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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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entfernt auf dem Klo gesessen. Das arme Mädchen hat überhaupt nicht begriffen, wieso seine Mutter so aufgeregt war, bloß weil es zum ersten Mal in seinem Leben allein zur Toilette gegangen war.«
    »Wir haben gedacht, du solltest es vielleicht wissen, wenn ein Kind verschwindet«, versetzte Sarah patzig. »Du würdest es vielleicht wichtig finden, haben wir gedacht.«
    »Okay, dann schießt los«, seufzte ich ergeben. »Woher wisst ihr von dieser … Entführung?«
    »Von Silke«, gestand Louise. »Und wir wissen eigentlich auch gar nicht, ob es wirklich eine Entführung ist. Wir wissen nur, dass ein Kind verschwunden ist.«
    »Silke jobbt nämlich manchmal als Hundesitterin.« Sarah klang immer noch verstimmt. »Bei einer Kollegin von ihrer Mutter. Sie wohnt in Handschuhsheim draußen.«
    »Und jetzt ist das Kind dieser Kollegin verschwunden?«
    »Nein.« Sie schüttelten absolut synchron die Köpfe. »Das Kind von einer Nachbarin von der Kollegin.«
    »Es ist ein Junge. Er heißt Tim.«
    Ich blickte auf die Uhr. Eigentlich hatte ich vorgehabt, noch eine Runde mit dem Rad zu drehen, bevor es dunkel wurde. Das würde meinen Nerven guttun, und nicht nur denen. Aber daraus würde heute wohl nichts mehr werden.
    »Und wieso wenden sich die Eltern nicht einfach an die Polizei? Wäre das nicht das Nächstliegende?«
    »Genau.« Sarah nickte eifrig. »Das ist ja das Komische dabei.«
    Ich zog die Zeitung wieder heran, drückte den Knopf meines Kugelschreibers und notierte den Namen: Tim.
    »Nachname?«
    »Jörgensen. Tim Jörgensen.«
    »Was wisst ihr sonst über die Familie?«
    »Ein ziemlich großes Haus haben sie«, sagte Louise langsam. »Und einen großen Garten.«
    »Also, ich glaube, die Eltern werden erpresst«, spekulierte Sarah mit fachmännischer Miene. »Und die Erpresser haben ihnen natürlich verboten, mit der Polizei zu reden.«
    Louise nickte. »Das machen die ja immer so.«
    Um ein Haar hätte ich erwidert, sie sähen zu viel fern. Aber das stimmte ja seit Neuestem nicht mehr. Seit der PC im Haus war, blieb der Fernseher kalt.
    »Und wie heißt diese Nachbarin mit Hund? Vielleicht rede ich lieber erst mal mit der, bevor ich mich bei Tims Eltern mit dummen Fragen blamiere.«
     
    Sven Balke sprach bei der Fallbesprechung am Mittwochmorgen in seiner norddeutsch kühlen Art aus, was ich bisher nur gedacht hatte.
    »Sie haben doch bestimmt gestern Abend auch den Fernsehauftritt der Eltern verfolgt, oder?«, begann er, als alle saßen.
    »Um ehrlich zu sein«, seufzte ich, »ich fange an, die Leute zu hassen.«
    »Ich finde es zum Kotzen, was die für eine Show abziehen. Die geilen sich ja regelrecht auf an ihrem Unglück!«
    »Mir ist das alles zu glatt«, meinte Vangelis mit düsterer Miene. »Viel zu perfekt. Jedes Wort, das ich bisher von denen gehört habe, klang nach Hollywood. Man könnte auf den Gedanken kommen, sie nutzen das Verschwinden ihres Kindes aus, um Werbung für ihre Firma zu machen.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte ich.
    »Überlegen Sie mal, Herr Gerlach.« Vangelis beugte sich vor und sah mir aufmerksam ins Gesicht. »Wenn Sie in der Situation der Eltern wären. Wenn eine Ihrer Töchter entführt würde, würden Sie dann auch alles, was Sie besitzen, als Belohnung aussetzen?«
    »Vermutlich ja. Aber ich lege keinen Wert darauf, es herauszufinden.«
    »Ich verstehe, worauf du hinauswillst, Klara.« Balkes Augen wurden schmal. »Wovon wollen die zwei ihren wiedergefundenen Knirps eigentlich ernähren, wenn sie alles hergeben, was sie besitzen?«
    Vangelis nickte. »Mir fallen mehrere denkbare Erklärungen für das Verhalten der Sanders ein. Entweder sie sind jetzt völlig durchgedreht …«
    »Was man verstehen könnte.«
    »Oder sie sind reicher, als uns bekannt ist …«
    »Was kein Verbrechen wäre.«
    Balke führte ihre Überlegungen zu Ende: »Oder sie sind absolut sicher, dass sie nicht in die Verlegenheit kommen werden, die Belohnung auszuzahlen.«
    Und damit war es heraus.
    »Ein schwerwiegender Verdacht«, gab ich zu bedenken.
    »Unsere Fernsehstars wären nicht die Ersten, die die Entführung ihres Kindes vortäuschen, um etwas Schlimmeres zu vertuschen.«
    »Wir haben nicht einen Hinweis gefunden, der in diese Richtung deutet.« Ich nahm die Brille ab und legte sie vor mich auf den Schreibtisch. »Die Geschichte, die die Eltern erzählen, ist schlüssig. Es gibt Zeugen, die den Jungen am fraglichen Nachmittag auf der Straße gesehen haben.«
    Vangelis wiegte den Kopf.

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