Alarm auf Burg Schreckenstein
flüsterte Stephan erleichtert und folgte auf der anderen Seite seinem Beispiel. Wie in einem Lattenverschlag lagen sie nebeneinander auf dem nassen Betonboden, über sich die Rohrleitungen und Becken. Die Seitenwände verstärkten den unangenehmen Duft aus dem immer noch offenen Abflußrohr. Doch das war jetzt nicht ihre Hauptsorge. Draußen klappte die Tür, Schritte wurden hör- und Beine sichtbar, zwischen den Latten Beine, Beine, Beine, als handle es sich um eine Schulversammlung.
„Was ist denn hier los?“ fragte eine Stimme. „Seit wann werden die Roste hochgeklappt?“
Mit zusammengebissenen Zähnen hielten die beiden Ritter die Roste fest, bis eine andere Stimme sagte: „Laß die bloß! Sicher ist das eine neue Schikane von der Horn, und wenn wir sie runterklappen, merkt sie, daß wir als letzte hier waren.“
Das war einwandfrei Beatrix’ Stimme. Stephan und Ottokar sahen einander an und wollten schon aufatmen, da wurde genau in dem Becken, unter dem Stephan lag und das Bogenstück noch nicht wieder eingesetzt hatte, ein Wasserhahn aufgedreht. Geistesgegenwärtig, damit es nicht auf den Boden platsche, hielt Ottokar die Hand unter den offenen Stutzen und ließ das Wasser leise an seinem Arm hinunter in den Bodengully laufen. Es spritzte trotzdem genug. Beide verzogen die Gesichter, als sich das Wasser weißlich verfärbte.
„Was putzt du dir denn jetzt die Zähne?“ fragte jemand.
„Ach, Mensch, ganz in Gedanken“, antwortete die Putzerin und machte seelenruhig weiter.
Das mußte durchgestanden werden. Die Mädchen kicherten, redeten und klapperten mit den Zahnputzgläsern und Seifenschale. Offenbar packten sie ihre Waschsachen zusammen.
„Jetzt wissen wir immer noch nicht, wo wir hinfahren!“ sagte eine.
„Erst mal weg hier. Dann sehen wir weiter. Jedenfalls nicht zu den idiotischen Rittern.“ Das war eindeutig Ingrids Stimme.
„Nicht vor morgen“, antwortete Beatrix. Endlich wurde der Wasserhahn abgedreht, der feuchte Spuk verschwand, wie er gekommen war.
„Puh! Wenigstens war das Wasser kalt.“ Ottokar schüttelte seinen nassen Ärmel aus. „Eigentlich hätten wir uns vor denen gar nicht zu verstecken brauchen.“
„Die hätten uns schön ausgelacht!“ Stephan klappte den Rost herunter. „Und wer konnte denn wissen, wer da kommt?“ Endlich griff die Schraube, er verschloß das Rohr mit dem schlechten Duft.
Mücke kam herein, sah den zweiten noch immer hochgeklappten Rost und begriff sofort. „Aha. Ihr habt Viehtransport gespielt. Nicht schlecht! Was war denn los?“ Ottokar berichtete, daß sich Mücke vor Lachen auf die Schenkel schlug: „Das gibt eine Story für die Schulchronik im ,Wappenschild*! Ich konnte mich ja gerade noch in einen Wäschekorb retten, unter einen Berg alter Handtücher. Nicht unbedingt Höhenluft, dafür aber schön warm.“
„Dann geh mal wieder auf deinen Posten. Wir haben hier noch ‘ne Menge zu tun.“
Stephan und Ottokar arbeiteten jetzt mit verteilten Rollen: der eine die obere Hälfte, der andere die untere. Das ganze im Schein zweier Taschenlampen. Jeden Siphon schraubten sie heraus, was die Luft im Raum nicht gerade verbesserte. Aber sie fanden auch mancherlei, vom Nagelreiniger über Kugelschreiber, Knöpfe, Pfennige und Goldkettchen bis zum Ohrklips und schließlich, in dem Becken dem ersten genau gegenüber, den gesuchten Gegenstand.
„Schau mal, Ottokar!“ Stephan hielt das Armband mit den Steinen hoch. „Jetzt ist Bea aus dem Schneider.“
In diesem Augenblick klappte wieder die Tür.
„Die Horn, schnell!“ zischte Mücke herein und verschwand. Gelassen zogen Stephan und Ottokar die Roste hoch, da kam sie auch schon hereingetappt, unverkennbar auf ihren „aufgepumpten Beinen“ wie die Ritter zu sagen pflegten. Die Situation glich der ersten: Der Rohrbogen, von dem Becken, wo er das Armband gefunden hatte, war noch nicht wieder aufgeschraubt, es muffelte, und genau an dieses Becken trat die Horn. Stephan konnte durch den Abflußstutzen ihre Habichtnase sehen und hielt zur Sicherheit die Hand davor, genau im richtigen Augenblick, wie sich herausstellte, denn sie drehte das Wasser auf, das er leise an seinem Arm hinunterleitete. Verdammt! Stephan biß die Zähne zusammen, das Wasser wurde heißer und heißer. Endlich — es war kaum noch auszuhalten — drehte sie den Hahn wieder zu. Stephan wollte gerade aufatmen, da pikste ihn ein scharfer Gegenstand in die Hand, und wurde energisch hin und her, rauf und runter bewegt.
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