After Moonrise (German Edition)
Christina“, drängte Raef sie, „er wird dir nichts mehr tun. “
Etwa zweieinhalb Sekunden später traf Brandons Faust ihn ins Gesicht, brach ihm die Nase und warf ihn um, sodass er auf dem Hintern landete .
Raef hielt sich die blutige Nase, sah durch Tränen der Schmerzen zu dem großen Jungen hoch und fragte sich: Warum bist du bloß so gemein?
Da passierte es. Im gleichen Augenblick, als er über Brandon nachdachte, erschien etwas Seltsames, wie eine Art Seil um den Jungen herum. Es war rauchig und dunkel, und Raef fand, es sah aus, als würde es stinken. Von Brandon aus wand es sich hinauf in die Luft .
Fasziniert starrte Raef es an und vergaß dabei seine schmerzende Nase. Vergaß Christina und Kevin und sogar Brandon. Er wollte nur noch wissen, was dieses Seil aus Rauch war .
„Scheiße, sieh mich an, wenn ich mit dir rede! Es macht mich krank, wie leicht es ist, dich fertigzumachen! “ Brandons Wut und Abscheu schienen das Seil zu nähren. Es pulsierte und wurde dunkler, und dann, mit einem lauten Rauschen, stürzte es hinab und drang in Raef ein. Plötzlich konnte er Brandons Wut spüren, seinen Ekel .
Starr vor Schreck, schloss er die Augen und brüllte, nicht an Brandon, sondern an das Seil gerichtet: „Geh weg! “
Dann geschah etwas vollkommen Bizarres: Das Seil verschwand, aber in Gedanken folgte ihm Raef. Es war, als hätte das Ding sich in ein Teleskop verwandelt. Auf einmal konnte er das Zuhause von Brandon sehen – von innen. Darin befanden sich Brandon und seine Familie. Sein Dad, der aussah wie eine ältere, fettere Version von Brandon, stand hoch aufgerichtet über seiner Mutter, die sich auf der Couch zusammenkrümmte. Sie hatte die Arme um sich geschlungen, weinte und zitterte, genau wie Christina es gerade getan hatte. Brandons Dad schrie sie an und nannte sie eine hässliche dumme Schlampe, während Brandon mit angewidertem Gesichtsausdruck zusah. Aber er schaute nicht seinen Vater an. Sein Blick war ganz auf seine Mutter gerichtet. Und er war sauer. Richtig, richtig sauer .
Raef wollte sich übergeben. Sobald er die Übelkeit spürte, die eigenen Gefühle wieder wahrnahm, war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Das Seil verschwand und mit ihm auch das Teleskop und Brandons Zuhause. Raef war wieder zurück in der sehr schmerzhaften, sehr peinlichen Wirklichkeit .
Er öffnete die Augen und sagte das Erste, was ihm in den Sinn kam. „Wie kannst du deiner Mom die Schuld dafür geben, dass dein Dad so gemein ist?“
Brandons ganzer Körper erstarrte. Es war, als hätte er sogar aufgehört zu atmen. Dann wurde sein Gesicht tomatenrot, und er brüllte Raef an, wobei ihm Spucke aus dem Mund sprühte. „Was hast du da gerade über meine Mom gesagt?“
Später fragte Raef sich oft, warum er nicht einfach den Mund gehalten hatte. Warum er nicht aufgestanden und davongerannt war. Stattdessen hatte er wie der letzte Vollidiot gesagt: „Dein Dad quält deine Mom, genau wie du die Mädchen quälst. Ich weiß es, weil ich es gerade gesehen habe. In meinem Kopf. Irgendwie. Wie genau, weiß ich nicht. “ Er überlegte einen Augenblick und fügte dann hinzu, in der Hoffnung, dass vielleicht alles einen Sinn ergab, wenn man es laut aussprach: „Dein Dad hat deine Mom gestern Abend eine hässliche dumme Schlampe genannt. Du hast ihm dabei zugesehen. “
Dann wurde die seltsame Situation sogar noch merkwürdiger. Brandon sah ihn an, als wäre er auf einmal zwei Köpfe gewachsen und hätte hundert Pfund zugenommen. Als hätte er ihn in den Magen geboxt. Der Schläger sah bleich aus, richtig verängstigt, und wich zurück. Doch ehe er sich umdrehte und die Straße entlangrannte, brüllte er die Worte, die Raef sein ganzes Leben lang nicht vergessen sollte. „Ich weiß, was du bist. Du bist schlimmer als ein Nigger, schlimmer als ein Perverser. Du bist ein Psy – ein verdammter Freak! Halt dich ja von mir fern! “
Oh, Gott. Es stimmte. Das konnte nicht sein … konnte einfach nicht sein …
Raef hatte einfach dagesessen, blutverschmiert, verwirrt und – wie peinlich – heulend, während Kevin immer und immer wieder seinen Namen gerufen und versucht hatte, ihn wieder zu sich zu bringen. „Raef! Raef! Raef …“
„Mr Raef? Raef? Sind Sie da, Sir?“
Zurück in der Gegenwart, schüttelte Raef sich in Gedanken und in Wirklichkeit, nahm den Telefonhörer ab und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage. „Ja, Preston, was gibt’s?“
„Mr Raef, Ihr
Weitere Kostenlose Bücher