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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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wären die
Wörter gewesen, aber die hatte ich nicht, nicht einmal genug, um es Bo zu
sagen. Sie hat es im Kopf, hatte mein Vater gesagt, nicht in den Beinen, und
nun rannte ich durch die Stadt, weil ich es auch nicht im Kopf hatte, und meine
Beine trugen mich weit, und als es hell wurde, stand ich still und rief meinen
Vater an.
    Er ist weg, sagte ich in die
Telefonzelle hinein, meine Stimme war mir fremd und mein Vater sagte, wer, und
ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, denn es waren wieder die Wörter gewesen,
die nicht bei mir waren, und das hatte noch nie jemand verstanden, nur Bo, und
der hatte die Liebe mitgenommen.

1
    Ich lernte Bo auf der
Beerdigung kennen. Wir trugen schwarze Kleider und hielten in der Hand ein
Gesangbuch. Mein Vater hatte ein Taschentuch in den Ärmel gesteckt, für alle
Fälle, hatte er gesagt. Wir hatten gebetet und der Pfarrer hatte von Engeln und
Rosen gesprochen, dann sangen wir und bei der dritten Strophe kam Bo. Ich sah
ihn und dachte an meine Mutter, die mich immer gefragt hatte, kannst du es
fühlen, Ada, und jetzt fühlte ich es und sah Bo an und mein Blick ging zu
meinem Vater, der meine Hand nahm und leise weinte.
    Er hatte mich angerufen ganz früh
am Morgen, aber wenn mein Telefon klingelte, nahm ich den Hörer nicht ab, weil
mir die Ausreden fehlten, wenn ich nicht in eine Kneipe wollte oder zum Tanzen
oder zu einem Vortrag.
    Sie fragten mich oft, ich weiß nicht,
warum, ich hatte bestimmt nicht diese Aura, von der man spricht, ich schottete
mich ab und kannte fast niemanden.
    Aber sie fragten mich manchmal nach
meiner Telefonnummer, und weil ich nicht spontan war in meinen Äußerungen, gab
ich sie ihnen. Wenig später riefen sie an und ich erkannte sie am Klingeln,
denn es war schriller und aggressiver. Sagte ich nein, standen sie zwei Stunden
später vor der Tür, sagte ich ja, in höchstens einer.
    Das ist ihr Jagdinstinkt, hatte mein
Vater gesagt und mich vor ihnen gewarnt, heimlich, damit es meine Mutter nicht
hörte, deren größter Wunsch doch war, dass ich ausging. Sie sind hartnäckig,
Ada, hatte er gesagt und mir einige Ausreden und K.O.-Gas mit auf den Weg
gegeben.
    Ich versuchte es mit den Ausreden. Ich
sagte am Telefon, nein, ich habe keine Zeit, heute gehe ich zum Tanztee. Der
andere lachte und sagte, du hast Humor, das gefällt mir, wann soll ich dich
abholen. Ich verwünschte meinen Vater und hatte mein erstes Date, bei dem es
blieb und von dem wir beide froh waren, dass es nach einer zähen Stunde vorbei
war, weil er sagte, ich muss gehen, ich habe ganz vergessen, dass ich noch eine
Hausarbeit fertig schreiben muss. Bis morgen, hatte er im Hinausgehen gerufen
und ich wusste nicht, ob er die Hausarbeit meinte oder mich. Ich war froh, als
er gegangen war. Er war nett, aber was soll man denn reden, mir fiel nichts
ein, ihm auch nicht, Musik interessierte mich nicht und er las nicht. Einen
Kaffee, hatte ich zu der blonden Kellnerin gesagt und er sagte, zwei, und riss
die Augen auf dabei. Er flirtete mit ihr und ich war froh, dass sie da war.
    Seitdem entwarf ich mein eigenes
Repertoire an Ausreden, die ich auf kleine Karteikarten schrieb und neben das
Telefon legte. Mein Ehrgeiz war geweckt und ich entwickelte ein reichhaltiges
Angebot, aus dem ich mich zunehmend häufiger bedienen musste, seitdem ich
studentische Hilfskraft am deutschen Seminar war. Die anderen Studenten
erhofften sich Einblick in die bevorstehenden Klausuren, die ich kopierte, und
deshalb wollten sie mit mir ausgehen.
    Als an diesem Morgen das Telefon
klingelte, war es nicht aggressiv, draußen war es noch dunkel und der Regen
trommelte gleichmäßig gegen die Scheibe. Das Klingeln drang wie aus einer
anderen Wirklichkeit in mein Ohr und als es mein schläfriges Bewusstsein erreichte,
zeigte der Wecker fünf Uhr fünfzehn.
    Komm sofort nach Hause, Ada, flüsterte
mein Vater am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme war von Tränen erstickt
und er schnäuzte sich laut in den Hörer. Es geht ihr nicht gut, ich weiß nicht,
was los ist, die Ärzte wissen es auch nicht, aber er war auch so jung, der
Arzt, weißt du, vielleicht ist er nicht gut genug, du musst kommen und nach ihr
sehen und dem Arzt sagen, dass wir einen anderen brauchen, einen mit grauen
Haaren und mehr Erfahrung.
    Ich fragte ihn nicht, was passiert
sei, an seiner Stimme hörte ich, dass es ernst war. Ich komme sofort, sagte
ich, wo bist du. Im Krankenhaus, antwortete er, dann legte er auf. Ich zog mich
rasch an, stürzte aus

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