Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achtmal kam der Tod Kommissar Morry

Achtmal kam der Tod Kommissar Morry

Titel: Achtmal kam der Tod Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
„Komm! Wir steigen ein!“
    Geschmeidig und lautlos zwängten sie sich durch den Fensterrahmen. Sie gerieten in die Diele. Zur Linken befand sich die schmale Halle, zur Rechten führte die Treppe in den Oberstock empor.
    „Hier ist das Laboratorium“, murmelte Tom Hawley und deutete auf die übernächste Tür. „Bleib du hier außen stehen. Ich kann ruhiger arbeiten, wenn ich den Rücken frei habe.“
    Er tappte auf die Tür zu und drückte die Klinke nieder. Sie gab sofort nach. Er brauchte nur einzutreten. Da er das Licht nicht einzuschalten wagte, mußte er sich mit seiner Stablampe behelfen. Er schirmte vorsichtig den Strahl ab und leuchtete in alle Ecken des großen Raumes. Er sah blitzende Reagenzgläser, Kolben und Retorten. In der hintersten Ecke glänzte der stählerne Tresor auf. Sofort ging Tom Hawley auf das mächtige Ungetüm zu. Er hatte den Panzerschrank schon fast erreicht, da blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. Verblüfft blickte er auf die aufgebrochene Tür. Das Schloß war mit der Burnleyzange herausgeschnitten worden, soviel sah er auf den ersten Blick. Die Leute, die hier gearbeitet hatten, waren Meister ihres Fachs gewesen. Sicher hatten sie auch gründlich ausgeräumt. Tom Hawley war jetzt schon davon überzeugt, daß er alle Fächer leer finden würde. Er zischte einen ärgerlichen Fluch durch die Zähne. Enttäuscht und verdrossen trat er an den Tresor heran. Zögernd machte er die schwere Tür auf. Es war so, wie er vermutet hatte. In den Fächern war alles durcheinander gewühlt. Schriften, Formelhefte und Tabellen lagen in wüster Unordnung herum. Von den Kapseln keine Spur. Fluchend kramte Tom Hawley die verstreuten Papiere durcheinander. Im nächsten Moment pfiff er überrascht durch die Zähne. Im Schein seiner Lampe funkelte eine gläserne Kapsel auf. Sie hatte die Form einer Birne und die Größe einer Faust. Die Glashülle war stark und so gut wie unzerbrechlich. Tom Hawley streckte gierig die Hände aus. Als er die Kapsel zwischen den Fingern spürte, wußte er plötzlich, warum man sie zurückgelassen hatte. Die gläserne Hülle war während des Einbruchs beschädigt worden. Sie hatte einem tiefen Sprung. Als Tom Hawley diesen Sprung näher untersuchen wollte, brach die Kapsel plötzlich zwischen seinen Fingern auseinander. Die gefährliche Flüssigkeit tropfte auf den Boden nieder. Graue, giftige Dünste stiegen empor; bläuliche Dämpfe kletterten gierig an Tom Hawley hoch.
    Der jähe Schreck lähmte seine Glieder. Die Furcht scheuchte seine Gedanken wie einen Insektenschwarm durcheinander. Er war unfähig, einen Schritt zu tun.
    Hallo, Jeff, wollte er rufen, aber die Worte erstickten ihm in der Kehle. Er brachte keinen Laut hervor. Eine nie gekannte Übelkeit stieg in ihm auf und ein heftiger Brechreiz überfiel ihn. Ein gurgelndes Stöhnen brach über seine Lippen. Er griff sich an den Hals und schwankte halb besinnungslos auf das nächste Regal zu. Seine Hände suchten nach einem Halt und fegten ein paar Flaschen vom Regalsims, daß die Scherben klirrten. Dann wurde es ihm schwarz vor den Augen. Er konnte sich nicht mehr aufrecht halten. Müde und schlaff sank er in die Knie und schlug gleich darauf schwer zu Boden. Dann wußte er nichts mehr. Es wurde Nacht um ihn. —  
    „Was ist denn, Tom?“, rief Jeff Frewin von draußen herein.
    „He, was ist passiert? Verdammt, gib doch endlich Antwort!“
    Er wartete vergebens. Tom Hawley rührte sich nicht. Es regte sich überhaupt nichts mehr im Laboratorium. Kein Laut drang in den Flur heraus. Ein paar Herzschläge lang verharrte Jeff Frewin regungslos wie eine Statue. Eine schreckliche Ahnung dämmerte in seinem Hirn. Seine Nerven begannen schmerzhaft zu vibrieren. Sie zitterten wie überspannte Saiten. Die plötzliche Angst fraß sich wie ein Dolchstich in ihn hinein.
    „He, Tom!“, rief er noch einmal. Dann stürmte er hastig in den Laborraum hinein. Da er keine Lampe bei sich trug, knipste er einfach den Schalter an. Fünf, sechs Neonröhren flammten auf. Ihr fahles Licht fiel auf den erbrochenen Tresor und auf giftig schwelende Dämpfe. In diesem Augenblick entdeckte Jeff Frewin das leblose Bündel auf dem Boden. Er stierte entgeistert in ein blutleeres, verfallenes Gesicht und in zwei verglaste Augen. Liier gab es nichts mehr zu tun für ihn. Auf den ersten Blick sah er, daß Tom Hawley nicht mehr zu helfen war. Aber er selbst konnte sich vielleicht noch in Sicherheit bringen. Er mußte weg aus diesem Raum.

Weitere Kostenlose Bücher