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Aerger mit dem Borstenvieh

Aerger mit dem Borstenvieh

Titel: Aerger mit dem Borstenvieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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aus Wales. »Ich laß Ihnen was da, das träufeln Sie ihm in beide Augen. Ich bezweifle zwar, daß Sie das eine Auge noch retten können, aber vielleicht ist es noch nicht zu spät für das andere.«
    »Und wenn er nun völlig blind wird?« fragte Shirley.
    Er zuckte die Achseln. »Sie sind zwar herangewachsen, aber man muß sie alle zusammen in ein Gehege sperren.« Er erklärte uns, daß diese Krankheit von Fliegen erzeugt wird. Sie war ansteckend, und wir würden die anderen Tiere unserer Herde sorgfältig überwachen müssen.
    »Wird das Auge immer so schlimm aussehen?« fragte Shirley ihn. Der Anblick war nicht schön.
    »Der Schleier wird verschwinden, aber die Pupille wird nicht mehr sehfähig sein«, sagte er zu ihr. »Es gibt eine Reihe solcher Fälle in der Umgebung. Wenn Sie sich mal bei den Auktionen umsehen, werden Sie viele Rinder entdecken, die an dieser Krankheit gelitten haben.«
    Er war ein sympathischer Mann, ständig überarbeitet und gelegentlich aufbrausend, weil Bauern zu lange gewartet hatten, bis sie ihn riefen. »Die nehmen an, ich kann ein Tier wieder von den Toten erwecken«, sagte er einmal etwas verbittert. »Wenn sie dann schließlich zum Telefonhörer greifen, kann man dem kranken Tier auch ebenso gut eins übern Schädel geben und den Abdecker rufen. Alles viel zu spät, eine Vergeudung von Zeit und Energie.«
    Zumindest hatten wir uns dieses Fehlers nicht schuldig gemacht, und mit einer Reihe unserer Tierpatienten war er sehr erfolgreich gewesen.
    »Es hat keinen Zweck, sich Sorgen zu machen, Mrs. Holgate«, sagte er zu Shirley. Er reichte ihr verschiedene Flaschen und Schachteln sowie Anwendungsvorschriften. »Ich schau’ wieder vorbei und behalte die Sache im Auge, wann immer ich in der Nähe zu tun habe. Und Sie können mich anrufen, falls sich etwas Besonderes ergeben sollte.«
    Während der darauffolgenden Wochen pflegten Shirley und Vicky das Kalb ganz gewissenhaft, aber Rufus ließ wie eine welke Blume den Kopf hängen und verweigerte sogar die Nahrung. Nichts schien seinen Appetit anregen zu können oder ihm Lebenswillen zu geben. Am Ende starb er.
    »Lungenentzündung«, sagte der Tierarzt. »Aber die hatte er erst am Schluß. Für einen solchen Fall gibt es eigentlich keine zufriedenstellende Erklärung. Manche Tiere rappeln sich wieder auf, wenn man schon meint, nur noch ein Loch graben zu können. Andere legen sich plötzlich hin und sterben. Gelegentlich hab’ ich das Gefühl, als vermißten die Kälber ihre Mutter.«
    Er hatte Mitgefühl, aber für ihn war es etwas, was er fast jeden Tag erlebte. Für Shirley und Vicky dagegen bedeutete es den Verlust eines Lieblingstieres und auch eine schlechte Eintragung in unsere Wirtschaftsbücher. Ich persönlich sah die Dinge etwas anders. Die Arbeit, die mit dem Aufziehen eines blinden Kalbes bis zum ausgewachsenen Fleischrind, ein Zweijahresjob, verbunden war, wäre in erster Linie Shirley zugefallen. Und die hatte bereits mehr als genug mit dem zu tun, was sie von morgens bis spät abends auf Trab hielt. Aber ich war klug genug, derartige Gedanken nicht vor den beiden Egerton-Damen auszusprechen. Als herzlos hätten sie mich angesehen. Vielleicht hatten sie damit sogar zum Teil recht. In solchen Dingen wurde ich mir bewußt, daß ich meine Einstellung geändert hatte. Zeit- und Kraftaufwand hatten ihre Grenzen; es waren kostbare Güter, die man nicht an hoffnungslose Projekte vergeuden durfte.
    »Du fängst so allmählich an, wie’n richtiger Bauer zu denken«, hätte Old Jonathon sicher gesagt, wenn ich das ihm gegenüber geäußert hätte. Ich tat’s nicht, sondern zog es vor, mit mir selbst zu Rate zu gehen.
     

23

Alles geht in den Fond
     
    D as erste Mal, daß ich etwas über das Dorffest erfuhr, war, als ich ein gelbes Plakat las, welches an den knorrigen Stamm einer Eberesche neben der Straße genagelt worden war. Es kündigte für einen ganzen Tag Unterhaltungen an: Schauspringen, Pony-Wettbewerb, Rinderausstellung, Ausstellungen von selbstgemachten und kunstgewerblichen Dingen, Ratespiele um das Gewicht verschiedener Kuchen, Ballonrennen, eine riesige Tombola mit Preisen in Hülle und Fülle und anderes mehr.
    Ich war sehr beeindruckt. Aber als ich mit der Nachricht zu Hause ankam, seufzte Shirley nur entrüstet und meinte: »Du bist so eingesponnen in die Arbeit, daß du überhaupt nichts anderes mehr mitkriegst. Seit Wochen spricht man nur noch über dieses Fest!«
    »Und wie ist es dann möglich, daß man

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