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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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beobachtete noch immer das Pärchen in der Ecke. »Sag mal … Irre ich mich, oder hat der Bursche wirklich ein Messer in der Hand?«
    Das weckte Steffens Aufmerksamkeit. »Ich kümmere mich darum«, sagte er drei Sekunden später und stand auf. »Bin gleich wieder da.« Wieselflink huschte er durch die Lücken zwischen den Tischen und an den Tanzenden vorbei, verschwand dann hinter der Theke.
    Sebastian trank einen Schluck Whisky und spülte mit Bier nach, während er weiterhin den Ecktisch im Auge behielt. Die Frau wirkte nicht nur eingeschüchtert, sondern auch verblüfft vom Verhalten ihres Begleiters; der hatte gerade telefoniert und sich anschließend merkwürdig verändert verhalten. Wieder das Blitzen in der linken Hand unterm Tisch - ja, der Kerl hatte tatsächlich ein Messer. Wollte er Jack the Ripper spielen?
    Ausgerastete Typen gab es genug. Man brauchte in Hamburg nur zu bestimmten Zeiten durch bestimmte Straßen zu gehen, und man sah sie massenweise. Aber irgendetwas sagte Sebastian, dass der Fall bei diesem Mann anders lag.

    Steffen erschien wieder, in Begleitung von zwei Rausschmeißern. Seriös und würdevoll gingen sie zum Ecktisch und sprachen dort den Mann an, der sehr überrascht war, als er sich plötzlich zwei Muskelpaketen in dunklen Anzügen gegenübersah. Einer von ihnen griff nach dem linken Arm mit dem Messer; der andere legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte zu. Sebastian beobachtete, wie Steffen einige Worte an den Burschen richtete; im Gesicht der Frau rangen Erleichterung und Sorge miteinander. Dann sah sie das Messer, riss die Augen auf und wich zurück.
    Die Musik wurde lauter, und der DJ rief etwas ins Mikro. Die Leute auf der Tanzfläche bewegten sich noch hektischer im bunten Lampenlicht, das im Takt der harten Techno-Klänge flackerte. Sebastian hob die Hände zu den Schläfen, als die Kopfschmerzen stärker wurden. Diesmal richtete der Alkohol nichts gegen sie aus.
    Die beiden Gorillas nahmen dem Typen diskret das Messer ab, zogen ihn dann auf die Beine und eskortierten ihn in Richtung Ausgang. Pretty Woman blieb am Tisch sitzen und starrte ihnen nach.
    Den anderen Leuten im Karussell fiel nichts auf. Sie tranken und tanzten, knutschten und koksten, und niemand von ihnen ahnte, dass es fast zu einer Tragödie gekommen wäre. Nur Sebastians Blick folgte dem Trio und natürlich der der Frau.
    Er rieb sich erneut die Schläfen, als das stechende Pochen im Kopf stärker wurde, leerte das Whiskyglas und stand auf. Ein Gefühl veranlasste ihn, den beiden Rausschmeißern und ihrem Klienten zu folgen - diese Sache war noch nicht beendet.
    Steffen stand neben der Tanzfläche und warf Sebastian einen
fragenden Blick zu. Der deutete auf den verhinderten Ripper und gab ihm dann mit einer Geste zu verstehen, dass er die Rechnung später begleichen würde. Steffen hob kurz die Hände: Wie du willst, Kumpel, aber die zweihundert Mäuse kriegst du nicht zurück.
    Draußen regnete es, und der nasse Asphalt glänzte im Licht der Straßenlampen. Die beiden Muskelmänner gaben dem Burschen zwischen ihnen einen Stoß, der ihn in eine Pfütze taumeln ließ. Einer richtete einen warnenden Zeigefinger auf ihn, und dann drehten sich die beiden Men in Black um und kehrten ins Karussell zurück.
    Sebastian blieb neben dem Eingang stehen und fragte sich, warum er den Platz im Warmen, bei Bier und Whisky, verlassen hatte. Gregor, die Russenmafia und das Ding bei den Landungsbrücken versprachen eine interessante Story, die sich gut bei Kesslers Zack! unterbringen ließ, am besten mit einigen Fotos von Blut und Gewalt. Dieser namenlose Typ hingegen, der in der Pfütze stand und wie ein Betrunkener schwankte … Welche Geschichte hatte er anzubieten, abgesehen von seinem vermasselten Ripper-Auftritt?
    Der Mann drehte sich langsam um, blieb in der Pfütze stehen und sah Sebastian an. Sein Gesicht war seltsam leer, aber in den Augen, ganz tief in ihnen, brannte etwas, das Sebastian schaudern ließ. Dieser Bursche, so begriff er, war nicht nur ausgeflippt, sondern vollkommen über der Kippe - selbst ein Wahnsinniger hätte ihn für irre gehalten.
    Einige Sekunden verharrte der Mann wie erstarrt, den feurigen Blick auf Sebastian gerichtet. Dann wandte er sich abrupt ab, ging zu einem in der Nähe stehenden Wagen, einem Japaner, öffnete ihn mit der Fernbedienung und stieg ein. Als wenige
Sekunden später der Motor aufheulte, lief Sebastian bereits zum nahen Taxistand und sprang ganz vorn auf den

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