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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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würden komisch gucken, sagte Bo. Ja, sagte ich und stellte mir vor,
wie Bo während des Gebets in der Erde wühlte und die Würmer in ein großes
Einmachglas legte, in dem sie sich wanden und ineinander verhakten.
    Er hätte Erde an den Knien und an den
Händen und er würde nicht mehr aussehen wie ein berufsmäßiger Trauernder und
der Pfarrer würde ihn nicht mehr fragen, ob er den Sarg tragen wolle, und dann
würde das Geld knapp.
    Was tust du sonst, fragte Bo.
Studieren, sagte ich und Bo fragte nicht mehr. Nach dem Abitur muss man sich
überlegen, was man machen möchte aus seinem Leben. Leo wusste es sofort und
Elisabet auch, sie wollte einfach dahin gehen, wo Leo hinging, und dort
irgendwas machen, wie sie es nannte. Leo wollte in eine Großstadt, um etwas zu
erleben, und dann mal sehen, sagte er.
    Das ist doch kindisch, sagte mein
Vater, als ich es ihm erzählte, eine Großstadt ist doch kein Lebensziel,
nichts, worauf man hinarbeiten könnte, und nichts, woraus sich einmal etwas
machen ließe. Aber die Liebe, sagte meine Mutter, die es romantisch fand, dass
Leo Elisabets Ziel war.
    Diese Kindsköpfe, sagte mein Vater,
der Angst hatte vor zu viel Gefühl und Leidenschaft und der befürchtete, dass
meine Mutter wieder sehnsüchtig wurde, wie er es nannte, und dann wieder dasaß
am Esstisch und sich kaum bewegte und nichts sagte. Manchmal weinte sie leise
und in diesen Zeiten standen keine Blumen auf dem Abendbrottisch.
    Was willst du machen, Ada, fragten sie
mich an einem dieser Abende mit Kaffee und Brot und ohne Blumen und ich wusste
es nicht, obwohl ich ständig darüber nachdachte. Ich wollte so vieles, aber
nichts davon war eine Ausbildung oder ein Studium.
    Ich zuckte die Achseln und sagte, weiß
nicht. Du musst doch wissen, was du magst, sagte meine Mutter, es muss doch
etwas geben, das dir wichtig ist. Ich mag euch und ihr seid mir wichtig, sagte
ich. Es war nicht gelogen und es klappte, sie war gerührt und strich mir über
den Arm. Liebes Kind, sagte sie und weinte ein wenig, denn sie war in dieser
Stimmung, und mein Vater hatte mich durchschaut.
    Muss melken, sagte Bo, willst du
mit. Ich wollte nicht, dieses Ziehen an den Eutern machte aus Bo etwas
Tierhaftes, weil seine Finger und die gleichmäßigen Bewegungen seines Körpers
mit der Kuh verschmolzen und Bo Kuh wurde und ich Bo schön fand, wie er war,
ohne Euter.
    Und, wie ist Bo, fragte mich meine
Mutter, als ich nach Hause kam und nach Schwein roch. Sie hatte am Fenster
gestanden und gewartet, und sie war aufgeregt wie ein Teenager, sie kicherte
und knuffte mich in die Seite. Wie soll er sein, sagte ich. Sag schon, Ada,
drängelte sie. Bo ist schön, sagte ich. Bo hat Schweine, sagte mein Vater, der
nicht aufblickte von seiner Zeitung und leise grunzte.
    Seit es Bo gab, holte er mich nicht
mehr von der Haustür ab und er begrüßte mich kaum. Er saß in seinem Lesesessel
und vergrub sein Gesicht in einer Zeitung oder einem Buch, und wenn er mit mir
sprach, dann über das Tagesgeschehen und die Politik im Großen und Ganzen.
    Wie läuft das Studium, fragte er. Gut,
sagte ich und er fragte, studiert Bo. Meine Mutter kam aus der Küche und
kicherte, ja, er studiert Sauerei. Ich war ihr dankbar und mein Vater verkniff
sich das Lachen hinter einem ernsten Gesicht und verschwand wieder in den
Lokalnachrichten.
    Fühlst du es, fragte meine Mutter, der
es wichtig war. Was, fragte ich und sie sagte, die Liebe. Ich fühlte in mich
hinein und sah mein Blut rauschen und mein Herz schlagen, aber Bo sah ich
nicht.
    Ja, sagte ich, ich fühle es, und meine
Mutter sah glücklich aus und beruhigt. Ihr war es egal, ob Bo Schweine hatte
oder Kultur, sie glaubte an die Liebe und daran, dass selbst ich sie irgendwann
finden würde. Der Zeitpunkt war jetzt, dachte sie, und es machte sie glücklich,
denn so war es normal und die viele frische Luft bei Bo färbte meine Wangen
rot. Jetzt siehst du nicht mehr so blass aus, sagte sie.
    Sie nahm mich in den Arm, was mir
unangenehm war, ich ließ mich nicht gern anfassen, auch nicht von meiner
Mutter, und nun hielten mich ihre Hände und Arme und sie drückte mich an sich
und sagte, wie schön.
    Ich versuchte, ihr zu entkommen, da
trällerte sie, die Liebe, Ada, und ich hoffte, sie würde bald wieder normal
werden, und dachte an Bo, und dass sie mehr von der Liebe sprach als er. Seine
Leitsau heißt Siegfried, sagte mein Vater.
    Gibt es an der Uni keine Jungs, fragte
mein Vater. Ich dachte an die dünnen Männer mit den

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