Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
Finkelsteins Wundertinktur aus Amerika bestrich und in klares Wasser tauchte, war der Fleck verschwunden, war der Fleck hinweg, war der Fleck nicht mehr zu sehn . . .
»Daher«, informierte uns der junge Mann, »wenn die liebe Frau Gemahlin schreit, tobt und mit Scheidung droht, nicht verzagen, der gute Gatte nimmt ein Quentchen von Dr. Finkelstein aus Amerika, bekommt einen Kuß, und das alles nur für ein paar lumpige Groschen, nicht teurer als ein Dutzend Salzmandeln, das muß Ihnen die Ehe wert sein, meine Damen und Herren, dazu drei Jahre Garantie . . .«
Natürlich wußte ich sofort, daß mir ein gütiges Geschick den sonnengebräunten Redekünstler über den Weg geschickt haben mußte. Ich erstand auf der Stelle fünf Portionen der Wundertinktur einschließlich fünf Gebrauchsanweisungen, die Dr. Finkelstein aus Amerika handsigniert hatte. Ich eilte heimwärts, goß sofort eine Büchse Schmieröl über unser bestes Damasttischtuch, und die liebe Frau Gemahlin schreit, tobt, droht mit Scheidung, aber nicht verzagen, Weib, ich gebe nur ein Quentchen von Dr. Finkelsteins Wundertinktur direkt aus Amerika auf den Fleck, kurz mit klarem Wasser durchspülen, und der Fleck ist wie neu, der Fleck überstrahlt alles, der Fleck bleibt . . .
Dann erst fiel mir ein, daß die Wundertinktur vermutlich nur eine ganz bestimmte Spezies von Wunderflecken beseitigen kann und daß der Wunderfleck sicherlich ebenfalls von Dr. Finkelstein aus Amerika erfunden wurde.
Ich eilte zurück zur Hauptstraße, aber der Sonnengebräunte hatte sich vermutlich mit seiner Wundertinktur bestrichen, denn er war spurlos verschwunden. Sollte er dies lesen, dann ersuche ich ihn hiermit, mir fünf Portionen Wunderflecken zuzusenden.
Per Eilpost.
J. R.!
Ich habe J. R. persönlich gesehen. Bei J. R., ich habe ihn gesehen! Und zwar anläßlich der israelischen Filmfestspiele in Tiberias, wo J. R. Ehrengast war. Ich habe J. R. sogar berührt. Genaugenommen zweimal. Einmal mit dem Zeigefinger der linken Hand, als J. R. sich an der Menschenschlange vor dem Kino vorbeidrängte, und ein zweites Mal mit meiner rechten Hand, als ich J. R. später auf der Cocktailparty vorgestellt wurde: »J. R.«, sagte jemand zu J. R., »das ist einer Ihrer Bewunderer.«
J. R. lächelte sehr höflich und stellte sich ebenfalls vor. Allerdings nicht als J. R. Er nannte einen anderen Namen, der so ähnlich wie Fachmann klang. Ich versicherte J. R., daß ich noch nie eine Dallas-Folge versäumt hätte, und J. R. schien gerührt. Anscheinend hört er nicht allzu oft derartige Komplimente.
Danach hielt J. R. eine Rede und erzählte uns einiges von J. R. Das Publikum jubelte und klatschte wie wild. Und zwar im Rhythmus von »Dsche! Dsche! Dsche-dsche-ahr!«. J. R. lächelte, während einige Schweißperlen auf seiner Stirn hervortraten. Auf dem Platz vor dem Kino gab es keine Klimaanlage.
Dann wurde J. R. auf der Bühne, die mit bezaubernden, leicht hitzegeschädigten, künstlichen Blumen dekoriert war, willkommen geheißen, und zwar von neunzehn verschiedenen öffentlichen Rednern. Jeder einzelne ein erklärter Dallas-Fan. Sie teilten J. R mit, daß sich »unsere Stadt zutiefst geehrt fühle, J. R. höchstpersönlich in ihren Mauern beherbergen zu dürfen.«
Dann aber erschien Seine Exzellenz, der Minister, und erzählte eine lustige Geschichte über J. R, die ihm
J. R. vorher erzählt hatte. Er erzählte die lustige Geschichte auf englisch, damit sie J. R. auch verstehen konnte. J. R. lachte besonders herzlich. Sie hat ihm gefallen.
Nach den Reden kam irgendein Kulturreferent, er wollte ein Autogramm von J. R. haben, allerdings mit dem Zusatz: »Alles Liebe für die kleine Rebekka von J. R.« J. R. kritzelte im Stehen auf eine Papierserviette:
J. R.
Anschließend nahm J. R. seinen Ehrenplatz ein, um das Filmfestival zu genießen. Es begann mit einem geologischen Dokumentarfilm. Der Haken war nur, daß die Geologen neuhebräisch sprachen, was vielleicht
J. R.s Vergnügen ein wenig getrübt haben mag. Jedenfalls wirkte J. R. nach dreieinhalb Stunden Dokumentarfilm ein wenig erschöpft. Es gelang ihm aber noch immer, freundlich zu lächeln, während das Publikum J. R. mit den Fingern berührte und J. R. mit schmeichelhaften Äußerungen überschüttete wie: »Hallo, J. R.! Hast du uns ein bißchen Öl mitgebracht, J. R.?« Und dazu klatschten sie wie verruckt, vermutlich in der Hoffnung, daß J. R. ihnen eine Nummer aus Dallas vorführen würde.
Dann aber wurden im
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