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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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himmlischen Paradies. Was von einer anderen Frau am Tisch schräg gegenüber mit einem abschätzigen Blick kommentiert wurde. Sie sah wie Uma Thurman in Pulp Fiction aus, nur in Blond, und führte einen kleinen, zu ihrer Frisur passenden Hund mit sich, der aus einer Tasche guckte. Vinzi lächelte zurück. Zuerst zu der einen, dann zu der anderen Frau. In die Freundlichkeit des Fahrkartenkontrolleurs, der jetzt an ihren Tisch kam, mischte sich allerdings ein wenig Nervosität. Auf seiner Oberlippe hatten sich massenhaft Schweißperlen gebildet. Es ist ja bekannt, dass Zugbegleiter Minderjährige, die ihre Fahrkarte auf dem Weg zur Schule zu Hause vergessen haben, gerne aus dem Zug schmeißen. Dass sie genüsslich bei jeder Fahrkartenkontrolle den Passagier taxieren, als sei er der meistgesuchte Kreditkartenbetrüger in der BRD, ach was, weltweit. Dass sie die Bahncard inspizieren, als führten sie eine Autopsie durch. Wenn einem aber der Ruf eines Fundamentalisten voraus eilt, dann werden die Herren und Damen Zugbegleiter richtig menschlich. Bahncard interessiert nicht. Fahrkarten werden irrelevant. Folge: Der Blick auf die Tickets wird nachlässig. Mit Extremlächeln. Dann kommt der gut gemeinte Vorschlag, dass es zwei Abteile weiter auch ein Behindertenabteil gäbe. Und wieder Lächeln, in seiner artifiziellsten Form. »Sogar mit Bedienung am Platz!« Als kämen Champagner und Nutten gleich mit, ein Service Ihrer Bahn AG. »Gute Reise.«
    »Ihnen auch!«, antworteten Plotek und Vinzi unisono. Folge: Erschrecken beim Zugbegleiter – bedeutet: bleich, blass, eingeschüchtert. Als sähe er sich selbst gleich in die Luft fliegen.
    Natürlich hätten Plotek und Vinzi wissen müssen, dass ein derart freundlicher Zugbegleiter etwas Hinterhältiges im Schilde führte. Freundlichkeit und Zugbegleiter schließen sich aus. Wie picklige, sächselnde Soldaten und Arthur Rimbaud. Nur waren beide eben keine geübten Bahnfahrer und deshalb völlig ahnungslos. Geradezu gutgläubig. Was sich spätestens eineinhalb Stunden später am Zielbahnhof rächen sollte.
    Bis dahin wurden aber noch einige Biere vertilgt und das Spreewälder Gericht verspeist. Köstlich. Zwischendurch saute Plotek die Toilettenkabine ein wie ein Gartensprinkler. Ob der Alkoholgehalt in seinem Körper verantwortlich war oder die ruckelnde Fahrweise des Zuges, konnte er nicht sagen. Vermutlich beides zusammen. Der Kellner hatte jedenfalls auch seine Schwierigkeiten beim Servieren der Kaltgetränke. Ob es bei ihm der ruckelnde Zug war oder die Nervosität, schien ihm unklar. Vermutlich ebenfalls beides zusammen. Er brachte auf jeden Fall erneut zwei Biere und verteilte einen Teil gleich auf der Tischdecke.
    »Entschuldigen Sie vielmals.« Brummen von Plotek. Noch verstimmteres Brummen von Vinzi. »Das geht aufs
    Haus. . .« Womit sich Vinzis und Ploteks Groll erledigt hatte – beziehungsweise auf die Frau mit den schwarzen Haaren übersprang. Den von ihr bestellten Weißwein kippte der Kellner nämlich vollständig über ihre Bluse. Die Frau schrie. Die Bluse wurde transparent. Die Brustwarzen ihrer Oberweite stachen ins Restaurantabteil wie die Finger Gottes. Vinzi musste die Augen zukneifen, um nicht blind zu werden. Der kleine Hund bellte, und Uma Thurman in Blond lächelte schadenfroh. Noch ehe sich Vinzi erkenntlich zeigen und seine Hilfe anbieten konnte, war die Schwarzhaarige aufgestanden und gegangen.
    »Was war das denn?«, wollte Plotek wissen, der nichts gesehen hatte, weil sich das Geschehen in seinem Rücken abgespielt hatte.
    Vinzi strich sich über den verwilderten Bart. »Weiß nicht. Aber auf jeden Fall ein guter Auftakt!«
    Dem sollte eine weniger gute Fortsetzung folgen.
    Am Berliner Hauptbahnhof gab es die Quittung für die Freundlichkeit der Zugbegleiter. Was gleichzeitig die für die Leichtgläubigkeit von Plotek und Vinzi war. Denn kaum hatten sie einen der modernsten Bahnhöfe Europas betreten, lagen sie auch schon auf dem Boden. Mit dem Gesicht auf den Kacheln. Genauer: Plotek lag, und auf Vinzi im Rollstuhl hatte sich jemand draufgesetzt. Beides waren Männer und gehörten offenbar zu einer Spezialeinheit der Berliner Polizei. Also keine Uniformen, dafür ein Körper wie ein Panzer. Mit Knarren in der Hand. Und Handschellen, die sich jetzt um die Gelenke von Plotek und Vinzi krallten. Unter den hämischen Blicken der Zugbegleiter und der Mitreisenden, wobei sich vor allem die sächsische
    Soldateska hervortat, wurden die beiden

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