Adam 01 - Die letzte Chance der Menschheit
Haar.
»Wo kommen Sie denn jetzt auf einmal her?«, fragte Adam. Er war sehr erleichtert, die Zauberin wiederzusehen, ebenso wie Shén Zilúng, die nicht von Zimungas Seite wich. Ihre Augen strahlten, als wäre sie davon überzeugt, dass nun alles gut werden würde.
»Oh, ich bin einfach nur in der Nähe geblieben«, erklärte Mrs Zimunga. »Ich dachte mir, dass vielleicht meine Unterstützung benötigt wird.« Sie nickte dem Sergeant freundlich zu. »Sie können mir vertrauen, Sergeant. Ich weiß, dass sehr viele Menschen verschwunden sind. Ich bin davon überzeugt, dass wir sie hier unten finden.«
»Dann können Sie mir auch sagen, wer die Entführer sind?«, fragte Lakota.
»Nein, ich verfüge zwar über eine ähnliche Gabe wie Shawi,« Sie lächelte der Polizeischülerin aufmunternd zu, »aber was sich dort im Tunnel befindet, kann ich ebenfalls nicht deuten. Jedes Lebewesen strahlt ganz individuelle Schwingungen aus, und normalerweise fühle ich, ob es eine Katze oder eine Maus ist. Doch das hier ist anders. Immerhin spüre ich sehr schwache Signale von menschlichen Wesen.«
»Dann sollten wir nachsehen«, sagte Sergeant Lakota. »Allerdings steht es jedem frei, jetzt an die Oberfläche zurückzukehren und dort zu warten.«
Niemand ging auf Lakotas Angebot ein, auch wenn Nia sichtlich Mühe hatte, ihre Furcht zu verbergen. Im Schein der Öllampen stiegen sie, einer nach dem anderen, vom Bahnsteig auf die Gleise.
***
Die Gruppe folgte dem Verlauf der Schienen. Die Tunnelwände schienen dabei immer näher an sie heranzurücken. Wasser, schmutzig schwarz und ölig im Licht der Lampen, hatte sich am Boden gesammelt. Eine elektrische Zugmaschine mit mehreren Lastenanhängern blockierte die Gleise. Während sie sich an dem Hindernis vorbeizwängten, glaubte Adam an der Decke kurz einen winzigen Lichtpunkt sehen zu können. Er war winzig und strahlte einen schwachen violetten Schimmer aus. Als er Delani darauf aufmerksam machen wollte, war der Punkt verschwunden.
Sergeant Lakota blieb plötzlich stehen. »Halt«, sagte er leise. »Hört ihr das auch?«
»Was denn?«, fragte Shén Zilúng.
Adam hielt seine Lampe in die Höhe, um besser sehen zu können. Das Licht reichte nur aus, um ein paar Meter Tunnel vor ihm zu erhellen, doch es war auf einmal so still, dass auch er es jetzt hören konnte. Ein leises Geräusch. Fast wie das Flüstern vieler Menschen.
»Die Entführten sind hier«, sagte Virginia Zimunga.
Vorsichtig, Schritt für Schritt, gingen sie weiter. Dann sahen sie die Menschen.
Die Chinesin stieß einen Schrei aus.
Der Boden des U-Bahn-Schachts war mit unzähligen Leibern bedeckt. Sie lagen so dicht beieinander, dass man befürchten musste, auf sie zu treten.
Sie verursachten das Geräusch, aber sie flüsterten nicht miteinander. Es war ihr vielstimmiges Atmen. Wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, wie sich der Brustkorb jedes Einzelnen kaum merklich hob und senkte.
»Was ist mit ihnen?«, fragte Nia mit ängstlicher Stimme.
Virginia Zimunga legte einem Jungen die Hand auf die Stirn und kontrollierte dann seinen Puls.
»Sein Herzschlag ist extrem verlangsamt, und er hat eine sehr niedrige Körpertemperatur.«
»Es sind ausschließlich junge Menschen«, stellte Nkala fest.
Shén Zilúng sah sich hektisch um. »John!«, rief sie leise. »John! Bist du hier?«
»Pssst!«, machte die Zauberin. »Selbst wenn John hier ist, kann er dich nicht hören. Er wird sich wie alle hier in einer Art Tiefschlaf befinden. Ich fürchte jedoch, dass die Entführer ganz in der Nähe sind.«
Adam betrachtete eine junge Frau neben dem Gleisstrang. Ihr Gesicht war völlig starr, aber ihr Körper wies keinerlei Verletzungen auf.
»Was sollen wir tun?«, fragte er und sah sich nervös um. »Es sind so viele. Wir können sie unmöglich alle hier rausbringen.«
»Wir brauchen Verstärkung«, sagte Delani und blickte den Polizisten Nkala herausfordernd an.
»Das können wir vergessen«, erwiderte Nkala. »Niemand wird kommen. Auch nicht eure Landsleute. Die bleiben schön beim Präsidenten, spielen Aufpasser und lassen es sich gut gehen. Simbabwe ist denen doch ansonsten scheißegal.«
Virginia Zimunga untersuchte mehrere der Bewusstlosen. Berührte sie mit den Handflächen und schloss dabei ihre Augen, um sich zu konzentrieren. »Furchtbar«, seufzte sie. »Sie träumen nicht einmal. Ihre Hirnaktivitäten sind nur darauf beschränkt, den Körper am Leben zu erhalten.«
»Aber sie müssen doch
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