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Aeon

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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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allerdings eine Illusion. Gemeinsam haben wir nachgesehen und untersucht, was dir geblieben ist. An sich recht viel, erstaunlich viel, zieht man das Schadensausmaß in Betracht, trotzdem wirst du nicht mehr der …«
    »Ja, ja«, unterbrach Mirski. »Werd ich also sterben?«
    »Nein, du schwebst nicht mehr in Lebensgefahr. Dein Schädel und Hirn werden wiederhergestellt. Du stirbst nicht. Aber nun musst du dich entscheiden.«
    »Inwiefern entscheiden?«
    »Entweder die fehlenden Teile bleiben ausgespart, oder du erhältst prothetisch-neurologische Programme und künstliche Persönlichkeitssegmente, die auf das, was von dir geblieben ist, zugeschnitten werden.«
    »Jetzt versteh ich gar nichts mehr.«
    Der Mann zog ein bebildertes Buch aus seiner Mappe. Es war gefüllt mit herrlich komplexen Illustrationen. Er nahm das Buch und las es durch. Anschließend fragte er: »Werde ich wissen, was mir gehört und was nicht?«
    »Wenn du das möchtest.«
    »Und ohne die … Prothetik? Was wäre ich ohne die?«
    »Ein Krüppel. Die Erinnerung wird dir erhalten bleiben«, führte der Mann aus, »obschon zum Teil verschwommen und lückenhaft. Es wird Wochen dauern, bis du wieder sehen lernst. Besonders gut wirst du nie mehr sehen. Dein Geruchssinn wird dir fehlen, und deine linke Körperhälfte bleibt gefühllos. Das logische Denken bleibt intakt und die Sprache bestenfalls verstümmelt erhalten.«
    Mirski schaute in das Gesicht des Mannes, das mit dem Himmel hinter dem Fenster zu verschmelzen schien. »Klingt nicht sehr lustig«, meinte er.
    »Du kannst wählen.«
    »Du bist in der Bibliothek, nicht wahr?«
    »Was du siehst, täuscht«, sagte der Mann. »Ich bin eine städtische Funktion und so angepasst, dass ich akzeptabel bin für dich in deiner gegenwärtigen Verfassung. Menschliche Medizinkapazitäten stehen nicht zur Verfügung, sodass die Stadt selbsttätig deine Wiederherstellung übernimmt.«
    »Gut«, sagte Mirski, »das reicht mir vorerst. Ich wünsche mir nichts als Nacht.«
    »Ja, die wird sich von selbst einstellen, sobald du uns deine Entscheidung mitgeteilt hast.«
    »Ich meine, ich will sterben.«
    »Das steht nicht zur Wahl.«
    »Also gut: ja.« Er entschied sich schnell, um die schrecklichen Folgen nicht überdenken zu müssen.
    »Du bist mit prothetischer Programmierung einverstanden?«
    »Ich bin einverstanden.«
    Der Mann ließ den Wagen anhalten und lächelte. »Du kannst aussteigen«, sagte er.
    »Danke.«
    »Bitte.«
    Mirski stieg aus und schloss die Tür des Wolga. »Oh, noch eins«, sagte der Mann und beugte sich aus dem Fenster. »Hast du beabsichtigt, Belozerski, Vielgorski oder Jazikow – vor allem aber Vielgorski – was zu tun?«
    »Nein«, erwiderte Mirski. »Sie haben mich gestört, und ich wäre ohne sie – mit Ausnahme von Vielgorski vielleicht – besser zurechtgekommen, aber ich habe nicht vorgehabt, ihnen was zu tun.«
    »Danke«, sagte der Mann noch einmal und kurbelte das Fenster hoch.
    »Bitte sehr.« Mirski wandte sich von der Straße ab, und es war Nacht. Er legte sich ins Gras und starrte in die Schwärze hinauf.

47
    »Ich hätt’s gern dunkel«, sagte Lanier, und es wurde dunkel in den Räumen. Er saß aufrecht auf der illusorischen Couch und überdachte, was Patricia nach dem Treffen gesagt hatte. Alarm ausgelöst. Meinte sie damit, dass man in Axis City schon seit ihrer Ankunft von den Menschen auf dem Stein gewusst habe? Wie lange hatte der totale Selbstversorger Olmy sie schon beobachtet?
    Während er das überlegte, spürte er, wie sich da unten was regte, obwohl er gar nicht in Stimmung war; aber sein Körper schien andrer Meinung zu sein.
    Die Türstimme meldete sich. »Karen Farley steht draußen und möchte herein.«
    »Wieso?«, fragte er schroff, denn der nicht ungelegene Zufall ärgerte ihn. »Wart mal – ist sie allein?«
    »Ja.«
    »Schick … lass sie rein!« Er stand auf und strich den Overall glatt, den er im V/STOL getragen hatte und der inzwischen gereinigt worden war. Den eigens bereitgelegten Bademantel auf dem elliptischen Einzelbett im Schlafraum hatte er verschmäht.
    Nicht so Karen. Als die Tür sich blendenartig aufschob, ging Licht an, und Karen schwebte herein in einem ähnlichen Bademantel, der in ihrem Fall nicht nachtblau, sondern goldbeige war. »Verzeih, dass ich hier mir und dir nichts platze«, sagte sie und hob lächelnd die Hand, um Einwänden zuvorzukommen.
    »Wie bitte?«
    »Sagt man nicht so?«
    »So ähnlich«, meinte Lanier. »Was

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