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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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sprang aus dem Bett, und ihre Augen sprühten Funken.
    »Christine ...«
    »Die verdammte Bürokratie in diesem Krankenhaus ohne Gewissen!«, schimpfte sie mit zitternder Stimme. »Nur wegen denen?«
    Dawson sprang aus dem Bett und war blitzschnell bei ihr.
    »Und, ja«, fuhr sie in ihrer Wut fort, »diese inkompetente Polizei, für die du arbeitest! Wollen die, dass wir ihn sterben lassen?«
    Sie fing an zu weinen, und ein zerrissenes Schluchzen drang aus ihrer Kehle. Dawson legte seinen Arm um sie, hatte aber Mühe, sie zu halten, weil sie von ihm weg wollte. Er hielt sie trotzdem fest.
    »Ich bin bei dir, Christine«, sagte er. »Ich bin immer bei dir. Und ich lasse dich und Hosiah nicht im Stich. Niemals.«
    Irgendwann wehrte sie sich nicht mehr und weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.

7
    Nach dem nächtlichen Regen waren die Straßen in keinem Zustand, um Motorrad auf ihnen zu fahren, also nahm Dawson ein Taxi zur Arbeit. Die Pendelei war ein Albtraum. Einige Straßen und Kreuzungen waren komplett überflutet, was ein trauriges Beispiel für Accras jämmerliches Abwassersystem bot. Der Verkehr fand faktisch nicht statt, denn in alle Richtungen stand alles.
    Sein Telefon klingelte.
    »Morgen, Wisdom.«
    »Guten Morgen, Inspector! Wo sind Sie?«
    »Ich hänge auf dem Nkrumah Circle fest.«
    Wisdom stöhnte. »Aber Sie haben trotzdem Glück, denn ich habe gestern Abend mit Yves gesprochen, und er sagt, er macht das für uns.«
    »Okay, wann brauchen Sie das Foto?«
    »Heute. Können Sie es in einer guten Qualität einscannen und es mir schicken?«
    »Soll das ein Scherz sein? Wir haben ja kaum Computer im CID! Und Sie reden von Scannern?«
    »Wie? Kein einziger Scanner im ganzen CID? Das glaub ich nicht!«
    »Wenn Ihnen das so viele Gedanken bereitet, wieso kaufen Sie uns nicht einen?«
    Wisdom lachte.
    »Ich kopier das Bild für Sie«, bot Dawson an. »Mehr ist nicht drin.«
    »Warum kann ich nicht das Original kriegen?«
    »Wie? Ich soll Ihnen ein Original aus den Polizeiakten überlassen? Vergessen Sie’s, mein Freund.«
    »Okay, okay, also wo kann ich mir die Kopie abholen?«
    »Ich fahre heute noch nach Agbogbloshie. Wir können uns dort treffen, sagen wir vor dem Zollgebäude. Ich rufe Sie an, bevor ich losfahre.«
    Chikata erschien noch später zur Arbeit als Dawson.
    »Mann, ganz Accra steht unter Wasser.« Er stöhnte angewidert, als er sich neben seinen Boss an den alten, zerkratzten Schreibtisch setzte. »Na, egal, Morgen, Dawson.«
    »Morgen, Chikata.«
    Sie teilten sich mit neun anderen Detectives, deren Dienstgrade vom Constable bis zum Inspector reichten, ein großes offenes Büro. Wenn man Dawson irgendwann zum Chief Inspector beförderte, würde er in ein hübscheres Zimmer umziehen. Bis dahin blieb er in diesem kargen Raum im sechsten Stock des CID-Gebäudes, den Dawson und seine Kollegen gleichermaßen liebten und hassten. Ihre Klimaanlage bestand aus Fenstern mit Jalousien, durch die man zur einen Seite auf den Parkplatz sah, zur anderen auf den Laubengang.
    In dem Raum ging es zu wie in einem Ameisenhaufen. Einige Detectives nahmen Zeugenaussagen oder Anzeigen auf, andere liefen durch die immerzu offene Tür raus und rein. Und natürlich herrschte ein unsäglicher Lärm, den die Ermittler längst gelernt hatten auszublenden.
    »Haben sich gestern in Agbogbloshie irgendwelche Spuren ergeben?«, fragte Dawson.
    Chikata schüttelte den Kopf. »Ich hatte zwei Constables mitgenommen, und wir haben so viele Leute befragt, wie wir konnten, insgesamt an die hundertfünfzig. Aber nichts.«
    »Hundertfünfzig? Nicht schlecht. Und niemand wusste von einem vermissten Jungen, auf den die Beschreibung passt?«
    »Es hat überhaupt keinen interessiert.«
    »Vielleicht interessiert es sie mehr, wenn wir ein Bild von einem forensischen Künstler herumzeigen.«
    Chikata staunte. »Seit wann haben wir denn einen forensischen Künstler?«
    » Wir haben keinen, aber Wisdom Asamoah hat einen für mich aufgetrieben.«
    Chikata zog eine Grimasse. »Diese lästige Klette.«
    »Ach, meinetwegen kann er ruhig eine Klette sein.« Dawson zuckte mit den Schultern. »Solange für uns was dabei herausspringt, ist mir das egal.«
    Gegen vier winkte Dawson sich ein Taxi heran, das ihn erst zum Zollgebäude bringen sollte, wo er mit Wisdom verabredet war, und von dort nach Agbogbloshie. Wisdom gab er telefonisch Bescheid, dass er unterwegs war. Das Taxi kroch die Independence Avenue entlang, auf der Straßenhändler

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