Aerzte zum Verlieben Band 52
kühlen, hellen Grautönen gestrichen, an den Fenstern hingen schlichte weiße Gardinen. Maskulin, funktional, kein Schnickschnack … eindeutig das Zimmer eines Mannes.
Am besten waren die breiten, bis auf den Boden reichenden Fenster, durch die man einen atemberaubenden Blick auf den Hafen von Sydney hatte. Lily sah die Manly-Fähre dahintuckern und die strahlend weißen Segel des berühmten Opernhauses.
Ein Sonnenstrahl kitzelte sie an der Nase.
Die Krämpfe hatten aufgehört. Lily bewegte sich vorsichtig. Auch die Übelkeit war verschwunden. Ich bin gestorben und im Himmel gelandet.
Nein, sie war in Luke Williams’ Bett.
Jemand klopfte an die Tür.
„Ja, bitte?“ Lily zog die Decke bis zum Kinn hoch.
Doch anstelle von Luke erschien eine pausbäckige kleine Frau in geblümter Kittelschürze und lugte ins Zimmer. „Sind Sie wach, meine Liebe? Ich möchte Sie nicht stören, aber als ich vorhin nach Ihnen sah, habe ich festgestellt, dass Sie das Wasser nicht angerührt haben. Dr. Williams möchte bestimmt, dass Sie ausreichend trinken. Soll ich Ihnen einen Tee bringen?“
„Oh, das wäre schön.“
„Mit viel Zucker!“ Ein strahlendes Lächeln ging über das rundliche Gesicht. „Ich bin Gladys Henderson, und ich putze für Dr. Williams. Er ist ein wunderbarer Mann, aber ich muss wohl mit ihm schimpfen, dass er Sie uns solange vorenthalten hat. Natürlich freuen wir uns für Dr. Williams … er ist so nett, und wir haben die ganze Zeit gedacht, dass er immer zur Farm seines Onkels fährt. Er redet nicht viel, und ich dachte, er denkt nur an seine arme Frau. Aber sie ist seit vier Jahren tot, wie schön … nicht, dass sie tot ist, das meinte ich nicht. Ich wollte sagen, wie schön, dass er wieder jemanden hat. Ach, ich rede schon wieder so viel, nicht, dass Ihnen noch schwindlig wird. Ich koche Ihnen jetzt eine hübsche Tasse Tee und schüttele Ihnen die Kissen auf. Den trinken Sie brav und legen sich wieder schlafen, bis der Doktor nach Hause kommt. Oh, Liebes, ich bin ja so froh. Es geht doch nichts über eine romantische Liebesgeschichte!“
4. KAPITEL
Luke musste länger operieren als erwartet. Es gibt immer Komplikationen, dachte er. Man schickte ihm die verpfuschten Fälle, Patienten, die an die Schwarzen Schafe unter seinen Kollegen geraten waren. Dann musste er retten, was zu retten war, oft mit unbefriedigendem Ergebnis. Eine Arbeit, die ihm keinen Spaß machte.
Seine Leidenschaft galt anderen Operationen, denen, die dem Leben eines Menschen einen neuen Sinn gaben … bei Geburtsfehlern, nach Unfällen oder entstellenden Krebserkrankungen.
Anfangs hatte er sich geweigert, kosmetische Operationen zu übernehmen. Doch die Grenzen zwischen Eitelkeit und Leid ließen sich manchmal nicht klar erkennen, und dann konnte er nicht Nein sagen.
Als er das Krankenhaus an diesem Mittwoch schließlich verließ, beschlich ihn wieder das Gefühl, dass er seine Zeit besser nutzen könnte. Dass es für ihn noch mehr geben sollte im Leben.
Zum Beispiel, nach Hause zu kommen, zu Hannah und seinem kleinen Jungen?
Nein. Er vermisste Hannah nicht mehr so wie früher. Wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass seine Ehe … schwierig gewesen war. Aber trotzdem fehlte ihm etwas. Etwas, das hätte sein können, ohne dass er genau wusste, was es war.
Luke hielt auf seinem Parkplatz in der Tiefgarage und stieg aus.
Lily war wach, als Luke leise die Tür öffnete und ins Zimmer sah. Sie setzte sich auf und versuchte, würdevoll auszusehen.
Gladys hatte ihr beim Duschen und anschließend dabei geholfen, ein Nachthemd anzuziehen. Es war kein gewagtes Nachthemd, aber selbst in einem hochgeschlossenen Mantel wäre sie immer noch verlegen gewesen. Vor ihr stand der Mann, mit dem sie – zumindest dachte das jeder im Sydney Harbour Hospital – ins Bett ging.
„Danke, dass ich hier schlafen durfte. Ich stehe gleich auf. Ich wäre längst weg, aber Gladys hat mit der Zwangsjacke gedroht.“
„Und eigentlich bist du noch zu schwach, oder?“
„Ja, schon …“, gab sie widerwillig zu. „Aber ich stehe trotzdem auf.“
„Das musst du nicht.“
„Gladys denkt, dass wir schon lange ein Paar sind. Je eher ich verschwinde, umso besser.“
„Alle denken, dass wir schon lange ein Paar sind. Die Idee ist gar nicht so schlecht.“
Wie war das jetzt gemeint? Ihr Gehirn war wie benebelt, sie konnte kaum richtig denken. „Für wen?“, fragte sie schließlich.
Er kam ins Zimmer. „Für uns beide,
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