Agrarwende jetzt
Prozent der Landwirte umsteigen. BSE und MKS können auch Ökohöfe betreffen. Die Spielregeln für alle müssen geändert werden. Die gesamte Landwirtschaft muss sich ökologisieren. Dann erst wird sich ökologische Vernunft nicht nur betriebswirtschaftlich für Einzelne, sondern auch volkswirtschaftlich für alle rechnen.
7. Keine Gifte mehr
Mindestens eine halbe Million Tonnen überflüssiger und hochgiftiger Pestizide bedrohen in fast allen Entwicklungsländern die Umwelt und die Gesundheit von Millionen Menschen - das berichtet die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinen Nationen (FAO) in Rom.
Es handelt sich dabei lediglich um die bekannten Altlasten der Chemieindustrie. Wir wissen nicht nur nicht, wohin mit dem Atommüll der vergangenen Jahrzehnte, wir wissen auch nicht, wohin mit dem Giftmüll der Chemiewirtschaft. Die 500 000 Tonnen liegen oft in der Nähe von Feldern und Brunnen, in Dörfern und Städten, direkt neben Häusern, Märkten, Lebensmittelläden und Kinderspielplätzen und ticken als chemische Zeitbomben.
Für 30 Milliarden Dollar verkauft die Chemieindustrie jährlich »Schädlingsbekämpfungsmittel«. Für die Beseitigung der von ihr angerichteten Schäden fühlt sie sich nicht zuständig. Wir müssen begreifen, dass »Schädlingsbekämpfung« gleichbedeutend mit Gift ist und grundsätzlich nichts verloren hat in der Landwirtschaft. Mehrere 100 000 Ökobauern auf der ganzen Welt beweisen, dass Pestizide und die meisten chemischen Kunstdünger so überflüssig sind, wie die Massentierhaltung unverantwortlich ist.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Im Mai 2001 wurde in Stockholm von 122 Staaten ein Vertrag unterzeichnet, der wenigstens zwölf der giftigsten Industriechemikalien künftig verbietet, davon acht Pestizide, sowie Dioxine und Furane. Diese Stockholmer Konvention soll sich hauptsächlich auf Entwicklungsländer positiv auswirken, denn hier passieren bisher 99 Prozent aller tödlichen Unfälle mit Agrarchemikalien. Eine Lösung für die 500 000 Tonnen Pestizidealtlasten ist freilich auch in dieser Konvention nicht vorgesehen. Sie sollen »entsorgt werden«, heißt es. Aber von wem und auf wessen Kosten, bleibt offen. Die ersten Rückholaktionen wurden wieder einmal nicht von den Firmen, die am Gift verdient hatten, finanziert, sondern aus Steuergeldern.
8. Regionalisieren statt globalisieren
Die Globalisierung der Landwirtschaft erweist sich immer offensichtlicher als Desaster. Das Abräumen aller marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik hat nicht allen Bürgern mehr Wohlstand gebracht, sondern ein dramatisch gewachsenes Gefälle zwischen Arm und Reich erzeugt. Ökonomische und ökologische Fakten haben aber die Globalisierungstheoretiker bisher nicht beeindruckt, obgleich sie eine deutliche Sprache sprechen:
• Eine Milliarde Menschen hungern trotz Überschussproduktion.
• Agrarisch strukturierte Länder sollen unbedingt die Fehler der Industrieländer während der letzten 200 Jahre nachmachen.
• Die Globalisierung führt dazu, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
• In den Industriestaaten führt die Globalisierung zu noch stärkerer Dominanz von Monokulturen.
• Weltweit stirbt die Artenvielfalt.
• Die auf Agrarkonzerne zugeschnittenen Erzeugerstrukturen in der Dritten Welt werden wahrscheinlich dazu beitragen, dass in den nächsten 20 Jahren die wirtschaftliche Existenz von einer Milliarde Kleinbauern vernichtet wird. Sie werden in den Slums von Kairo bis Kalkutta und von Mexico City bis Shanghai landen.
Es zeigt sich, dass Kredite für Kleinbetriebe, die auf lokalen und regionalen Märkten in der Dritten Welt ökologisch produzieren, am ehesten in der Lage sind, die Entwicklungskatastrophe abzuwehren.
9. Lebensmittel sind keine Autos
Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind keine Industrieprodukte. Sie sind abhängig von Wind und Wetter, von Regen und Sonne, von Klima und Geografie und zum Teil von Tieren. Und weil diese Faktoren überall auf der Welt verschieden sind, können landwirtschaftliche Produkte auch nur zu sehr unterschiedlichen Kosten und Preisen hergestellt und regional vermarktet werden. »Dieses Jahr werden die Kartoffeln teuer«, hat mir heute ein Bauer prophezeit, »im April war es so feucht, dass die ersten gesteckten Kartoffeln zum Großteil verfault sind. Wir mussten praktisch zweimal Kartoffeln stecken, hatten viel mehr Arbeit und viel mehr Kosten als sonst.« Die heutige Ökonomie verdrängt die
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