Aerger im Bellona-Club
durch Familienbeziehungen ... aber ich bin es nun einmal.« Mr. Murbles sah ruckartig auf, aber Wimseys Aufmerksamkeit schien ausschließlich dem Portwein zu gelten.
»Ganz recht«, sagte der Anwalt. »Also schön. Hier sind die Fakten. General Fentiman hatte, wie Sie wissen, eine Schwester namens Felicity, zwölf Jahre jünger als er. Sie war als Mädchen sehr schön und sehr eigenwillig und hätte eigentlich eine recht gute Partie machen müssen, wenn die Fentimans nicht – trotz ausgesprochen guter Familie – alles andere als wohlhabend gewesen wären. Wie zu dieser Zeit üblich, wurde alles vorhandene Geld in die Erziehung des Sohnes gesteckt – man kaufte ihm ein Offizierspatent in einem hochvornehmen Regiment und unterstützte ihn so, daß er den Lebensstil pflegen konnte, den man bei einem Fentiman für unverzichtbar hielt. Folglich blieb für Felicitys Aussteuer nichts mehr übrig, und so etwas hatte vor sechzig Jahren noch katastrophale Folgen für ein junges Mädchen.
Nun, Felicity wurde es allmählich leid, sich in ihrem geflickten Musselinkleid und einem Paar Handschuhen, das schon in der Reinigung gewesen war, durch die Gesellschaft zerren zu lassen – und sie hatte den Mut, sich den Verheiratungsstrategien ihrer Mutter zu widersetzen. Da gab es zum Beispiel einen tattrigen alten, von Krankheit und Ausschweifungen zerfressenen Vicomte, der nur zu gern mit so einem knusprigen jungen Ding von achtzehn Jahren zum Altar gewatschelt wäre, und zu meinem Kummer muß ich sagen, daß die Eltern des Mädchens alles darangesetzt haben, sie zur Annahme dieses schändlichen Antrags zu zwingen. Man hatte sogar schon die Verlobung bekanntgegeben und den Hochzeitstermin festgesetzt, als Felicity eines schönen Morgens der darob maßlos entsetzten Familie gelassen mitteilte, sie sei vor dem Frühstück ausgegangen und habe in höchst ungehöriger Heimlichkeit und Eile geheiratet, und zwar einen Mr. Dormer, einen Mann in den besten Jahren, überaus ehrlich, ungeheuer reich und – die Zunge sträubt sich, es auszusprechen – seines Zeichens ein erfolgreicher Fabrikant. Knöpfe – aus Pappmaché oder so etwas Ähnlichem gemacht, mit unzerbrechlichem Patentstiel – waren die abscheulichen Ahnen, mit denen diese eigensinnige junge Viktorianerin einen Bund eingegangen war.
Natürlich gab es einen fürchterlichen Skandal, und die Eltern unternahmen alles, um die Heirat – Felicity war schließlich noch minderjährig – zu annullieren. Felicity aber durchkreuzte diese Absicht sehr nachhaltig, indem sie aus ihrem Zimmer flüchtete – ich fürchte, sie ist zu diesem Zweck sogar einen Baum hinterm Haus hinuntergeklettert, mit Reifrock und allem Drum und Dran – und mit ihrem Gatten durchbrannte. Woraufhin die alten Herrschaften, als sie sahen, daß es bereits zum Schlimmsten gekommen war – Mr. Dormer war ein Mann der entschlossenen Tat und hat nicht lange gefackelt, bevor er seine Braut zur Mutter machte , in großer viktorianischer Manier das Gesicht zu wahren trachteten. Das heißt, sie stimmten der Heirat zu, schickten der Tochter alle persönliche Habe in ihr neues Heim in Manchester und verboten ihr, jemals wieder ihren Schatten auf ihre Schwelle zu werfen.«
»Ganz wie es sich gehört«, meinte Wimsey. »Ich bin fest entschlossen, nie den Elternberuf zu ergreifen. Moderne Sitten und der Zusammenbruch der schönen alten Traditionen haben schlicht das Geschäft ruiniert. Ich werde mein Leben und Geld der Erforschung geeigneter Methoden widmen, wie man menschliche Lebewesen sittsam und bescheiden aus Eiern züchten kann. Alle elterliche Verantwortung ginge damit auf den Brutapparat über.«
»Das will ich nicht hoffen«, sagte Mr. Murbles. »Mein Berufsstand lebt weitgehend von häuslichen Zwistigkeiten. Aber weiter: Der junge Arthur Fentiman scheint die Ansichten der Familie geteilt zu haben. Es kränkte ihn zutiefst, einen Schwager in der Knopfbranche zu haben, und die Sticheleien im Kasino waren wohl auch nicht dazu angetan, seine Gefühle für seine Schwester zu steigern. Er wurde zu einem unnahbaren Militaristen, verkrustete vorzeitig und weigerte sich sein Leben lang, die Existenz eines Mr. Dormer anzuerkennen. Wohlgemerkt, der alte Knabe war ein hervorragender Soldat und ging völlig in seinen Offizierskreisen auf. Er heiratete dann auch standesgemäß – keine sehr gute Partie, denn er hatte nicht das Geld, das ihm ein Anrecht auf eine Frau aus hohem Adel gegeben hätte, und er würde sich nie dazu
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