Adelshochzeit 2
etwas über das heutige Trauerspiel, das du vielleicht gerne wissen möchtest. Es geht um den hinterhältigen Lump Bridgeman und wie er es schaffte, Helen dazu zu bewegen, mit ihm zu gehen.“
Jasons Kopf ruckte hoch, und er maß seinen Bruder mit zornfunkelnden Augen. „Ich höre.“
Jasons täuschend ruhige Stimme ließ Mark schaudern. Bridgeman tat ihm fast leid, und George Kingston ebenfalls. Denn ohne Zweifel hatte auch Helens Bruder seine Finger im Spiel gehabt, und der Tag der Abrechnung kam für beide schnell näher.
„Mrs. Kingston möchte Sie sehen, Ma’am.“ Helen sah von der Zeitschrift auf, in der sie lustlos geblättert hatte. Sie seufzte und spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, Iris nicht zu empfangen. Ohne Zweifel hatte ihre Schwägerin von den gestrigen Ereignissen erfahren und war gekommen, um ihre Häme über sie auszugießen.
„Oh, bitte schick sie fort, Helen!“ Charlotte ließ ihre Stickarbeit auf den Schoß sinken. „Sie ist bloß hier, um uns wegen der Geschichte mit Bridgeman auszufragen. Vielleicht hat sie dich in Vauxhall mit ihm gesehen. Aber George könnte ihr auch erzählt haben, dass der Kerl mich heiraten will, und dann ist sie wahrscheinlich eifersüchtig, weil sie selbst eine Schwäche für Bridgeman hegt.“
„Ich bin sicher, George hat nichts gesagt“, erwiderte Helen ruhig. „Er würde nicht damit prahlen.“ Insgeheim ahnte sie allerdings, dass Bridgeman derartige Skrupel nicht plagen würden.
Es war jedoch zu spät für eine Ausrede, da Iris ungeduldig geworden war und einfach an Betty vorbei in den Raum platzte.
Charlotte begrüßte Iris mit einem knappen Nicken und senkte den Blick. „Oh … da fällt mir ein, ich muss noch einen Brief zu Ende schreiben. Ich gehe kurz nach oben.“ Und damit sprang sie auf und eilte aus dem Salon.
„Bring uns Tee, Betty“, wies Helen das Hausmädchen an.
Iris zog die Handschuhe aus und nahm den eleganten Hut ab. „Du wirkst ein bisschen zerschlagen, meine Liebe“, sagte sie mit kaum verhohlener Befriedigung. „Was mich indes nicht überrascht.“
Helen atmete tief durch. Sie wusste, dass sie blass und übermüdet aussah. Fast die ganze Nacht hatte sie kein Auge zugetan, bis sie sich schließlich in den Schlaf geweint hatte. „Ist George nicht mitgekommen?“, fragte sie und fuhr fort, in ihrem Modejournal zu blättern.
„Nein, ich wollte nicht, dass er mich begleitet. Und ich bin froh, dass Charlotte gegangen ist, weil ich mit dir unter vier Augen sprechen möchte.“ Sie senkte die geschwärzten Wimpern und bedachte Helen mit einem bedeutungsvollen Blick. „Ich habe dir etwas Wichtiges mitzuteilen, und mir ist nicht danach, um den heißen Brei herumzureden. Ich weiß, dass du Hunters Mätresse bist. Oder vielmehr, dass du es warst.“
„Du sagtest, du willst mir etwas Wichtiges mitteilen?“, erwiderte Helen kühl, obwohl sie spürte, wie sie errötete.
Iris lächelte. „Du brauchst nicht die Prüde zu spielen, meine Liebe. Es ist allgemein bekannt, dass du eine Affäre mit ihm hattest.“ Iris setzte sich auf das Kanapee und strich ihre Röcke glatt. „Ich weiß, dass wir nicht immer die besten Freundinnen waren …“, sie schenkte Helen einen mitleidigen Blick, „aber er hat dich grausam behandelt, und ich finde, du solltest wissen, warum. Mir persönlich wäre es nämlich unerträglich, wenn ein Gentleman sich nur deswegen um mich bemüht, weil er Vergeltung üben will für ein Unrecht, das man seiner Schwester angetan hat.“
Mit geschickten Ausschmückungen, wenn auch ohne ausdrücklich zu lügen, berichtete Iris, was George ihr über seinen Versuch, Beatrice Hunter zu kompromittieren, verraten hatte. Sie fügte hinzu, dass George vermutete, Jason plane seit langer Zeit, sich dafür an ihm zu rächen.
Helens ohnehin schon blasses Gesicht hatte eine kalkweiße Färbung angenommen, als Iris zum letzten Schlag ausholte. Mit ernster Miene berichtete sie, dass sie am vorigen Abend beim Verlassen des Vergnügungsparks Zeugin geworden war, wie Diana Tucker Sir Jason Hunter vor seiner Kutsche auf den Mund küsste.
„Es steht natürlich außer Frage, dass sie keine Dame ist, aber ein solches Benehmen ziemt sich auch für einen Gentleman nicht.“ Iris nutzte Helens Sprachlosigkeit, um mit geheuchelter Entrüstung hinzuzufügen: „Dabei warst du noch keine Stunde davor mit ihm zusammen …“
17. KAPITEL
„Was zum Teufel willst du um diese Zeit von mir, Hunter? Die Sonne ist kaum
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