Aerzte zum Verlieben Band 42
sich Anna, wenn überhaupt, nur lobend über ihn geäußert.
Gleich mehrere Kollegen aus der Kardiologie und der Herzchirurgie bewunderten ihn für seine Operationstechnik bei Colin Herbert. Und als die Änderungen in den OP-Listen auf den Tisch kamen, beglückwünschten ihn so viele zu seinem beherzten Einsatz in der Kantine, dass es Luke schon peinlich war.
„Ich hatte kompetente Hilfe von Dr. Bartlett“, betonte er. „Und sie wird nachher auch die meiste Arbeit haben, wenn sie bei dem Patienten den Koronararterien-Bypass legt.“
Die Operation war bereits im Gange, als Luke mit den leidigen Verwaltungsaufgaben fertig war und sein Büro verließ. Er machte sich auf den Weg in den OP-Trakt und schlüpfte leise auf einen der äußeren Plätze der Zuschauergalerie.
Von hier oben konnte man sehen und hören, was im OP-Saal vor sich ging, sich von der Technik und den Fähigkeiten des Chirurgen ein Bild machen und bei der Gelegenheit auch seine Persönlichkeit studieren. Das war der Grund, weshalb er diesen Zuschauerraum bei der ersten Operation nach seiner Rückkehr hatte schließen lassen. Ein ungewöhnlicher Fall wie der von Colin Herbert hätte die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und wahrscheinlich hätten sich die Kollegen hier oben gedrängt.
Luke wollte sich auf seine Arbeit konzentrieren und nicht daran denken müssen, dass viele neugierige Augen jeden seiner Handgriffe verfolgten. Also hatte er die Galerie schließen lassen.
Anna wusste nicht, dass er hier war. Er konnte sie genau beobachten und jedes ihrer Worte hören. Er sah, wie sie zügig, aber mit feinen, präzisen Stichen die Venen, die man Rogers Beinen entnommen hatte, an der Aorta ansetzte, wo sie als lebensspendende Brücken den Herzmuskel mit Blut versorgen sollten. Ihre Stimme war genauso ruhig wie ihre Bewegungen. Wenn Anna um ein Instrument bat, klang sie höflich, und sie ging sachlich auf Anmerkungen des Anästhesisten und Kardiotechnikers ein. Regelmäßig sprach sie mit ihrem Oberarzt, stellte Fragen und erklärte ihre Vorgehensweise. Ein Naturtalent. Wer auch immer etwas von ihr lernen wollte, konnte sich glücklich schätzen.
Luke ertappte sich dabei, dass er nur darauf wartete, ihre Stimme wieder zu hören. Diese weiche, melodische Stimme, dazu ein kluger Kopf und geschickte Hände … Anna Bartlett faszinierte ihn mehr und mehr.
Er blieb als stiller Beobachter, bis er sicher war, dass die neuen Koronararterien ihren Dienst taten und der Patient von der Herz-Lungen-Maschine abgekoppelt werden konnte.
Luke rechnete fest damit, dass Anna ihm im Laufe des Tages sagen würde, mit wem sie über ihn gesprochen hatte. Gelegenheiten gab es schließlich genug.
Doch weder bei der ambulanten Sprechstunde, die sie gemeinsam abhielten, noch bei der Visite kam die Sprache auf seine Unaufmerksamkeit im OP. Erst am Freitagnachmittag, als sowohl Roger und Colin inzwischen auf Station verlegt worden waren, wo sie sich den Umständen entsprechend gut erholten, bekam Luke einen Anruf aus dem Sekretariat des Krankenhausleiters.
Albert White bitte ihn in sein Büro, sagte die Vorzimmerdame.
„Hallo, Luke.“ Der Direktor schüttelte ihm die Hand und legte ihm gleichzeitig die andere Hand auf die Schulter. „Tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde. Es war eine hektische Woche, und ich musste für zwei Tage nach London. Schön, dich zu sehen, willkommen am St. Piran.“
„Danke, freut mich auch.“ Das stimmte, und dennoch spürte er eine gewisse Distanz zwischen ihnen. Luke hatte das Gefühl, auf einem anderen Planeten gelebt zu haben, seit er das letzte Mal hier gearbeitet hatte. Aber Albert war ihm vertraut, ihre Familien kannten sich schon lange, und Luke hatte gehofft, dass er Teil des Ankers sein würde, mit dem er Stabilität in sein Leben bringen konnte.
„Wie geht es der Familie?“
„Gut, soweit ich weiß.“
„Ich war überrascht, dass deine Eltern beschlossen, ausgerechnet nach Neuseeland überzusiedeln. Zu einer Militärbasis auf der Nordinsel, wie ich gehört habe.“
„Ja. Dad hat einen Verwaltungsposten übernommen. In Altersteilzeit, meint er, aber das kann ich mir bei ihm kaum vorstellen. Er hat immer mit vollem Einsatz gedient.“
„Ich weiß. Und dein älterer Bruder?“
„Ist gerade in Australien, trainiert Rekruten der SAS.“ Die SAS war eine Spezialeinheit der britischen Streitkräfte.
Albert schüttelte den Kopf. „Die gesamte Familie im Dienst der Armee. Wenigstens haben wir einen der Davenport-Jungs
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