Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)
Schmerz und Angst zu verbreiten.Die Verstärkung der Gefühle eines Opfers veränderte den Geschmack seines Blutes und machte den Rausch des Dreniers noch mächtiger, wenn er tötete. Jede Empfindung bot eine andere Erfahrung. Das süße Blut der Leidenschaft sorgte für ein euphorisches Hochgefühl, während die streng riechende Angst zu einem scharfen, konzentrierten Rausch führte, so wie ihn Kokain bei einem Menschen hervorrief – zumindest hatte man ihm das gesagt.
Und der Drenier war nicht allein. Ein junges Mädchen hing schlaff über seiner Schulter. An seinem rhythmischen Herzschlag erkannte Christian, dass es noch lebte.
Er entschied, sich nicht in die Angelegenheit der menschlichen Venatorin und des Dreniers einzumischen – zumindest noch nicht. Venatoren waren im Allgemeinen sehr darauf bedacht, als Einzige in ihrem Gebiet tätig zu werden. Zudem verstieß es gegen die RaMPA-Anweisungen für einen Agenten wie ihn selbst, sich mit der Zielperson eines ausgebildeten Venators anzulegen. Zumindest versprach es ein interessanter – vermutlich sogar ein unterhaltsamer – Kampf zu werden.
Die Kartons, die ihr Schutz boten, verhalfen ihr offensichtlich nicht zu einem freien Schussfeld, denn sie kroch zwischen ihnen hervor, ohne mit der Pistole auf den Drenier zu zielen. Die Waffe lag fest in ihrer Hand, ihr Herzschlag war nur leicht erhöht, und stählerne Entschlossenheit zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.
»Kluges Mädchen.« Christians Stimme, nicht mehr als ein Flüstern – wie das Rascheln von Seide über Glas –, war unmöglich von den Personen unter ihm zu hören.
Der große Drenier war ein mehr als ebenbürtiger Gegner für einen Menschen, selbst wenn er so fähig war wie diese Frau. Aber ihre Bewegungen waren geschmeidig, zuversichtlich und vollkommen; jeder Schritt war wohlabgewogen und vorsichtig, während sie eine geeignete Schussposition suchte.
Ein Kreischen durchschnitt die stille Luft, und die Frau erstarrte. Verwirrung zeigte sich auf ihrem Gesicht, ihr Herz hämmerte. Zwei Fuß von ihr entfernt saß die streunende Katze und hatte die Zähne um die Kehle einer großen, zuckenden Ratte geschlossen.
Der Drenier schaute kurz auf das Tier, drehte sich dann wieder zur Tür, machte einen weiteren Schritt auf sie zu, blieb stehen und schnüffelte. Ein tiefes Knurren ertönte und wurde zu einem Brüllen, als er das halb bewusstlose Opfer zu Boden warf und mit der ungeheuren Schnelligkeit seiner Rasse auf die Venatorin zusprang. Innerhalb eines Lidschlags hatte er sie erreicht. Die gewaltige, tatzenartige Hand des Dreniers fuhr zur Seite, und die junge Frau versuchte sich darunter hinwegzuducken. Doch der Schlag traf sie, riss ihren Kopf zurück und beförderte sie in den Kartonhaufen.
Hätte sie ein wenig langsamer reagiert, wäre ihr von dem Schlag der Kopf abgerissen worden. Sofort war sie wieder auf den Beinen, hob die Hand seitlich an den Kopf und schüttelte ihn kurz. Ihr war die Waffe aus der Hand geschlagen worden, und nun griff sie hinter sich und zog ihr Schwert.
Christian beugte sich vor, neugierig, was sie als Nächstes tun würde. Wenn es nötig werden sollte, würde er eingreifen – er könnte es jetzt schon tun, aber das würde ihr die Prämie nehmen.
»Dummes Mädchen.« Die Stimme des Dreniers triefte vor Verachtung. »Glaubst du wirklich, du kannst mir mit dieser kümmerlichen Klinge etwas antun?«
Er sprang wieder. Diesmal aber stellte sie sich breitbeinig hin und wartete. Sie passte genau den richtigen Zeitpunkt ab, bewegte sich leicht nach links und hieb mitdem rasiermesserscharfen Katana zu. Sie wirbelte zurück und sah den Drenier an, der mit ungläubigem Entsetzen auf seinen rechten Arm starrte, der nun am Handgelenk endete. Die Hand war mit chirurgischer Präzision abgetrennt worden und lag zuckend vor seinen Füßen. Dunkles Blut spritzte ihr ins Gesicht, während sie wieder das Schwert vor sich hielt.
Der Schock des Dreniers dauerte nicht lange an. Sein Gesicht verzog sich vor Wut. »Du Biest.« Zum dritten Mal stürzte er auf sie zu.
Sie wich ihm aus, war aber nicht schnell genug. Mit der verbliebenen Hand fuhr er ihr unter die Kampfweste und riss ihr mit seinen klauenartigen Nägeln etliche parallele Wunden in das Fleisch über der Hüfte. Ein Spritzer frisches und berauschendes Menschenblut traf Christian. Das war etwas anderes als die faulige Brühe, die sich aus den Adern des Dreniers ergoss. Christians Fangzähne stießen gegen den Gaumen, er
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