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Abschied Von Freistatt

Titel: Abschied Von Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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gesagt, daß sie für niemanden sehen konnte, wenn sie glücklich war? Illyra war glücklich mit ihrer Familie, und weder er noch Dubro mußten sich Sorgen machen, was oder wen sie sah.
    Walegrin mußte sich nicht mehr ducken, um diese Stube zu betreten, oder befürchten, daß er einen Stuhl brach, wenn er sich darauf setzte. Kleintrevya bemerkte ihn als erste und rannte ihm über den festgestampften Erdboden entgegen. Ihr Hinken war so gut wie ausgeheilt. Sie jauchzte, wie nur eine Zweijährige jauchzen kann, als er sie auf die Arme hob. Das Bronzeband um seine Stirn hatte Trevya immer fasziniert, aber seit kurzem hatte sie ein noch viel aufregenderes Spielzeug entdeckt: die schweren strohfarbenen Zöpfe, die das Band hielt.
    »Will reiten!« rief sie, als sie die Fäustchen um beide geschlossen hatte.
    Mit einem gutmütigen Seufzer beugte er sich vor und gestattete, daß sie seinen Kopf zum Boden zog.
    »Noch mal!« Sie zog fordernd an seinen Zöpfen.
    Das ist das letzte Mal! dachte Walegrin, als er sich aufrichtete. Die kleine Range ist kräftiger als sie ahnt - und wird immer schwerer. Aber er spielte immer noch mit, als Illyra durch die andere Tür eintrat.
    »Wale - du bist ja ganz voll Spinnenseide!«
    Das war der Ton, mit dem sie alle vertraut waren. Trevya ließ sich stumm auf den Boden gleiten. Sogar das Hämmern draußen in der Schmiede verstummte. Walegrin bürstete sich Schultern und Arme ab. Natürlich klebte nichts an ihnen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit sah Illyra.
    »Du meinst, ich stinke danach«, stammelte Walegrin. »Drüben bei der Zuflucht hat es ein Problem gegeben, irgendwelche verrückten Zugereisten fermentieren Kokons auf ihrem Innenhof. Das ist alles.«
    Illyra schauderte leicht. Das Bild schwand. Sie legte den Kopf schräg. Das Bild kehrte nicht zurück, aber es war ein echtes Sehen gewesen, und wenn er noch so sehr wollte, daß sie es leugnete. »Es ist nichts Beunruhigendes«, versicherte sie ihm und umarmte ihn liebevoll.
    Das stimmte. Die kleinen Funken, die vor ihrem inneren Auge aufblitzten, waren nicht bedrohlich. Es war auch nicht immer genauso, wie sie es sah - die S'danzogabe ließ manchmal verschiedene Deutungen zu. Illyra hätte die Vision als unbedeutend und schleierhaft abgetan, aber ihrem Bruder bedeutete sie etwas, und das weckte ihre Neugier. Diese Neugier nagte während des ganzen Mahls an ihr, und sie achtete nur mit halbem Ohr auf das Tischgespräch.
    »Ich hole uns noch etwas zum Nachtisch«, behauptete sie, obwohl sie längst alles in ihrer Wahrsagekammer bereitgestellt hatte. Sie griff nach ihrem Schultertuch und nahm eine größere Kupfermünze aus dem Beutel an der Tür. »Ich bin bald zurück.«
    Ihre Umrisse hoben sich flüchtig gegen die untergehende Sonne ab, dann war sie verschwunden. Dieses Bild haftete vor Walegrins Augen. Sonnenuntergang. Sechsttag. Es gab keinen warmen Backofen im ganzen Basar, ja nirgendwo in Freistatt. Es dauerte zwei Tage, ein Stück zu backen, das groß genug für die Männer an ihrem Tisch sein würde. Und Illyra verließ sich nie auf plötzliche Einfälle oder Improvisationen.
    Walegrin folgte ihr durch die Tür und zur Rückseite, wo die Kordeln vor ihrer Wahrsagekammer hingen.
    »Sag mir, was du siehst!«
    Er überraschte sie völlig. Sie zuckte so heftig zusammen, daß ihr die Karten aus den Händen flogen. Sie landeten verstreut auf dem Boden und in den Pulvern, die sie für ihre Essenzen verwendete, drei aber fielen ordentlich auf ihren Arbeitstisch.
    Illyra errötete und tat, als suche sie etwas. Walegrin setzte die Miene auf, die er sich normalerweise für die Befragung eines Verdächtigen vorbehielt. Schließlich blickte sie verlegen auf.
    »Ich war neugierig«, gestand sie.
    »Ich bin selber neugierig. Was hast du gesehen?«
    »Ich habe dir gesagt, was ich sah. Du hattest Spinnenseide rund um dich. Sie schillerte in allen Regenbogenfarben.«
    »Was bedeutete es, Lyra? Was bedeutet es?«
    Ihr Blick fiel auf den Tisch, und sie bemerkte die Karten. Die Amashkiki, die Geister der Karten, unterstützten sie. Eifrig legte sie sie richtig. »Hier. Die Lady des Waldes. Die Lady der Steine. Zwischen ihnen der Fünfte.«
    »Lyra. Mach's richtig.«
    »Aber das ist richtig.«
    »Es war ein Zufall.«
    Illyra zog die Schultern hoch, blickte ihrem Bruder ins Gesicht und schob das Kinn vor: »Für mich gibt es keinen Zufall!« fauchte sie.
    Verlegen gestattete ihr Walegrin, fortzufahren.
    »Ich sehe ein leicht verdientes

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