Alcatraz und die dunkle Bibliothek
sich um. Ich warf mich auf die Linsen von Rashid – aber ich nahm sie mir nicht. Ich packte eine Linse, die direkt daneben lag.
Die Feuerspenderlinse.
Blackburn hob den Fuß und ließ ihn mit Wucht auf meinen Arm niedergehen. Ich schrie auf, ließ die Linse fallen und wurde sofort von zwei Bibliothekarssoldaten gepackt. Sie rissen mich hoch, stellten mich auf die Füße, zerrten mich zurück und hielten mich an den Armen fest.
Blackburn schüttelte nur den Kopf. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie es einem der Bibliothekare endlich gelang, Bastille zu Boden zu reißen. Sie wehrte sich erbittert, aber drei weitere sprangen hinzu und halfen ihrem Gegner, sie unten zu halten.
»Sieh mal einer an«, sagte Blackburn langsam. »Hier seid ihr also, alle zusammen, und schon wieder in meiner Gewalt.« Er sah sich nach Grandpa Smedry um, aber es war offensichtlich, dass der alte Mann keine Gefahr mehr für ihn darstellte. Er war benommen, sein Bein blutete, und in seinem Gesicht tauchten diverse Prellungen auf, die er wohl seit der Folterung zurückgehalten hatte, die jetzt aber sein ganzes Gesicht anschwellen ließen.
Blackburn bückte sich und hob die Feuerspenderlinse auf.
»Eine Feuerspenderlinse«, stellte er das Offensichtliche fest. »Du hättest dir doch denken können, Junge, dass du gar nicht erst versuchen solltest, so etwas gegen mich einzusetzen. Meine Kräfte übersteigen deine bei weitem.«
Er drehte die Linse hin und her, um sie von allen Seiten zu begutachten. »Aber ich freue mich darüber, dass du mir eine mitgebracht hast. So eine hat mir noch gefehlt in meiner Sammlung – sie sind extrem selten.« Dann bückte er sich nach den Linsen von Rashid. »Und natürlich diese hier. Das sind wahrscheinlich die mächtigsten Linsen, die je gefertigt wurden. Hat dein Sohn nicht sein gesamtes Leben damit verbracht, den Sand zu sammeln, um sie irgendwann schmieden zu können, alter Mann?«
Grandpa Smedry antwortete nicht.
»Welch eine Verschwendung.« Blackburn schüttelte wieder den Kopf, dann hob er die Feuerspenderlinse ans Auge. »So, und jetzt werden wir das Ganze noch einmal von Neuem angehen. Und diesmal wirst du meine Fragen beantworten, alter Mann. Du wirst mir die Geheimnisse deines Ordens verraten, und du wirst mir dabei helfen, den Rest der Freien Königreiche zu erobern.« Er lächelte. »Und falls du dich weigern solltest, werde ich deine Freunde töten, einen nach dem anderen.« Er sah sich suchend um. Meine Begleiter standen inzwischen alle wieder auf den Füßen, jeder von ihnen in der Gewalt einiger Schlägerbibliothekare. Bastille war die Einzige, die noch gegen sie ankämpfte – Sing und Quentin sahen so aus, als wären sie durch einige derbe Schläge in den Magen dazu gebracht worden, sich still zu verhalten.
»Nein«, überlegte Blackburn weiter. »Keinen von den Smedrys. Ihre verdammten Talente haben zu viel Schutzkraft. Fangen wir besser mit dem Mädchen an.« Er lächelte wieder und konzentrierte den Blick aus seinem einzelnen Auge auf Bastille.
»Nein!«, rief Grandpa Smedry. »Stell mir deine Fragen, du Monster!«
»Noch nicht, Smedry«, wehrte Blackburn ab. »Erst muss ich einen von ihnen töten, das wirst du doch verstehen. Damit du auch wirklich begreifst, wie ernst ich es meine.«
Die Feuerspenderlinse begann zu glühen.
»Nein!«, schrie Grandpa Smedry verzweifelt.
Die Feuerspenderlinse schoss …
… direkt in Blackburns Auge.
Ich nutzte den Augenblick der Verwirrung, riss mich mit einer heftigen Bewegung los, hob die Hände und schloss sie um die Arme meiner Bewacher. Dann ließ ich mein Talent durch die Hände strömen und spürte, wie unter meinen Fingern Knochen knackten. Die beiden Bibliothekare schrien auf, taumelten zurück und hielten sich die gebrochenen Glieder. Blackburn war auf die Knie gefallen, die Feuerspenderlinse war aus seinem Auge gerutscht und hatte nichts als eine rauchende Augenhöhle zurückgelassen. Er schrie vor Schmerzen.
Ich trat an den nun machtlosen Dunklen Okulator heran und sagte: »Auch wenn ich mir die Feuerspenderlinse geschnappt habe, Blackburn – ich wollte sie nie gegen dich einsetzen. Ich musste sie nur einen Moment lang berühren, das hat schon ausgereicht, um sie kaputt zu machen. Sie schießt jetzt übrigens rückwärts.«
KAPITEL NEUNZEHN
Ich möchte mich hiermit für das letzte Kapitel entschuldigen. Das war viel zu tiefschürfend und ernst. Wenn es so weitergeht, dauert es nicht mehr lange, bis in diesem
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