Ärger mit dem Borstenvieh
fadenscheinig aus, und beim Melken in der Frühe lag bereits eine fast beißende Kälte in der Luft, die man vor etwa einer Woche noch nicht gespürt hatte.
Der bloße Gedanke an kälteres Wetter rief bei Shirley wie eine fiebrige Hautkrankheit die Sucht nach ständigem Tragen wollener Sachen hervor. Sie begann auf Vorrat Lebensmittel und andere wichtige Dinge anzuhäufen, stopfte Speisekammer und Regale bis kurz vorm Zusammenbrechen voll.
»Es kommt doch nur der Winter und nicht das Ende der Welt«, sagte ich zu ihr, aber sie konnte über meinen Scherz nicht lachen.
»Besser gut vorbereitet sein, als hinterher dumm dazustehen«, entgegnete sie selbstgefällig und machte mit ihren Vorbereitungen weiter. In ein altes Rechnungsbuch, das sie irgendwo aufgestöbert hatte, machte sie ihre Eintragungen. Sie ähnelten der Inventarliste eines Lebensmittelgeschäftes.
Zwei Brüder, kleine, ungepflegte, nach Bier riechende Burschen, die auf der anderen Seite des Berges lebten und dort eine Familienkohlengrube — Steinbruch ist vielleicht hierfür der bessere Ausdruck — besaßen, kamen mit einem alten Klapperkasten, der sozusagen schrottreif war, den Weg heruntergefahren und fragten, ob wir Kohlen kaufen wollten. Die Qualität war nicht besonders gut, schieferähnliches Zeug, aber es war immerhin Kohle und außerdem billige. Sie hatten es sehr eilig, wieder in die >Schmiede< zurückzukommen, bevor diese geschlossen wurde, und verlangten zwanzig Pfund für ihre Ladung, etwa anderthalb Tonnen. Sie schaufelten sie in den draußen stehenden Verschlag für Kohlen und eilten schnell davon, um ihren zunehmenden Durst zu löschen und den Staub aus den Kehlen zu spülen.
In unserer Gegend gab es mehrere solcher kleinen Kohlenbergwerke. Sie wurden im Tagebau betrieben und waren ungeeignet für größere kommerzielle Ausbeute. Die Besitzer benutzten sie wie ein Bankguthaben. Sie gruben dort nach Kohle, wenn sie Bargeld brauchten für Ferien, Schulausflüge und ähnliche Anlässe. Jetzt war natürlich Weihnachten der Grund.
Von einem verständnisvollen Händler dem es nicht eilig war, daß ich ihn bezahlte, hatte ich eine gebrauchte elektrische Säge erstanden. Bei uns lagen eine Menge umgestürzter Bäume herum; John und ich zersägten etliche Wagenladungen dieser Stämme und stapelten sie — fix und fertig zum Gebrauch — auf. Shirley war ganz begeistert davon, aber dann kam der Scheck bei uns an.
Er war auf hundertachtundsiebzig Pfund ausgestellt und bedeutete einen Regierungszuschuß für Rinderzucht. Ich hatte bereits meine feste Idee, wie ich das Geld verwenden wollte. Doch ebenso Shirley. Und das bedeutete Ärger. »Das ist in etwa die Summe, die wir brauchen, um uns einen warmen Winter zu erkaufen«, erklärte sie und schwenkte den Scheck.
Nein, das kam nicht in Frage, ich würde eine neue Kuh dafür erstehen.
»Ach so! Und wer will eine stinkende Kuh haben, wenn wir es uns warm machen könnten?« fragte sie aggressiv.
So würdevoll wie nur irgend möglich erklärte ich ihr: »Mir ist warm genug.«
»Wo kein Verstand ist, kann man auch keine Gefühle erwarten«, entgegnete sie grob.
Ich versuchte eine andere Taktik. »Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, meine Liebe, daß wir keine Gasheizung haben?«
»Komm du mir bloß nicht mit der überheblichen, technischen Art, Farmer Holgate«, gab sie schnippisch zurück. »Es gibt nämlich noch so was wie Öl und Elektrizität.«
Sie war wirklich nicht in guter Laune. Mir schien es ratsam, nach einem Kompromiß zu suchen, Zeit zu gewinnen. »Öl ist zu teuer, eine elektrische Heizungsanlage könnte vielleicht möglich sein.«
»Wirklich? Wie zum Beispiel Hitzespeicher?«
»Ja, so ungefähr. Ich werde versuchen, mir das nächsten Montag in den Ausstellungsräumen anzusehen.«
Mit größtem Vergnügen ließ sie die Falle zuschnappen. »Das brauchst du gar nicht mehr! Ich hab’ schon alle Informationen darüber hier. Sie machen im Augenblick Sonderangebote. Die Installation ist umsonst. Drei Heizkörper für hundertachtundvierzig Pfund. Man macht eine Anzahlung von fünfzig Pfund und bezahlt den Rest in drei Jahren ab. Was hälst du davon?«
»Hört sich ganz vernünftig an.«
»Bin ich aber froh, daß du das auch denkst!« sagte sie und zog dabei aus einer Schublade ein Formular heraus. »Hier brauchst du nur noch deine große chauvinistische Unterschrift drunterzusetzen. Den Rest hab’ ich schon ausgefüllt. Die Männer kommen am Freitag her, um die
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