Ärger mit dem Borstenvieh
den Boden bedeckte, wo das Schlachten stattgefunden hatte. Peter, der Terrier, schnupperte mißtrauisch an dem toten Tier herum.
Die beiden Killer waren längst über alle Berge, aber was hatten sie sonst noch angerichtet? Wir machten uns daran, die Schluchten gründlich abzusuchen und waren erleichtert, als sich herausstellte, daß es nur dieses eine Opfer gegeben hatte. Unbesorgt graste die übrige Herde auf der schneebedeckten Weide.
»Mindestens ein Lamm hätte es im nächsten Frühjahr von diesem Mutterschaf gegeben«, sagte mein Sohn nach einer genaueren Untersuchung. »Wenn derjenige mir vor die Flinte käme, der das getan hat...«
Ich hatte ähnliche Empfindungen; aber es bestand kaum Aussicht, daß das geschehen würde. Worüber wir uns jetzt Sorgen machen mußten, war, wie viele der ungeborenen Lämmer aufgrund dieses Raubüberfalls auf die Herde verlorengehen würden. Doch die Antwort darauf konnte nur die Zeit geben.
Es war ein wundervoller Dezembertag: der Boden war hart wie Eisen mit einer leichten Schicht Pulverschnee darauf, und die Luft belebte einen wie kühler Wein. Dem Regen, den wir zur Genüge erlebt hatten, war dieses Wetter bei weitem vorzuziehen. Nichts war deprimierender, als ständig in feuchter Kleidung herumzulaufen, obgleich wir uns — nachdem Shirley unentwegt an diesem Zustand herumgenörgelt hatte — wasserdichte Arbeitsjacken und Überziehhosen gekauft hatten, die uns viel trockener hielten.
Man machte sich ständig Gedanken über die Schafe und hörte andauernd Geschichten von in der Gegend streunenden Hunden. Erst letzte Woche waren ein unbekannter Deutscher Schäferhund zusammen mit einem schottischen Collie auf unseren oberen Weiden aufgetaucht und liefen auf die Herde zu. Glücklicherweise hatten die beiden Kleinen die Hunde entdeckt und schlugen Alarm. Mit dem Gewehr bewaffnet machte sich John auf, aber die Eindringlinge sahen ihn ankommen, kniffen den Schwanz ein und rannten davon. Er schoß zwar noch hinter ihnen her, aber sie waren bereits zu weit entfernt, um noch getroffen werden zu können.
Dieser Zwischenfall versetzte uns sehr in Unruhe, und während der nächsten Tage lebten wir in größter Spannung. Bei dem geringsten Geräusch in der Nacht wurde ich schon wach und versuchte besorgt herauszufinden, was die Ursache dafür gewesen sein mochte.
Wir hatten das eine Mutterschaf verloren. Waren das dieselben Hunde gewesen? In der >Schmiede< hatten mehrere Männer von ähnlichen Überfällen gesprochen.
»Wahrscheinlich hocken die jetzt vor dem verflixten Kamin von irgend jemand«, sagte Matthew und rückte sein Gewicht auf dem Stuhl zurecht, um seine Rückenschmerzen etwas zu lindern. »Irgendwoher müssen die ja kommen und dahin auch wieder zurückkehren, das ist sicher. Vor ein paar Jahren haben wir schon mal so’ne ähnliche Geschichte erlebt: drei verflucht große Köter liefen draußen wild herum und rissen Schafe, wo sie nur konnten. Schließlich mußten wir uns alle zusammentun und nach ihnen jagen, aber wir brauchten fast eine ganze Woche, bis endlich auch der letzte von ihnen beerdigt werden konnte. Natürlich hatten sie keine Besitzer, Hunde dieser Art haben nie welche und sowieso niemanden, der sich hinstellen und sich als Besitzer bekennen würde.«
Nun, eins steht fest: auf keinen Fall gehören die Hunde Städtern, denn zu dieser Jahreszeit ist keiner von denen hier in der Gegend«, meinte jemand anders.
Unser Versicherungsvertreter akzeptierte einen Schadensersatzanspruch von achtzehn Pfund. Dazu war eine bestätigende Erklärung von unserem Nachbarn Willem notwendig, die er unterschrieb, nachdem er sich das tote Tier angesehen hatte.
»Ich hoff’ nur, daß dies nicht der Anfang ist von so einer Geschichte, wie sie Matthew erzählt hat«, sagte er kummervoll. »Diese Gegend ist so weitläufig, daß sich darin hundert Hunde tummeln könnten«.
Er hatte recht. Wir standen beide nebeneinander und blickten prüfend über das Land, das sich weithin erstreckte, langsam ansteigend, bis es schließlich am Berg endete. Wie Bleistiftstriche sahen die kahlen Dornenhecken an den Rändern der weißen Felder und Weiden aus; in dunklen, geheimnisvollen Gehölzen standen die blattlosen Bäume oder aber auch ganz isoliert und allein, kräftig und wunderschön. Drei schwarze Krähen flogen über eine Talsenke, und Willem sagte plötzlich einen alten Kinderreim auf: »Eine bringt Kummer, die zweite bringt Freude und die dritte bringt einen Brief... Jacky, du
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