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After Moonrise (German Edition)

After Moonrise (German Edition)

Titel: After Moonrise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.c. Cast
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    Peterson vermutete eindeutig etwas Schreckliches.
    Harper murmelte etwas Unzusammenhängendes und versuchte sich aus seinen Armen zu lösen. Er ahnte nichts Gutes, als er die Umarmung öffnete. Sie setzte sich auf, verharrte für einen Augenblick regungslos, dann stand sie auf. Zwischen einer Marathonrunde Sex und der zweiten hatte er sie dazu gebracht, ihre Malutensilien und das Gemälde genau so zu platzieren, wie es in ihrem Studio aufgebaut war.
    „Harper“, flüsterte er, aber es kam keine Antwort.
    Schweigend tapste sie an den Tisch, auf dem ihre Pinsel und Farben lagen. Ein schwaches Licht fiel durchs Fenster herein und ermöglichte es ihm, etwas zu erkennen. Mit fließenden Bewegungen mischte sie die Farben, tauchte die Spitzen ihrer Pinsel ein und fing an zu malen.
    Levi setzte sich auf und rieb sich das Gesicht. Er stand auf, wäre fast gestolpert, als er sich seine Unterwäsche anzog, und stellte sich dann dicht neben sie. Statt die Leinwand anzusehen, betrachtete er ihr Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, und die Wimpern warfen lange Schatten auf ihre Wangen.
    Ihre Gesichtszüge waren angespannt, ihre Haut blass wie ein Laken. Sein Beschützerinstinkt meldete sich, und er musste gegen den Drang ankämpfen, sie wach zu schütteln. Er hasste es, dass dieses schreckliches Bild voll Blut und Leid sie gefangen hielt, aber sie mussten, mehr als alles andere, endlich das Gesicht des Mörders sehen.
    Sie arbeitete stundenlang. Mehrmals hielt sie in der Bewegung inne, und eine Träne lief ihre Wange hinab. Er merkte, wie sie versuchte, den Schlaf abzuschütteln, weil ihr Atem sich veränderte und abgehackt und unregelmäßig wurde.
    Beruhigend sagte er: „Mach weiter, Kleines. Ich bin hier. Levi ist bei dir“, und sie nahm sich zusammen und malte weiter.
    Er wollte, dass sie fertig wurde, wollte die Schrecken endlich aufgedeckt sehen, damit sie wussten, wogegen sie kämpften, wohin sie gehen mussten und was zu tun war. Vielleicht hatten sie Glück und konnten Peterson sagen: Pech gehabt.
    Endlich ließ Harper die Arme sinken, und der Pinsel fiel mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Trotzdem stand sie weiter mit geschlossenen Augen da. Er wagte einen Blick auf die Leinwand – und schrie fast auf vor Schreck und Wut und Angst.
    Sie hatte den Mörder gemalt, und es war Topper, wie er befürchtet hatte. Sie hatte auch mehr Blut dazu gemalt. Blut an den Wänden, auf dem Boden, auf der Metallplatte. Auf dem Mann – und auf der Frau.
    Auf Harper.
    Sie hatte Lanas Gesicht mit ihrem eigenen übermalt. Oh, die Frau hatte noch immer Lanas dunkelrote Haare, aber das Gesicht, so fein wie geschnitztes Elfenbein, war eindeutig Harpers.
    Ohne nachzudenken schloss er sie in die Arme und brachte sie langsam zum Bett zurück, um sie auf die Laken zu betten. Er wollte nicht, dass sie dieses Ding sehen musste. War sich nicht sicher, was es bedeutete – war sich nicht sicher, ob er es wissen wollte.
    Und er hatte schon vorher geglaubt, hilflos zu sein.
    Sie ist kein Geist, versicherte er sich. Er konnte sie anfassen, konnte die Wärme und Zartheit ihrer Haut spüren, ihren süßen Duft riechen. Sie lebt. Es geht ihr gut .
    Sie hob die Arme über den Kopf und streckte sich. Ihre Augen öffneten sich, schlossen sich wieder, sie blinzelte verschlafen. Noch einmal atmete sie tief ein und lag dann ganz reglos da. Ihr Blick fand seinen.
    „Ich habe gemalt“, sagte sie beklommen.
    Unfähig, zu antworten, nickte er nur.
    „Lass mich sehen.“
    Er hielt sie fest. In ihren Augen, die ihn nach wie vor ansahen, lag ein fragender Blick. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kamen immer noch keine Worte heraus.
    Sie erstarrte. „Ich habe es vollendet.“
    Noch ein Nicken.
    „Es ist schlimm.“
    Ein weiteres Nicken.
    „Wirklich schlimm?“
    Endlich fand er seine Stimme wieder. „Wenn du es sehen willst, sollst du es sehen, aber ich will, dass du dir vorher einige Dinge ins Gedächtnis rufst. Okay? Du bist hier. Du bist echt. Und ich bin bei dir. Ich lasse dich niemals los.“
    Der Mund stand ihr offen, sie rang nach Atem, setzte sich auf. An ihm vorbei schaute sie direkt auf die Leinwand – und fuhr mit einem Schreckenslaut zurück. „Das bin …“
    „Ja.“
    Langsam stand sie auf, ging erst einen, dann noch einen Schritt auf das Bild zu. Sie streckte einen Arm aus und fuhr mit der Fingerspitze das Blut nach, das am Bein der Frau hinunterlief. Scharlachrot befleckte es ihre zarte weiße Haut. „Ich kann …

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