Achtzig Gedichte
DÃMMERUNG
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VERFALL
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.
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DAS GRAUEN
Ich sah mich durch verlassâne Zimmer gehn.
â Die Sterne tanzten irr auf blauem Grunde,
Und auf den Feldern heulten laut die Hunde,
Und in den Wipfeln wühlte wild der Föhn.
Doch plötzlich: Stille! Dumpfe Fieberglut
LäÃt giftige Blumen blühn aus meinem Munde,
Aus dem Geäst fällt wie aus einer Wunde
Blaà schimmernd Tau, und fällt, und fällt wie Blut.
Aus eines Spiegels trügerischer Leere
Hebt langsam sich, und wie ins Ungefähre
Aus Graun und Finsternis ein Antlitz: Kain!
Sehr leise rauscht die samtene Portiere,
Durchs Fenster schaut der Mond gleichwie ins Leere,
Da bin mit meinem Mörder ich allein.
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ANDACHT
Das Unverlorne meiner jungen Jahre
Ist stille Andacht an ein Glockenläuten,
An aller Kirchen dämmernde Altare
Und ihrer blauen Kuppeln Himmelweiten.
An einer Orgel abendliche Weise,
An weiter Plätze dunkelndes Verhallen,
Und an ein Brunnenplätschern, sanft und leise
Und süÃ, wie unverstandnes Kinderlallen.
Ich sehâ mich träumend still die Hände falten
Und längst vergessene Gebete flüstern,
Und frühe Schwermut meinen Blick umdüstern.
Da schimmert aus verworrenen Gestalten
Ein Frauenbild, umflort von finstrer Trauer,
Und gieÃt in mich den Kelch verruchter Schauer.
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DÃMMERUNG
Zerwühlt, verzerrt bist du von jedem Schmerz
Und bebst vom MiÃton aller Melodien,
Zersprungne Harfe du â ein armes Herz,
Aus dem der Schwermut kranke Blumen blühn.
Wer hat den Feind, den Mörder dir bestellt,
Der deiner Seele letzten Funken stahl,
Wie er entgöttert diese karge Welt
Zur Hure, häÃlich, krank, verwesungsfahl!
Von Schatten schwingt sich noch ein wilder Tanz,
Zu kraus zerriÃnem, seelenlosem Klang,
Ein Reigen um der Schönheit Dornenkranz,
Der welk den Sieger, den verlornen, krönt
â Ein schlechter Preis, um den Verzweiflung rang,
Und der die lichte Gottheit nicht versöhnt.
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CONFITEOR
Die bunten Bilder, die das Leben malt
Sehâ ich umdüstert nur von Dämmerungen,
Wie kraus verzerrte Schatten, trüb und kalt,
Die kaum geboren schon der Tod bezwungen.
Und da von jedem Ding die Maske fiel,
Sehâ ich nur Angst, Verzweiflung, Schmach und Seuchen,
Der Menschheit heldenloses Trauerspiel,
Ein schlechtes Stück, gespielt auf Gräbern, Leichen.
Mich ekelt dieses wüste Traumgesicht.
Doch will ein Machtgebot, daà ich verweile,
Ein Komödiant, der seine Rolle spricht,
Gezwungen, voll Verzweiflung â Langeweile!
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METAMORPHOSE
Ein ewiges Licht glüht düsterrot,
Ein Herz so rot, in Sündennot!
GegrüÃt seist du, o Maria!
Dein bleiches Bildnis ist erblüht
Und dein verhüllter Leib erglüht,
O Fraue du, Maria!
In süÃen Qualen brennt dein SchoÃ,
Da lächelt dein Auge schmerzlich und groÃ,
O Mutter du, Maria!
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BALLADE
Ein Narre schrieb drei Zeichen in Sand,
Eine bleiche Magd da vor ihm stand.
Laut sang, o sang das Meer.
Sie hielt einen Becher in der Hand,
Der schimmerte bis auf zum Rand,
Wie Blut so rot und schwer.
Kein Wort ward gesprochen â die Sonne schwand,
Da nahm der Narre aus ihrer Hand
Den Becher und trank ihn leer.
Da löschte sein Licht in ihrer Hand,
Der Wind verwehte drei Zeichen im Sand â
Laut sang, o sang das Meer.
ROMANZE ZUR NACHT
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DIE JUNGE MAGD
1
Oft am Brunnen, wenn es dämmert,
Sieht man sie verzaubert stehen
Wasser schöpfen, wenn es dämmert.
Eimer auf und nieder gehen.
In den Buchen Dohlen flattern
Und sie gleichet einem Schatten.
Ihre gelben Haare flattern
Und im Hofe schrein die Ratten.
Und umschmeichelt von Verfalle
Senkt sie die entzundenen Lider.
Dürres Gras neigt im Verfalle
Sich zu ihren FüÃen nieder.
2
Stille schafft sie in der Kammer
Und der Hof liegt längst
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