination einer Postkarte, die Inseln voller Heiterkeit und Wohlbefinden verspricht, Mehrwertsteuer inklusive. Es hat nicht lange gedauert, bis mir die Augen aufgingen. Unter dem Fell des Löwen entdeckte ich rasch das Lama, das Phrasen spuckt und mich traktiert wie ein Junihagel ein Getreidefeld. Gelegentlich seufzt er und sagt Dinge wie: Ein Ziel erreicht man nicht, ein Ziel wird erobert . Oder: Verhandeln bedeutet nicht, Verträge abzuschließen, sondern zum Angriff überzugehen . Oder: Höre so lange zu, wie du musst, rede so lange, wie du kannst . Ich lächle, sage: »Mmh« und zähle innerlich von eins bis zehn. Manchmal lässt er sich auch gehen und wechselt vom Beruflichen auf das Gebiet der Ethik über: Demut ist nichts als Überheblichkeit, die einen in die Fresse bekommen hat , erklärte er mir letzte Woche. Ich kam mir vor wie der Leibwächter von Bruce Willis und hätte am liebsten geweint.
    Nachdem sich Giuseppe davon überzeugt hat, dass ich in Ärsche getreten und also meine Pflicht erfüllt habe, verlässt er mein Büro, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Aus dem Großraumbüro, auf das mein Raum hinausgeht, dringen Schnipsel vom Sekretärinnengeschwätz an mein Ohr. Die Frauen sitzen an kreuzförmig angeordneten Schreibtischen, die in einer Weise durch Trennwände vom Raum abgeteilt sind, dass man unweigerlich an ein Hakenkreuz denken muss.
    »Der ist so klasse in dem Film. Wie er ständig in Blut badet…«
    »Kennt ihr den neuen Song von Dingsbums, wie heißt er noch gleich, der mit den vielen Löckchen?«
    »Das habe ich gestern bei Zara gekauft. Es war das letzte, ich konnte es kaum glauben.«
    »Gehst du immer noch mit diesem Securitytypen?«
    »Wir stellen uns das so vor, dass wir den Kleinen ins Ferienlager bringen und dann ein bisschen ans Meer fahren. Das haben wir bitter nötig.«
    »Entschuldigung, macht man den Kuss in SMS mit einem x oder mit dem Sternchen?«
    Ich stehe auf, schließe die Tür und setze mich wieder.
    Nicola, mein Büronachbar, sieht mich an.
    »Und? Wie ist es gestern wirklich gelaufen?« Er räkelt sich. »Endru.«
    »Lass den Unsinn«, sage ich und zeige mit dem Finger auf ihn.
    »War ein Scherz«, erklärt er grinsend.
    »Schlecht, alles in allem.« Ich lasse mich zurückplumpsen und beginne, meine Ärmel aufzukrempeln. »Wir hätten den Vertrag abschließen müssen, aber von wegen. Ein paar Punkte sind immer noch offen. Nichts Kompliziertes, aber ich war fest davon ausgegangen, dass wir es schaffen. Eigentlich wollte ich heute nicht einmal kommen.

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