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Ach, Herbert (German Edition)

Ach, Herbert (German Edition)

Titel: Ach, Herbert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Grzesiak
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Umzugskisten brauchen für den ganzen Kram. Habt Ihr jetzt nicht Platz dafür? Für Ebay-Schnäppchen habe ich kein Geld mehr.
    Liebe Grüße,
    Deine Anne
     
     
    10. Juli
    Meine Liebe Anne,
     
    der Umzug ist ganz gut gelaufen und es ist auch schon wieder gemütlich bei uns.
    Umzugskisten kannst Du gerne haben. Schade, dass Du nicht mehr bei Ebay handelst. Wir haben doch noch die Eierpappen.
    Platz haben wir leider nicht für Deine Sachen. Ich habe zwar das ganze Apfelmus entsorgt, aber nun habe ich hunderte von leeren Gläsern, damit ich wieder Apfelmus einkochen kann.
    Ganz liebe Grüße,
    Deine Else

Else hat Geburtstag und bekommt fast Depressionen
     
    noch vier Wochen bis zum Geburtstag...
    Liebe Anne,
    wie Du ja weißt, habe ich in vier Wochen Geburtstag. Ich werde nicht feiern. 65! Das ist doch kein Grund zum Feiern. Pah! Alle machen so ein Gedöns darum. Aber davon hab ich auch nichts. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht.
    Ich lade Dich trotzdem ein. Aber schön wird das bestimmt nicht. Kannst ja gegen 16 Uhr hier sein, Kaffee werde ich schon haben.
    Alles Liebe,
    Deine Else
     
    noch dreieinhalb Wochen
    Meine liebe Else,
    na – das war ja mal eine Einladung. Das verstehe ich nicht. Wenn wir nicht schon 50 Jahre befreundet wären, wäre ich darüber belei digt gewesen. Was ist denn los? Dein Brief klang so depressiv. Freue Dich doch, Du gehörst zu den Jahrgängen die noch mit 65 in Rente gehen können. Das ist doch wunderbar.
    Natürlich komme ich. Soll ich Kuchen mitbringen? Was wünschst Du Dir?
    Ganz liebe Grüße,
    Deine Anne
     
    noch drei Wochen
    Liebe Anne,
    ich wünsche mir nichts, nur dass der Tag schnell vorbei geht.
    Sag mal, soll das ein Trost sein, dass ich mit 65 Jahren rentenberechtigt bin und dann nicht mehr arbeiten muss? Das gilt doch nur für Berufstätige. Aber so gut habe ich es ja nicht. Ich muss weiterarbeiten, ich habe ja Herbert.
    Eigentlich müsste man als Frau für jedes Ehejahr 50 Euro mehr Rente kriegen. Das wären bei bisher 44 Ehejahren 2.200 Euro im Monat, dazu die drei Babyjahre die für die Kindererziehung angerechnet werden! Ich könnte davon gut leben. Aber mich des halb scheiden lassen oder Herbert um die Ecke bringen, dazu habe ich keine Energie mehr. Ich werde eben alt.
    Bring nur keinen Kuchen mit, ich bin eh zu dick.
    Alles Liebe,
    Deine Else
     
    noch zweieinhalb Wochen
    Meine liebe Else,
    meine Güte, Du hast ja Depressionen! Wenn Du nach 44 Ehejahren überlegst, ob Du die Energie hast, Deinen Herbert um die Ecke zu bringen, lässt das tief blicken.
    Und das alles nur, weil Du 65 Jahre alt wirst? Das verstehe ich nicht.
    Mit 65 hat man noch viel Zeit, Papst zu werden oder Bundespräsi dent oder Bankenchef.
    Und hast Du schon einmal darüber nachgedacht, dass auch ich einen Haushalt führe trotz meiner Arbeit? Denkst Du, der macht sich von allein? Nun höre endlich mit Deinem Selbstmitleid auf und plane Deinen Ehrentag. Ich helfe Dir gerne. Und denk daran: mit 66 Jahren, da fängt das Leben an...
    Was wünschst Du Dir?
    Ganz liebe Grüße,
    Deine Anne
     
    Noch zwei Wochen
    Liebe Anne,
    ich soll noch Papst werden? Spinnst Du? Ich bin doch gar nicht katholisch. Und für die Wahl zur Bundespräsidentin kann ich mich auch nicht mehr aufstellen lassen, dafür ist es nun zu spät. Aber das Amt hätte mich gereizt. Dafür hätte ich eine natürliche Begabung.
    Ich habe schließlich meine Familie durch alle Stürme des Lebens gebracht. Nachdem aus den Kindern etwas wurde und Herbert jetzt auch ganz gut um sich zu haben ist, traue ich mir auch zu, Deutsch land zu vertreten. Das ist doch ein Klacks gegen meine Familie. Etwas repräsentieren kann ich ja schon. Im Sparclub bin ich Kassenwartin und früher war ich auch im Elternbeirat. Außerdem leite ich ja unseren Häkelbüddelclub. Und da gibt es Intrigen, Du würdest es nicht glauben. Da könnte ich Dir Sachen erzählen... aber ich schweife ab.
     
    Eine Frage noch: wenn das Leben mit 66 Jahren anfängt, warum soll ich dann meinen 65igsten feiern? Da kann ich auch bis zum 66igsten warten.
     
    Was soll ich mir den wünschen? Noch mehr Sammeltassen? Die kann ich nicht in den Geschirrspüler packen. Blumenpötte verwelken, wenn Herbert vergisst, sie zu gießen. Klamotten kaufe ich mir selbst. Also – wenn ich mir etwas wünschen würde, wäre es etwas, das unwiederbringlich ist, etwas Besonderes, nur für mich. Das hab ich Herbert auch gesagt. Und der Stoffel hat geantwortet, dann würde er mir eine neue Dauerwelle

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