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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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blickte über die Schulter zu den zielenden Schützen.
    »Nein. Wir sind Wissenschaftler.«
    Rodenski rief den Schützen zu aufzustehen und die Gewehre zu schultern. »Wir kennen uns hier nicht aus«, sagte er. »Das macht uns nervös. Und jetzt das noch! Unsere Offiziere sind in dem Haus – suchten einen Flüchtigen.« Er runzelte die Stirn, als er feststellte, dass er zu viel ausplauderte. »Bitte, probieren Sie, ob Sie die Tür aufbekommen.«
    Chang erklärte Wu die Situation, während man sie zum Bibliothekseingang führte, wo Wu die glatte schwarze Wand berührte.
    Die Irisblende öffnete sich nicht, was der Russe vorausgesagt hatte, Wu trat zurück und senkte die Hand. »Tut mir leid«, sagte er. »Scheint nicht …«
    Vibrierende Brummtöne drangen plötzlich aus der Wand. Dann eine Stimme: »Polizeieinsatz anfordern«, sagte sie auf Russisch. »Zutritt nur für Berechtigte. Bitte sofort Notarzt und Polizei verständigen. Kein Zutritt.« Diese Mitteilung wurde anschließend auf Englisch und Chinesisch wiederholt.
    Die Soldaten wichen mit gezückten Waffen zurück.
    »Es muss drinnen was passiert sein«, erklärte Chang. »Vielleicht sollten wir unsere Vorgesetzten verständigen.« Sie blickte Rodenski aus ihren Mandelaugen an und setzte eine betörende Miene auf. Wu bewunderte sie. Dass sie in einer kritischen Situation so reagierte, hätte er ihr nie zugetraut.
    Unteroffizier Rodenski überlegte kurz und schüttelte dann entschlossen den Kopf. »Was sollen wir tun, wenn sie nicht aufgeht?«, fragte er nachdenklich.
    »Im Moment geht sie nicht auf.«
    »Unsere Führer sind drin – sämtliche «, erklärte er.
    Chang sah ihn unentwegt an.
    »Ja – meinetwegen«, sagte Rodenski schließlich. »Gehen Sie Ihre Vorgesetzten holen, bitte!«
    »Danke«, sagte Chang. Sie nahm Wu beim Arm und ging mit ihm über den Platz zurück.
    »Eigenartig«, meinte sie und schüttelte verwundert den Kopf. »Sehr eigenartig.«
    »Hast du toll gemacht«, lobte Wu sie staunend.
    »Danke.« Sie lächelte geschmeichelt.

46
    Er hatte seinen Fallschirm vergraben und legte sich nun ins hohe, duftende gelbe Gras am Straßenrand. Die Hände über den Augen, wartete er auf eine Mitfahrgelegenheit nach Podlipki – oder war es der mongolische Stützpunkt, der nur mit der Nummer 83 bezeichnet war?
    Aber das spielte gar keine Rolle. Die Sonne war angenehm warm, und Major Mirski fühlte sich, von leichtem Kopfweh abgesehen, prächtig. Er war so weit abgetrieben worden, dass er einige Stunden bis zum Stützpunkt brauchte, wo er nun die Mahlzeit und den politischen Unterricht verpassen würde. Freilich tauschte er seine Kascha liebend gern für ein paar mußevolle Stunden ein.
    Schließlich kam ein staubiger schwarzer Wolga angefahren und hielt an. Das hintere Fenster wurde heruntergekurbelt, und ein beleibter Mann mit Doppelkinn und grauem Filzhut steckte stirnrunzelnd den Kopf heraus.
    »Was suchst du hier?«, fragte der Mann. Er glich Generalmajor Sosnitski, hatte aber auch etwas vom armen Zhadow, der beim Bohrlochmassaker – wo und wann immer das gewesen sein mochte – umgekommen war. »Wie heißt deine Mutter?«
    »Nadia«, sagte er. »Ich muss nach …«
    »Und was für einen Kuchen ga b’s an deinem elften Geburtstag?«
    »Ich verstehe nicht, Genosse …«
    »Das ist sehr wichtig. Was für einen?«
    »Schokoladentorte, glaube ich.«
    Der Mann mit dem Filzhut nickte und öffnete die Wagentür. »Steig ein!«, sagte er. Mirski zwängte sich neben ihn auf den Rücksitz. Die drei Begleiter des Mannes waren einander identische Leichen mit blutigem Kopf und auslaufendem Hirn. »Kennst du die?«
    »Nein«, antwortete Mirski und lachte. »Wir wurden einander noch nicht vorgestellt.«
    »Sie sind du, Genosse«, erklärte der Mann, womit der Traum verblasste. Wieder vergrub er seinen Fallschirm …
    Allmählich wurde er misstrauisch. Nachdem er zum siebten oder achten Mal – im Wagen ohne Leichen – mitgenommen worden war und der Mann mit dem Filzhut ihn über seine Komsomol-Zeit befragt hatte, stellte er selber Fragen.
    »Ich weiß, das ist kein Traum, Genosse. Also wo bin ich?«
    »Du bist sehr schwer verletzt.«
    »Ich kann mich nicht erinnern …«
    »Nein, aber bald. Du hast einen Kopfschuss mit Schädeltrauma. Teilweise zerstörtes Gehirn. Du wirst dich nicht mehr detailliert an alles in deinem Leben erinnern können und nicht mehr der Alte sein.«
    »Aber ich fühle mich ganz.«
    »Ja«, sagte der Mann mit Filzhut. »Das ist normal,

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