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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mittermeier
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Verliese der Hormonburg fristet es ein einsames Dasein. Tief im Kerker der verdrängten Gefühle zerrt etwas an den Ketten. Hat schon mal jemand Eltern getroffen, die später wirklich die Reisen gemacht haben, die sie mit Kindern nicht mehr unternehmen konnten?
    Ich spüre natürlich die unterschwelligen Schwingungen meiner natürlichen Feinde: »Jetzt mit Kind kann er auch nicht mehr so, wie er will, he he he.« Jopp! Gutes Argument. Touché zurück. Ich habe mir auch schon mal einen Grabstein auf dem obengenannten Friedhof ausgesucht. Ja, Globetrotter-Michl, es ist vorbei, rien ne va plus, finito. Meine Frau und ich sind ja in den vergangenen 15 Jahren viel in der Weltgeschichte rumgereist und haben am liebsten in ganz kleinen kuscheligen Lodges übernachtet, nicht in irgendwelchen Hotelbunkern. Klein, fein, ruhig. Oft war ein Auswahlkriterium: »No children under twelve allowed!« Das ist ein Gütesiegel wie »Made in Germany«, da weiß man, was man hat. Ruhe am Pool und kein Besuch von Kevin und seinen Spielgesellen. Das waren noch Zeiten. Damals vor dem Krieg. Ich traue mich jetzt auch nicht bei unseren früheren Urlaubs-Locations anzurufen und zu fragen: »Wir haben bei Ihnen schon mal gewohnt, gilt da dann diese Regel auch?«
    »Jopp!«
    »Unsere Tochter ist ganz brav!«
    »Ist sie unter zwölf?«
    »… na ja, etwas.«
    »Hmmm.«
    »Okay, dann halt nicht.«

[Menü]
    Abenteuer Spielplatz
    Es gibt aber auch Orte, zu denen man besser nur mit Kindern fährt: Gehe nie als Kinderloser auf einen Kinderspielplatz! Tu es nicht! Da hast du nichts zu suchen! Das ist, als ob ein verletztes Gnu auf ein Löwenpicknickgelände spazieren würde. Die wittern es sofort und greifen an – ich meine natürlich die Mütter. Die spüren, dass du kein Kind hast. Die schauen dich nur einmal an, saugen kurz die Luft ein und sagen dann: »Dieser Loser hat noch nicht gezeugt.«
    Als ich vor einiger Zeit, noch kinderlos, mit meinem vierjährigen Patenkind in Berlin auf einen Spielplatz gegangen bin, wurde ich kurz gescannt, und dann war die Diagnose klar: »Ein Mann, der noch nicht gezeugt hat, allein mit Kind, der ist schwul und hat die adoptiert.« Du sitzt dann da unter Müttern und fühlst dich wie – um mit Karl May zu sprechen – »Unter Geiern«.
    Es war für mich ein schräges Erlebnis, als ich mich da zum ersten Mal seit wohl 30 Jahren auf einem Kinderspielplatz befand. Das ist eine völlig neue Welt. Ich betrat Caprona und staunte. Spielplätze sind ja nicht mehr wie früher. Als ich ein Kind war, da war ein Kinderspielplatz ein größerer Sandhaufen. Die Eltern haben einen reingesetzt und gesagt: »Mach einen Sandkuchen, iss ihn auf, sei still, und passt scho!«
    Spielplätze heute, das sind Indiana-Jones-Abenteuergelände, mit drei Meter hohen Palisadenwänden, wackelnden Hängebrücken, Kletterschnickschnack und Spiralenrutschen. Ich stand da mit meinem Patenkind und dachte, die lass ich hier niemalshoch. Ich habe das Gefühl, dass Abenteuerspielplätze von Kinderhassern entworfen werden. Die sitzen daheim am Zeichentisch und lächeln leise vor sich hin: »Keines wird überleben!«
    Berliner Kinder sind allerdings irgendwie anders. Die sind taffer als andere Kinder. Da laufen Fünfjährige rum, bei denen denkt man sich, die haben sicher schon mal ein Haus besetzt. Die sind offensiver. Einer sprach mich an: »Hey, du Großer, ick bin der Paul, wa!«
    »Hallo, Paul Wa. Da hast du ja einen schönen Nachnamen.«
    Er hat den Joke natürlich nicht verstanden, wa. Und Paule fragte mich: »Soll ick dir was zeigen?«
    »Ja, Paul, was kannst du denn Schönes?«
    »Kiek mal!«
    Er sprang auf ein Stück Holz und wieder runter. Und ich war einfach ehrlich: »Hey, Paul, das kann jeder Analphabet mit fünf!«
    Ja, im Nachhinein hat es mir auch leidgetan. Als Kinderloser findet man nicht die richtigen Worte für schöne Lügen. Das ist der Vorteil, wenn man keine Kinder hat: Man darf noch gemeine ironische Gedanken über Kinder haben, ohne dabei denken zu müssen »mein Gott, es könnte meins sein, lass ihn doch« – also ohne schlechtes Gewissen. Und man ist noch einigermaßen immun gegen flehende Kinderaugen. Eltern hingegen verlieren den Verstand, wenn ihre Kinder sie anblicken, als ob die Welt zusammenbricht, und dann eine perfekte Schweinchen-Babe-Parodie hinlegen: »Willst du meine Mama sein?«
    Aber auch Kinderlose haben ein Herz. Auf diesem Spielplatz in Berlin bekam ich eine Zukunftsvision: Ich werde irgendwann einmal mit

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