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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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arbeitsscheu?«
    Seine Leute starrten teilnahmslos vor sich hin, während imHerd das Feuer knackte, die Brühe blubberte und der Hühnerduft allen den Schweiß auf die Stirn trieb.
    Zwei Soldaten wurden angewiesen, die Zimmer zu durchsuchen. Man hörte ihre verhaltenen Stimmen, leises Gepolter. Sie schienen nichts mutwillig zu zerstören. Aroldo schaute verstohlen die Kameraden an. Luigi, der erst drei Wochen bei ihnen war, geflohen vor dem Einberufungsbefehl der Faschisten, genauso wie Beppe und Aldo. Lorenzo war erst siebzehn. Er hatte beide Brüder im Abessinienfeldzug verloren. »Wenn ich sterbe, dann nicht für den Duce«, hatte er gesagt und die Faust zum kommunistischen Gruß erhoben, obwohl er noch nie ein Wort von Karl Marx oder Antonio Gramsci gelesen hatte. Aroldo dachte an seinen Lederbeutel, in dem sich ein vierter Pullover, eine wollene Unterhose und ein Korken befanden. Darin steckte ein kleiner Zettel für den Posten in Cento, ein Kassiber. Aroldo kannte den Inhalt nicht, es war ihm verboten, ihn zu lesen. Aber wenn die Deutschen ihn fanden, würde man sie erschießen, die Bauersleute inbegriffen.
    Aroldo wurde steckbrieflich gesucht. Sein Bild hing in Bologna an jeder Hausecke. »Der Pfeifer«, das war sein Spitzname, fünf Kilo Salz und fünftausend Lire wurden für seine Ergreifung geboten. Partisanen zu denunzieren war seit Monaten die einzige Chance, an Salz zu kommen.
    Der Offizier stellte sich vor den Bauern und sagte: »Wir haben einen Hinweis aus der Bevölkerung bekommen.«
    Der Bauer antwortete nicht.
    »Dem müssen wir nachgehen, das ist unsere Pflicht, verstehen Sie? Sie sollen hier Saboteure verstecken.«
    »Behauptet mein Nachbar Sabelli das? Der war schon immer auf meine Felder scharf«, sagte der Bauer.
    Der Offizier schüttelte den Kopf. »Wir kennen keinen Sabelli. Der Hinweis kommt aus berufenem Mund.«
    Die beiden Soldaten kehrten in die Stube zurück. Sie schütteltenden Kopf. Das Funkgerät krachte, und der Funker setzte den Kopfhörer auf, schraubte an den Reglern und fing an, sich Notizen zu machen.
    »Wie heißen Sie?«, fragte der Offizier Aroldo.
    Aroldo nannte seinen Decknamen, sein fingiertes Alter, seinen Geburtsort, ein winziges Dorf im Po-Delta, wo sie das Geburtsregister vernichtet hatten, damit die Faschisten keine Einberufungsbefehle zustellen konnten.
    »Wo waren Sie die ganze Nacht?«
    »In Bologna.«
    Aroldo musste sich verkneifen, die anderen anzuschauen.
    »Sie wissen, dass eine Ausgangssperre herrscht.«
    »Ich bin gestern Nachmittag losgegangen und erst um sechs Uhr heute Morgen wieder aufgebrochen.«
    »Wo haben Sie übernachtet?«
    »Bei einem Freund.«
    Aroldo nannte Namen und Adresse.
    »Was hatten Sie in Bologna zu suchen?«
    »Fahrradschläuche.«
    Das Gesicht des Deutschen entspannte sich ein wenig. Offensichtlich hatten alle dasselbe gesagt.
    Der Funker rief den Offizier an den Apparat. Dieser nahm den Hörer, presste ihn sich ans Ohr, legitimierte sich und sagte mehrmals: »Jawohl.«
    »Ich bin Angehöriger der Wehrmacht«, sagte der Offizier, nachdem er aufgelegt hatte. »Ich halte mich an Kriegsrecht.« Er war rot im Gesicht.
    Er zündete sich eine weitere Zigarette an, rauchte hektisch und ging auf und ab.
    »So nehmen Sie doch Vernunft an!«, schrie er den Bauern an. »Sie setzen Ihr Leben aufs Spiel.«
    Plötzlich hörte man in weiter Ferne ein Grummeln, dann einzelneSchläge. Als ob ein Gewitter heranrollte. Aber alle im Raum hatten geschulte Ohren. Das war Artilleriefeuer, etwa dreißig Kilometer entfernt. Einer der Soldaten schaute aus dem Fenster, dann sandte der Funker einen Spruch ab.
    Das musste sie sein, die lang ersehnte Offensive. Sie brach mit ungeheurer Gewalt los und schien schon die Vororte Bolognas erreicht zu haben. Die Deutschen wurden hektisch. Zwei Soldaten stürmten hinaus, holten das Krad aus einem Gebüsch und den gepanzerten Funkwagen aus dem Schweinestall. Der Offizier schaute Aroldo und seine Kameraden an. Sollte er sich an die Genfer Konvention halten? An seine Soldatenehre? Acht Patronen sparen? Dann mochten ihm seine Kameraden einfallen, die er mit geplatztem Schädel, abgerissenen Gliedmaßen oder in Großwildfallen hatte verbluten sehen. Scheiß auf die Genfer Konvention! Wir haben den Italienern in Griechenland, in Afrika, auf dem Balkan den Arsch gerettet. Und das ist der Dank. Sie kämpfen nicht wie Männer, sondern schießen aus dem Hinterhalt, lockern Bahngleise, erstechen uns im Schlaf, mischen sich unter

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