Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
dabei zu, wie seine Hände über die Karten flogen und geschickt mit Zirkel und Lineal hantierten. Durch sein Können stieg meine Achtung vor der Arbeit eines Navigators, die mich bis dahin nicht sonderlich interessiert hatte. Das war für mich nicht Fliegen. Ich wollte ein Schiff führen, nicht seine Bewegungen auf einem Stück Papier festhalten. Doch bei der Arbeit mit Mr Domville wurde mir letztendlich klar, dass es nur dann ein Ziel gab, wenn der Navigator den Kurs bestimmt und aufgezeichnet hatte.
    Er tat mir Leid, weil er an Bord der Treibgut arbeiten musste. Sie war eigentlich nur noch das Wrack eines Frachtschiffs mit Transporten über Europa und Asien. Ich fragte mich, warum sich Mr Domville nicht eine bessere Stelle gesucht hatte. Zum Glück musste ich es nur noch fünf Tage aushalten.
    Alle Studenten der Luftschiffakademie mussten nach dem ersten Jahr ein zweiwöchiges Navigationspraktikum machen. Einige fuhren auf Luxuslinern, einige mit Postschiffen, andere auf Lastschiffen und Schleppern. Ich hatte das Pech, auf die Treibgut beordert zu werden. Sie sah aus, als wäre sie seit der Sintflut nicht mehr überholt worden, und roch wie Noahs alte Arche. Die Mannschaftsquartiere waren kaum mehr als Hängematten, die entlang dem Kielsteg aufgehängt waren, wo einem der Schlaf vom Gestank nach Öl und Arubatreibstoff vergällt wurde. Der Rumpf des Schiffs sah aus, als wäre er schon mit allem Möglichen und Unmöglichen geflickt worden, einschließlich abgelegter Hosen. Die Motoren rasselten. Das Essen spottete einfach jeder Beschreibung. Was der Koch von seinem rostigen Schöpflöffel auf den Teller schwappen ließ, sah aus wie schon einmal gekaut und wieder ausgespuckt.
    »Betrachten Sie das einfach als eine den Charakter stärkende Erfahrung«, hatte Mr Domville mir bei der ersten Mahlzeit gesagt.
    Warum die erhabene Akademie die Treibgut als ein Ausbildungsschiff nutzte, konnte ich nicht einmal vermuten, es sei denn, sie wollte ihren Studenten das Meutern beibringen. Kapitän Tritus, da war ich mir sicher, war froh über den Betrag, den die Akademie ihm zahlte, damit er mich an Bord nahm. Für so einen Schrotthaufen wie die Treibgut konnte diese Summe genau den Unterschied ausmachen, ob sie genug Treibstoff hatte oder nicht. Ich sehnte mich nach der Aurora , dem Luftkreuzer, auf dem ich gefahren war, bevor ich angefangen hatte, an der Akademie zu studieren. Das war ein Schiff! Und Kapitän Walken wusste es zu führen und für seine Mannschaft zu sorgen.
    Ich blickte wieder aus dem Fenster und wünschte, ich hätte, es nicht getan. Wir flogen in Richtung Südflanke des Sturms, doch nun schien es, als würde er sich mit uns bewegen und seine dunklen Fangarme nach uns ausstrecken.
    Ich sah zu Kapitän Tritus und wartete darauf, dass er unseren Kurs änderte. Er sagte nichts.
    »Sind Sie schon einmal durch die Faust geflogen?«, fragte ich Mr Domville flüsternd.
    Er streckte einen Finger hoch. »Wir hatten großes Glück.« Er hustete und schien nicht mehr aufhören zu können, daher zog ich den Korken aus der Feldflasche, die am Kartentisch hing, und goss ihm eine Tasse Wasser ein. Er sah überhaupt nicht gut aus.
    »Danke schön.«
    In der Führergondel war es auf einmal dunkel, als die Wolken uns verschluckten. Mr Curtis schaltete die Innenbeleuchtung an, die kaum mehr Licht gab als nötig, um die Instrumente und Anzeigen zu beleuchten, und die Gesichter der Besatzung wie Totenköpfe aussehen ließ.
    »Volle Kraft voraus!«, befahl Kapitän Tritus. »Wir sind in Kürze durchgestoßen. Halten Sie das Schiff auf Kurs, Mr Beatty«, sagte er dem Steuermann.
    Das war eine kaum zu lösende Aufgabe. Von allen Seiten drosch der Wind auf uns ein. In der Führergondel wurde es noch dunkler. Regen prasselte gegen die Fenster. Irgendjemand schaltete die Wischer ein, die aber nur das Wasser auf den Scheiben in Schlieren verteilten. Die Lampe über dem Kartentisch schwang wie verrückt hin und her.
    »Geschwindigkeit?«, bellte der Kapitän.
    »Dreiundvierzig Luftknoten, Sir«, antwortete Mr Curtis.
    »Bei Maschinen mit voller Kraft müssten wir schneller sein.«
    »Nicht bei diesem Gegenwind, Sir.«
    Wir waren eingeschlossen von den bedrohlichsten Wolken, die ich jemals gesehen hatte, grau und schwarz, wie kochend. Sie sahen so kompakt aus, dass es wie ein Wunder erschien, dass wir noch nicht an ihnen zerschellt waren.
    Ohne Vorwarnung sackte die Treibgut ab und ich hätte fast den Bodenkontakt verloren. Schnell packte

Weitere Kostenlose Bücher