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Acacia

Titel: Acacia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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ab, als mustere er eine Kurtisane. Doch bevor er wieder wegsah, nickte er ihr zu. Es war eine anerkennende, beinahe respektvolle Geste, die Dariel von Maeander nicht erwartet hätte. Als Maeander gleich darauf ihn ansah, hatte Dariel nicht übel Lust, ihm das Grinsen mit der Faust vom Gesicht zu wischen. Allerdings war er sich in Anbetracht von Maeanders gefährlicher Gelöstheit durchaus nicht sicher, ob ihm dies gelungen wäre.
    »Was habt Ihr mir zu sagen?«, fragte Aliver.
    Maeander streckte die Hände vor wie ein Händler, der um Vertrauen heischt. »Ich möchte Euch ein Angebot machen. Ein einfaches Angebot. Tanzt ein Duell mit mir, Aliver. Nur wir beide, ebenbürtige Gegner, auf Leben und Tod. Niemand wird eingreifen, alle können sehen, wer von uns der Bessere ist.«
    »Ein Zweikampf?«, erwiderte Aliver. »Was sollte das ändern? Ihr erwartet doch wohl nicht, dass ich glaube, Eure Armee würde sich nach Eurem Tod geschlagen geben und Hanish würde seine Sachen packen und in die Wildnis des Mein zurückkehren? Das wäre ein verlockendes Angebot, aber wir wissen doch beide, dass es unrealistisch ist.«
    Maeander lachte. Er erklärte, er wolle keine solchen Versprechungen machen. Auch von Aliver erwarte er nichts dergleichen. Doch was spreche dagegen, sich wie echte Männer miteinander zu messen? Es habe einmal eine Zeit gegeben, da seien die Anführer vor ihre Armeen hingetreten und wären mit ihrem Leben für ihr Anliegen eingetreten. Denn sie hätten am meisten zu gewinnen oder verlieren gehabt; weshalb sollten sie dann nicht auch ihr Leben aufs Spiel setzen? Sowohl die Mein wie auch die Acacier seien früher diesem hehren Ideal verpflichtet gewesen. Seit Tinhadins Herrschaft, da man alles Edle unterdrückt und geschmäht habe, sei es in Vergessenheit geraten, aber …
    »Ihr seid wahnsinnig«, fiel Dariel ihm ins Wort. Er konnte nicht länger an sich halten. Aliver hingegen sah aus, als ziehe er Maeanders Angebot ernsthaft in Erwägung. Seine Miene, sein Tonfall und seine Haltung drückten nichts von der Geringschätzung aus, die Dariel für angemessen hielt. Er wollte seinem Bruder klarmachen, wie absurd Maeanders Vorschlag war. »Wir haben eine Armee, die für ihre eigenen Interessen kämpft. Jeder Mann und jede Frau hier ist frei. Und sie kämpfen für noch größere Freiheit. Kein einziger Soldat in diesem Heer würde Alivers Leben vor dem seinen aufs Spiel setzen.«
    Ringsumher wurde Zustimmung bekundet. Es wurde geklatscht, gerufen und geflucht. Auch gezischte Schmähungen waren zu vernehmen.
    Maeander warf Dariel einen kurzen Blick zu. »Ihr seid der Seeräuber, nicht wahr? Ich erwarte nicht, dass Ihr etwas von Ehre versteht. Ich schlage lediglich vor, dass Aliver seinen Teil beiträgt, dass er sich von gleich zu gleich einem Gegner stellt und sich mit ihm misst.«
    Dariel spuckte aus. Mena berührte ihn am Ellbogen, doch er schüttelte ihre Hand ab. »Von gleich zu gleich? Ihr seid kein König. Ihr seid nicht Hanish. Weshalb sollte Aliver Akaran riskieren, dass Ihr ihn betrügt, wo es doch gar nicht um Euch geht? Ihr müsst wirklich verzweifelt sein.« Er wandte sich an die Zuschauer und sagte: »Es gibt nur eine Erklärung: Die Mein sind verzweifelt! Wir haben sie geschlagen, Freunde. Darum geht es.«
    Während lauter Jubel erscholl, wandte Maeander sich wieder an Aliver. »Nichts eint eine Armee so sehr wie ein Symbol. Falls - oder vielleicht sollte ich besser sagen: wenn - Ihr mich tötet, Prinz Aliver, dürft Ihr mir den Kopf abschlagen. Spießt ihn auf eine Stange und zeigt ihn der ganzen Welt. Maeander Mein ist tot! Aliver Akaran ist der Sieger! Eure Armee würde über Nacht auf doppelte Größe anschwellen. Die unterdrückten Massen - die größtenteils vergessen haben, wessen Stiefel sie zuerst in den Dreck gestoßen hat - würden sich in einer gewaltigen Woge erheben. Die Prophezeiungen sind erfüllt! Schicksal! Vergeltung!«
    Aliver schien dieses Gespräch nichts auszumachen. Er wirkte weder überrascht, noch verlangte es ihm merkliche Überwindung ab, dem Mann ins Gesicht zu blicken, der für die vielen Toten verantwortlich war. Interessiert beugte er sich leicht vor und hieß die Soldaten mit erhobener Hand schweigen. »Und wenn ich sterbe?«
    »Das wäre mir natürlich sehr recht«, sagte Maeander. »Euer Tod würde eine ganz ähnliche Wirkung haben. Zorn! Wut! Ihr würdet als Held dastehen, der sich für sein Land geopfert hat. Bisweilen weckt ein Märtyrer eigentümliche Formen der

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