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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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diskutierbar, nicht streitbar. Einfach nicht. Nichts. Nicht einmal mehr vögelbar.«
    »Von Hanne schon«, sagte Plotek, leise, kaum zu verstehen. Er hätte es lieber nicht gesagt. So wie er meistens lieber nichts sagte. Aber irgendwie war es ihm herausgerutscht.
    Achtlos, unbeabsichtigt, wie ein hinterhältiger Rülpser. Der trotz Entschuldigungen und Schamesröte nicht mehr rückgängig zu machen war. Normalerweise sagte Plotek nie etwas. Schon gar nicht in so einem Streit. Überhaupt nie in einem Streit. Agnes sagte dagegen umso mehr, so dass es Plotek vorkam, als hätte er ein Verhältnis mit seinem Fernseher. Agnes zerlegte Plotek regelmäßig mit Worten, mit einer Zunge wie ein Fleischermesser, ein Hackebeil. Dann faschiert, paniert und zu mundgerechten Häppchen gebraten. Um diese dann genüsslich zu verspeisen.
    Wie jetzt. Dieselbe alte Leier. Vorwürfe, Anschuldigungen, soll heißen: Eifersucht. Ein Wort ergab das nächste, und alle zusammen drängten Plotek in die Ecke. Als wäre er nicht vierzig, sondern vier und hätte die Hosen gestrichen voll.
    »Was, was hast du da gesagt?!« Mehr Vorwurf als Frage. »Willst du mich verarschen oder was?!« Mehr Drohung als Feststellung. »Sag endlich was, verdammt nochmal!«, brüllte Agnes. Das hörte sich jetzt ein bisschen an wie in den nachmittäglichen Talkshows, wo die Alte mit Speichel vor dem Mund dem Alten den Marsch bläst. »Mach endlich dein Maul auf!«
    Machte Plotek dann auch. Nicht weit, aber immerhin, und er sagte »Ja«. Was eher wie »Nein« klang. Was auch Agnes zu irritieren schien.
    »Was, ja?«
    »Ich habe dich betrogen«, sagte Plotek, wie wenn man sagt: »Ich hab Schweißfüße.«
    Obwohl er es selbst gar nicht als Betrug hätte bezeichnen wollen. Denn was ist schon Betrug? Beschiss mit Absicht! Also: Abwrackprämie, Agenda 2010, Wirtschaftsstandort,
    Bad Banks, Tour de France, FDP, EU, Politik, Globalisierung, Kapitalismus und alles.
    Aber ein kleines erotisches Abenteuer mit seiner ehemaligen Schulkameradin Hanne Engel auf der Schwäbischen Alb nach der Beerdigung seines Vater doch nicht! Oder? Sex in freier Natur hätte man auch dazu sagen können. Das ist vielleicht Beschiss, aber ohne Absicht. Nicht gewollt, einfach passiert. Und höchstens in der unbedeutenden Kategorie Kleiner Seitensprung zu verbuchen; natürlich ohne Wissen und Erlaubnis von Agnes. Das schon. Mittlerweile auch mit ihrem Wissen. Aber rückwirkend noch immer keine Erlaubnis.
    »Was?« Jetzt stand Agnes plötzlich mit dem Rücken zur Wand. Als wäre sie vier und ohne Hose, nackt und unter sich einen dampfenden Kackhaufen. Nicht nur unter sich, auch einen ihr gegenüber. Zumindest kam er Agnes jetzt so vor. Das Nichts vis-à-vis von ihr wurde zu einem stinkenden Fäkaliensprinkler. Folge: Zorn. Immer stärker anschwellend. Am Ende war Agnes so zornig, dass sie sich völlig vergaß. Alles vergaß. Abendland, Aufklärung, Kant, These, Antithese, Sprache, Konventionen, Moral, Disziplin. Sie warf alles über den Haufen, und dann knallten ihr, von einem auf den anderen Moment, dermaßen die Sicherungen durch, dass Plotek glaubte, ein kleines Rauchwölkchen über ihrem wutschnaubenden Schädel zu erkennen. Soll heißen: Die 55-jährige Hörfunkredakteurin des Bayerischen Rundfunks, Dr. Agnes Behrendt, wurde zum Tier. Der Mensch zur Bestie. Als solche sprang sie Plotek jetzt an den Hals. Sie schlug mit ihren Handflächen wie mit Topflappen auf Ploteks Wangen ein, dass es klatschte wie beim Schlussapplaus im Theater. Dann wurden die Handflächen zu Fäusten und die Wangen zum Bauch. Agnes prügelte auf Plotek ein, als stünde da nicht ihr Freund, sondern ein pädophiler Mehrfachvergewaltiger, gerade inflagranti im Englischen Garten bei Regen erwischt.
    Natürlich hätte er Zurückschlagen können. Körperlich. Mit Muskeln, Kraft und allem hätte er Agnes zweifellos Paroli bitten können. Aber keine Chance. Kaum eine Schlacht wird mit den Fäusten geschlagen, geschweige denn gewonnen, sondern mit dem Kopf. Plotek war noch nie ein großer Schläger. Plotek war schon als Kind ein Hosenscheißer. Ein Feigling. Einer, der lieber weglief, als sich der Konfrontation zu stellen. Nicht dass er Gewalt grundsätzlich ablehnte. Das nicht. Wäre Agnes vielleicht nicht Agnes, sondern ein Mann, dazu noch ein großes Arschloch – etwa der Chefredakteur einer der größten deutschen Boulevardzeitungen – , dann hätte er vielleicht schon mal, aus einer sicheren Deckung heraus, zugelangt. Aber

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