Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
Garten Cocktails gereicht, und die Hautevolee von Tiberias aß ihre Käsebrötchen so nahe bei J. R. wie nur irgend möglich, denn die Leute vom Fernsehen waren nur für J. R. gekommen, und jedermann wußte, wo immer sich J. R. befand, gäbe es eine Chance, in die Spätnachrichten zu kommen.
Ein Stadtrat küßte J. R., und seine Schwiegertochter machte ein Photo mit Blitzlicht. Da hatte es dieser unverschämte Kerl doch tatsächlich geschafft, einen Schnappschuß in inniger Umarmung mit J. R. zu kriegen.
Eine alte Dame hing den ganzen Abend an J. K.s Ärmel und erzählte ihm immer wieder, wie glücklich sie sei, daß J. R. endlich aus dem Krankenhaus von Dallas entlassen worden sei, und ob er, nämlich J. R., immer noch große Schmerzen habe. J. R. begann schwer zu atmen. Außerdem begann J. R. nach den Veranstaltern zu suchen, die ihn eingeladen hatten, aber er konnte sie nicht ausfindig machen. Die Leute applaudierten ohne Unterlaß und riefen: »Ist er nicht Klasse, dieser verfluchte Teufelskerl?«
Was mich betrifft, so wurde ich J. R. persönlich vorgestellt: »J. R.«, sagte jemand, »das ist einer Ihrer Bewunderer«, aber ich glaube, das habe ich schon erzählt. Jedenfalls war es ungeheuer interessant, ihn persönlich zu sehen, diesen, wie heißt er nur, J. R. Er sieht genauso aus wie in Dallas. Aber im wirklichen Leben ist er noch mehr J. R. als J. R. selbst. Der Stadt Tiberias jedenfalls wird nach dem Besuch von J. R. niemand mehr vorhalten können, ein Provinznest zu sein.
Ich bin noch immer außer mir. Wegen J. R.
Unter uns gesagt, da gab es einen fast historischen Augenblick, wo ich nahe daran war, J. R.s Taschentuch zu stibitzen, aber im letzten Moment scheute ich davor zurück.
Gott sieht alles. Außer Dallas.
Wohnungsmarkt
Draußen regnete es, und auch unser beharrliches Schweigen hatte etwas Winterliches. Es war Freitag nachmittag, und unseren Kaffee hatten wir ausgetrunken. Wir saßen in unserem Stammkaffee, Jossele und ich, und warteten auf ein Naturereignis.
»Wir müssen irgend etwas unternehmen«, meinte Jossele nach längerem Nachdenken. »Das Leben ist schwer genug. Und jetzt kommt noch diese schreckliche Wohnungsnot hinzu. Die Baukosten werden von Tag zu Tag höher, Wohnungen sind unerschwinglich teuer, und kein Mensch ist bereit, etwas dagegen zu tun.«
»Willst du vielleicht Maurer werden?« fragte ich verstimmt.
»Das nicht«, erklärte Jossele, »aber ich könnte mich eventuell als Wohnungsvermittler versuchen.«
Sprach's und winkte den Kellner an unseren Tisch. Er informierte ihn flugs, daß er vor fünf Minuten eine renommierte Wohnungsmaklerfirma gegründet hätte und bereit sei, für jeden Kunden, den ihm der Kellner brächte, fünfzig Shekel in bar als Provision zu zahlen.
Wenige Minuten später erschien der erste hoffnungsvolle Klient.
»Nehmen Sie Platz«, sagte Jossele, »was für eine Wohnung stellen Sie sich vor?«
»Zwei Zimmer und ein Atelier«, strahlte der Interessent, »mit einem großen Küchenbalkon, im Zentrum der Stadt.«
»Ich glaube, ich habe das Richtige für Sie«, meinte Jossele, »aber lassen Sie mich vorerst meine Bedingungen nennen. Ich stelle Ihnen eine Liste von entsprechenden Wohnungen zur Verfügung, Sie schauen sich das Angebot an und sprechen mit den Eigentümern. Ich verlange keine Vorauszahlung. Aber wenn das Geschäft zustande kommt, zahlen Sie mir drei Prozent Vermittlungsgebühr.«
»Natürlich«, sagte der Klient, »das klingt fair.«
»Herr Ober«, rief Jossele den Kellner. »Bringen Sie mir die Zeitungen.«
Der Kellner brachte einen ganzen Stoß. Jossele wies unseren Klienten an, Zettel und Bleistift zu nehmen und alle Adressen abzuschreiben. In den Zeitungen waren Unmengen von Wohnungen angeboten. Es war Freitag, und die Wochenendausgaben platzten vor Inseraten. Unser Kundenerstling notierte sich an die dreißig Adressen, unterschrieb den eilig improvisierten Vertrag und machte dem nächsten Klienten Platz.
»Sehr schön«, bemerkte Jossele, »das Geschäft läuft.«
Inzwischen hatte sich vor unserem Tisch eine Menschenschlange gebildet. Wir leisteten 28 hoffnungsvollen Wohnungsjägern professionellen Beistand, und pünktlich um fünf Uhr schlössen wir unser Büro. Während der letzten Stunde hatte Jossele hauptsächlich Verträge aufgesetzt, die er sich unterschreiben ließ, während ich die Zeitungen durchkämmte.
Nun, ein Unternehmen wie dieses birgt natürlich seine Risiken. Bis zum Abend kamen nur drei Klienten von 28
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