Acqua Mortale
abwarten.
Die beispielhafte Kameradschaft in unseren Reihen erlaubte mir, meine Haut zu retten, außerdem den Großteil meines Vermögens, vor allem die Ölgemälde. Ich lebte in Kolumbien mit neuer Identität und brachte es durch eiserne Selbstdisziplin und harte Arbeit sogar zu einem gewissen Wohlstand.
In wenigen Wochen wird Dir im Hafen von Genua eine Containersendung zugehen. Darin wirst Du alles finden, was einst die Pracht unseres Hausstandes ausmachte. Die nicht unbeträchtlicheBarschaft wird auf das Konto Deiner Mutter überwiesen werden.
Vielleicht fragst Du Dich, warum ich die Gemälde und einen Teil des Geldes nicht früher nach Italien geschickt habe. Es war mir nicht möglich. Sie bildeten die Grundlage meiner materiellen Existenz, die Gemälde konnte ich erst nach Liquidierung meiner Firma zurückkaufen. Außerdem wollte ich nicht, dass vor meinem Ableben mein Aufenthaltsort bekannt wird. Womöglich der einzige Akt der Feigheit, den ich mir vorzuwerfen habe, wohlgemerkt keine Feigheit vor dem Feind, sondern vor dem Menschen, den ich mehr als alles sonst auf dieser Welt geliebt habe.
Ich hoffe, dass Du mit diesem Wissen und den neuen finanziellen Möglichkeiten Deinen Teil zur nationalen Wiedergeburt beitragen und überdies ein angenehmes Leben führen kannst. Und vielleicht ist es Dir Trost zu wissen, dass das meinige es ebenfalls war. Wäre nicht die Trennung von Dir und meiner geliebten Frau gewesen, so würde ich es unumwunden als glücklich bezeichnen.
Bitte grüß auch Deine Mutter herzlich von mir. Ihr wird ein gesonderter Brief zugehen.
In treuer Liebe,
Dein Vater Ettore.«
Ida schaute noch einmal den Stapel durch. Es war kein zweiter Brief dabei, keine Zeile für sie. Sie sprang, ohne Hilfe ihres Stockes, vom Stuhl auf und fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen. Sie stellte sich vor, wie ihr Mann, damals Mitte dreißig, kakaobraune Flittchen auf seinem Schoß reiten ließ und mit weltmännischer Geste alkoholische Getränke bestellte. »Eiserne Selbstdisziplin«, zischte sie durch die Zähne und lachte verächtlich. Sie steckte den Brief in den Umschlag zurück. Der Brief gehörteihrem Sohn. Es war sein Recht, die Wahrheit zu erfahren. Aber würde diese Wahrheit ihm nützen? Würde diese Wahrheit Italien nützen? Nein. Sie konnte nur Zweifel säen. Dass Ettore die Ideale verraten hatte, entwertete diese Ideale nicht. Sie selbst würde sich um den Container kümmern, die Bilder würde sie heimlich gegen die Kopien austauschen. Der einfältige Alberto würde den Unterschied wohl nicht bemerken.
Sie entzündete die Holzscheite, die zu dieser Jahreszeit nur noch zu dekorativem Zweck im Kamin ihres Arbeitszimmers aufgeschichtet waren, und steckte den Brief hinein.
Der Kampf musste weitergehen.
Danksagung
Dieses Buch ist ein Werk der Phantasie. Aber die darin erzählten Geschichten nehmen ihren Ausgangspunkt in authentischen Geschehnissen. Viele Figuren sind realen Persönlichkeiten nachempfunden, die ich in den letzten Jahren bei Recherchen in der Flusslandschaft kennen – und schätzen gelernt habe.
Mein Dank gilt Edgardo Azzi von der ARNI, den Flussvermessern Mario und Angelo, außerdem Romano Gialdini, Gianluca Bonazzi, Gianluca Bortolotti, Filippo Parisini, Don Bugada, Udo Toniati und Roberto Antico.
Ich danke den Angestellten der AIPO sowie Maurizio Farina und Alessandro Buzzoni von der Flussregulierungsbehörde.
Carlo Bassi verriet mir seine jüngsten Entdeckungen zur Kosmologie im Grundriss der Stadt Ferrara, und Ennio Guirrini, der im Stadion der SPAL aufgewachsen ist, öffnete mir das Archiv seiner Erinnerungen und seines Herzens.
Ganz besonders fühle ich mich den Partisanen Aroldo Tomelelli und Renato Italiano verpflichtet, die mir aus erster Hand von den Kämpfen um Bologna berichtet haben.
Nicht vergessen möchte ich Katrin Oppmann, die mir stets in medizinischen Fragen weiterhilft, noch weniger meine Eltern und meine Frau, die aufmerksam und kritisch eine erste Fassung gelesen haben. Des weiteren Claudio Barbujani, Fabio Vallieri, Riccardo Bregola, Michele Frabetti, Riccardo Venturi, Ornella Fiorini, Nino Zen und Alfio Antico. Auch Matthias Manzke, Tanja Rauch und Peter Henning seien bedankt für ihre geduldige Aufbauarbeit und ihre konstruktiven Kommentare.
Dr. Dieter Jost, der über all die Jahre ein offenes Ohr für Sujets aus der Po-Ebene hatte und auch die versponnensten Projekte beförderte, ist einer der Väter dieses Romans. Er hat sich immer schützend
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