Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und der falsche Mann

Al Wheeler und der falsche Mann

Titel: Al Wheeler und der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
immer
noch zu dem Porträt hoch. »Wissen Sie was? Ich bin seit zehn Jahren
verheiratet, aber wenn ich vor meiner Alten so erschiene, würde sie schreien.«
    »Vor Entzücken, falls Sie
genauso gebaut wären, Ed«, tröstete ich ihn.
    »Al hat eine dreckige
Fantasie«, meinte Murphy. »Die hilft ihm bei seiner Art von Arbeit. Ich habe übrigens,
bevor ich das Büro verließ, den Fleischerwagen herbestellt. Sie müßten jeden
Moment hier sein.« Er kratzte sich nachdenklich an der Nase. »Ich werde die
Autopsie morgen früh vornehmen.«
    »In Ordnung«, sagte ich.
    »Und ich werde mich um die
Fotos und die Fingerabdrücke kümmern«, versprach Ed.
    Sie machten sich freudlos auf
ihren Weg.
    Der Leichenwagen kam und nahm
die sterblichen Überreste von Nigel Barrett mit.
    Ich kehrte ins Schlafzimmer
zurück. Alle Sachen in den Schubladen waren sauber zusammengefaltet, die Hemden
tadellos gebügelt. Ob er das, was er getragen, weggelegt hatte, war nicht
festzustellen. Der Wandschrank war voll teurer Klamotten. Ich durchstöberte
systematisch sämtliche Taschen. Ein gestreifter Blazer lieferte mir seine
Brieftasche. Ich suchte weiter, fand aber sonst nichts von Bedeutung. So nahm
ich die Brieftasche mit ins Wohnzimmer und entleerte den Inhalt auf den Tisch.
    Der übliche Personalausweis,
ein kleiner Stoß Kreditkarten und sein Führerschein. Ungefähr hundert Dollar in
bar, ein Foto und die Mitgliedskarte von einem Klub.
    Das Foto zeigte einen blonden
jungen Mann, der an einem Strand stand, eine Miniatur-Badehose trug und
sehnsüchtig aufs Meer hinausblickte.
    Die Karte bestätigte, daß Nigel
Barrett ein voll integriertes Mitglied des > Fairy Tails Club< — des >Schwulen-Schwanz-Klubs< — war,
der sich in der Fourth Street befand. Die Hausnummer
verwies ihn in einen heruntergekommenen Wohnblock, in dem nichts sehr lange
Bestand hatte — ob es nun ein Stripklub war oder ein exotischer
Lebensmittelladen.
    Ich ließ alles wieder in seiner
Brieftasche verschwinden und steckte diese dann in meine Hüfttasche. Dabei fiel
mir ein, daß ich keine Hausschlüssel gefunden hatte.
    Schließlich war es Zeit für einen
kleinen Abschieds-Scotch, mit dem ich dem Porträt an der Wand zuprostete.
    »Auf dein Wohl, mein Junge!«
sagte ich und war sicher, daß zu seinen Lebzeiten ganze Heerscharen ihm
zugeprostet hatten.

2
     
    1-3-0-1, Pine Street war ein dreigeschossiges Haus ohne Fahrstuhl.
    Ich drückte unter dem Namen
Lewis auf den Klingelknopf, und es schnarrte wenige Sekunden später zurück.
Rasch stieß ich die Tür auf und stieg die Treppe bis zur obersten Etage hoch.
Ein Kerl erwartete mich. Er stand in der geöffneten Tür seiner Wohnung. Etwa
ein Meter achtundachtzig groß und wie ein Schrank gebaut. Sein schwarzes Haar
hatte sich vorzeitig gelichtet, und zum Ausgleich hatte er sich lange,
sorgfältig gestutzte Koteletten zugelegt. Seine Augen hatten einen
schiefergrauen Farbton, und seine Nase sah so aus, als hätte man sie ihm mal
gebrochen und schlecht wieder zusammengeflickt. Er trug ein weißes ärmelloses
Sport-T-Shirt, das die Muskelstränge seiner bloßen Arme zur Schau stellte, und lohfarbene Hosen. Falls es Schwule in allen Größen gab,
hoffte ich, daß er zu den größten gehörte.
    »Ich bin Peter Lewis«, sagte er
in einem kultivierten Bariton. »Und Sie sind Lieutenant Wheeler, stimmt’s?«
    »Okay«, sagte ich. »Und jetzt
verraten Sie mir etwas über meine Zukunft — ob ich jemals zum Captain
aufsteige, und wenn ja, wann?«
    Er grinste. »Wir Hellseher
ermüden leicht, Lieutenant.«
    »Die überaus tapfere Madeline Carmody hat Ihnen alles erzählt?«
    »Sie ist noch hier«, sagte er.
    »Wie überaus tapfer«, murmelte
ich.
    »Kommen Sie herein!« bat Lewis.
    Ich folgte ihm durch die Diele
ins Wohnzimmer. Madeline Carmody blickte mir aus dem
Sessel, in dem sie saß, trotzig-herausfordernd entgegen.
    Die Möbel waren
kitschig-gemütlich, und die Wände mit Drucken gespickt, die nach Picasso
aussahen.
    »Möchten Sie Kaffee,
Lieutenant?« fragte Lewis.
    »Nein, danke«, erwiderte ich.
»Miß Carmody hat Ihnen offensichtlich erzählt, was
passiert ist.«
    »Ich fand, Peter sollte es
wissen«, sagte sie rasch. »Ich meine, Nigel war ein guter Freund von ihm
und...«
    »Nicht so gut«, unterbrach er
sie. »Ich habe ihn gekannt, das ist alles.«
    Einen Moment lang war ein
finsteres Glitzern in den Augen der Brünetten, das aber gleich wieder
verschwunden war.
    »Sie haben gehört, wie man ihn
umgebracht hat?«

Weitere Kostenlose Bücher