Alarm im Raubtierhaus
und tiefer fuhren sie in den menschenleeren Park hinein. Sie
hatten immer noch nichts Außergewöhnliches gesehen. Der Jeep schlich im Schneckentempo
den Weg entlang, und gerade als Karl ein weiteres Mal seine Brille putzte, trat
Niebert unvermittelt auf die Bremse. Der Wagen hielt ruckartig, und Gaby hatte
das Gefühl, dass sich ihr Pulsschlag in diesem Augenblick noch einmal
verdoppelt hatte.
»Da !« ,
flüsterte Niebert und zeigte auf ein dichtes Gebüsch, keine fünf Meter von
ihnen entfernt. »Da drinnen hat sich etwas bewegt !«
Karl setzte seine Brille auf und
fixierte das Dickicht. Er konnte keine Bewegung erkennen, trotzdem richtete er
die Kamera auf das Grün vor ihm. Niebert griff zu seinem Betäubungsgewehr, gab
Gaby und Karl ein Zeichen, im Auto zu bleiben, öffnete vorsichtig die Autotür
und stieg leise aus. Langsam näherte er sich dem Gebüsch. Karl kurbelte sein Fenster
nach oben. Er hatte das Gefühl, als rutschte ihm sein Herz gleich in die Hose.
Gaby stand der Schweiß auf der Stirn.
Da! Im Gebüsch regte sich etwas!
Niebert blieb stehen und richtete das Betäubungsgewehr auf den Busch, der immer
heftiger raschelte. Langsam schälte sich etwas aus dem dichten Grün! Gaby und
Karl hielten die Luft an.
Tim stopfte seinen Schlafsack in seinen
Rucksack. Er und Klößchen hatten beschlossen, frühzeitig den Bauernhof zu
verlassen, obwohl das Fest noch gar nicht begonnen hatte. Sie wollten so
schnell wie möglich in die Stadt zurück, um auf keinen Fall die Aufregung dort
zu verpassen.
Dirk bot den beiden Freunden an, sie
mit dem Bus zum Bahnhof zu bringen. Gerade bog der Transportbus in den Hof. Ein
paar Hühner flogen aufgeregt auf. Tim und Klößchen schulterten ihre Rucksäcke
und gingen gemeinsam mit Dirk auf den Bus zu. Klößchen schaute sehnsüchtig hinüber
zu dem riesigen Gluthaufen, der mitten im Hof glomm. Links und rechts neben der
Glut steckten zwei Astgabeln im Boden, auf denen ein dicker Spieß lag. Darauf
wiederum steckte ein Wildschwein. Langsam drehte Joachim den Spieß und der Duft
des gebratenen Fleisches stieg direkt in Klößchens Nase.
»Schade drum !« ,
seufzte er und griff einen Schokoriegel aus seinem Rucksack.
»Sie werden es auch ohne dich
schaffen«, tröstete ihn Tim und klopfte ihm auf die Schulter.
»Genau das befürchte ich auch .« Klößchen biss wehmütig in den
Schokoriegel.
Eine Frau in einem langen bunten
Wickelrock stieg aus dem Transportbus, öffnete die Heckklappe und begann, ein
paar Plakatständer auszuladen, auf denen groß zu lesen stand: SCHLUSS MIT
MASSENTIERHALTUNG! AKTION FÜR DIE RECHTE VON TIEREN.
»In der Stadt herrscht Ausnahmezustand!
Tut mir leid, dass ich euch gestern nicht wie geplant vom Bahnhof abholen
konnte, aber ich bin sozusagen aufgehalten worden und musste länger bleiben«.
Sie drehte sich zu Dirk: »Ich erzähl’s dir später !«
Tim und Klößchen verabschiedeten sich
von Joachim und den anderen Hofbewohnern und kletterten in den Bus. Dirk setzte
sich ans Steuer und startete den Motor. Sie verließen den Bauernhof und fuhren
eine kleine Straße neben den Bahngleisen entlang.
»Was waren das für Plakatständer ?« , wollte Tim wissen und beugte sich zu Dirk nach vorne.
»Wir betreiben eine Aktion gegen
Massentierhaltung. Regelmäßig betreuen wir einen Informationsstand in der
Fußgängerzone, um auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen. Wir wollen die
Leute wachrütteln und bewirken, dass sich die Situation der Tiere verbessert.
Auch Tiere haben Rechte !«
Dirk hatte sich beim Fahren eine
Zigarette gedreht und steckte sie sich an.
»Und die Tiere im Zoo ?« ,
bohrte Klößchen nach, als er verstanden hatte, worauf Tim hinaus wollte.
Dirk blies Rauch aus dem geöffneten
Fenster: »Auch die haben Rechte. Die meisten Wildtiere werden in Zoos nicht
artgerecht gehalten. Ist ja auch gar nicht möglich! So manches Raubtier hat in
der Natur ein Territorium, das weit größer ist als die Fläche der gesamten
Stadt! In Gefangenschaft können sie gar nicht artgerecht gehalten werden .«
Tim nickte. »Was halten Sie dann von
der Freilassung der Zootiere ?«
Dirk lachte kurz auf und kratzte sich
seinen Vollbart: »Nicht viel !«
Leider erreichten sie gerade jetzt den
kleinen Bahnhof und Tim konnte Dirk nicht weiter befragen. Er und Klößchen
schulterten ihre Rucksäcke und bedankten sich bei Dirk für seine
Gastfreundschaft.
»Kein Problem, ihr seid jederzeit
willkommen !«
Dirk begleitete die beiden zum
Schalter,
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