Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
Vom Netzwerk:
zwanzig Klapptore, um die Wasserhöhe in der Flutsaison zu regulieren.«
    Vor dem Fänger lag ein Ausleger quer über der Lagune, derhelfen sollte, Treibgut abzufangen, und vor ihm staute sich der Müll so dicht, dass er wie eine große, feste Masse wirkte. Reiher standen darauf und pickten in dem Unrat nach Essbarem. Was konnten sie da bloß finden?
    »Und jetzt passen Sie gut auf, Inspector, Sir«, sagte Cuthbert. »Ein kleines Stück stromaufwärts vom Fänger sehen Sie den Agbogbloshie-Kanal, wo er in den Korle-Kanal fließt. Er ist nicht ganz leicht zu erkennen, weil er so viel schmaler ist als der Korle-Kanal.«
    »Ja, ich sehe es. Dort wurde die Leiche gefunden.«
    »Aha! Nun wissen Sie wieder, wo.«
    Der Agbogbloshie-Kanal lag stromaufwärts vom Fänger, folglich konnte die Leiche nicht dorthin gelangt sein, wenn sie ins Meer oder auch nur in die Lagune geworfen worden war. Selbst wenn eine extrem hohe Flut die Leiche mitgetrieben hätte, wäre sie spätestens beim Fänger gestoppt worden – das war schließlich dessen Sinn: größere Gegenstände abzufangen, bevor sie in den Agbogbloshie-Kanal gelangten. Was Dawson zur nächsten Frage brachte.
    »Könnte die Leiche den Odaw River flussabwärts in den Korle-Kanal und von dort in den Agbogbloshie-Kanal getrieben sein?«
    »Das bezweifle ich, Sir.« Cuthbert schüttelte den Kopf. »Eher wäre sie mit dem restlichen Abfall zum Ausleger getrieben. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht hätte das bei einer extremen Flut passieren können. Aber die hatten wir in letzter Zeit nicht.«
    »Demnach muss die Leiche an der Stelle abgelegt worden sein, an der sie gefunden wurde?«
    »Ja, Sir.«
    Dawson drehte sich um und sah die Lagune entlang. »Hier könnte es wunderschön sein. Gäbe es nicht das.« Er wies hinüber nach Agbogbloshie. »Im Ernst, Mr. Plange, was machen wir dagegen?«
    »Die Regierung siedelt sie alle um.«
    »Ach, siedelt sie um? Und wohin?«
    »An eine Stelle außerhalb der Stadt. Allesamt. Der Yam-Markt, der Holzmarkt, alles kommt weg.«
    »Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.«
    Cuthbert sah Dawson nachdenklich an. »Ich verstehe Ihre Zweifel, Inspector, und Sie sind nicht der Einzige, der es nicht recht glauben will. Viele Leute sagen mir: ›Verplempert eure Zeit nicht damit, hier den Müll herauszufischen, wenn er doch schneller wieder reingeschmissen wird, als ihr ihn herausangeln könnt.‹ Aber die frage ich bloß: ›Können wir es uns leisten, es nicht zu versuchen?‹ Eines Tages, wenn ich alt und grau bin, werde ich hierherkommen, mir das wunderschöne, klare Wasser der Lagune ansehen, in dem Leute fischen, schwimmen und segeln, und froh und dankbar sein, dass wir nicht aufgegeben haben.«

6
    An diesem Abend brach der Himmel auf und brachte sintflutartige Regenfälle über die Stadt. Gerade rechtzeitig hatte Dawson die Gräben um das Haus herum freigeräumt, die er eigens angelegt hatte, um das Regenwasser vom Fundament wegzuleiten.
    Mit dem ersten gezackten Blitz ging der Strom in der ganzen Straße aus und ebenso im gesamten Bereich zwischen Awudome Circle und Kaneshie-Markt. Laternenzeit. Dawson und Christine hatten beschlossen, Kenkey mit Fisch zu essen. Christine hatte den Fisch wegen Hosiah ohne Salz zubereitet, und sie aßen traditionell, nahmen das Essen also mit Fingern aus der großen Schüssel. Es war eine gesellige und vertraute Art, ein Mahl zu sich zu nehmen, vor allem bei Laternenschein.
    »Mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein«, sagte Dawson zwischen zwei Bissen. »Kenkey und Fisch. Und Malta.«
    »Sosehr wie du Kenkey magst, sollte man meinen, du bist ein Ga.« Christine lachte.
    Die Vorliebe der Ga, der Ureinwohner von Accra, für Kenkey war legendär, doch Dawson war halb Ewe, halb Fante. Dennoch sprach er fließend Ga wie auch Ewe, Fante und Twi, was größtenteils in der unteren Hälfte Ghanas verwendet wurde. Hausa, die Hauptsprache im Norden, beherrschte er nur rudimentär.
    Während sie plauderten, gab Dawson sich betont munter, obwohl er einen Kloß im Hals hatte, sowie er an Ediths Worte vom Mittag denken musste. Es tut mir so leid. Der Antrag wurde abgelehnt.
    Wann sollte er es Christine sagen? Heute Abend?
    Hosiah juchzte, als plötzlich die Lichter wieder angingen. Nach dem Essen spülte Christine das Geschirr, und Dawson badete Hosiah, bevor dieser ins Bett sollte.
    Als er ihn abtrocknete, fragte Hosiah: »Daddy, wenn das Loch in meinem Herz größer und größer wird, höre ich dann auf zu

Weitere Kostenlose Bücher